Zwielicht in Cordoba
waren mürrisch und sichtbar nervös, und schließlich rückte einer damit heraus, daß sie mich sowieso gerade vom Camillus-Gut hatten holen wollen. Jemand hatte eine Botschaft hinterlassen, eine, die persönlich an mich adressiert war. Dem Gesichtsausdruck der Sklaven entnahm ich, daß sie mir nicht gefallen würde. Mir war also schon klamm, ehe sie mich und Marius zum Stall führten, wo die mysteriöse Nachricht in einen Stützbalken eingeritzt worden war.
Da stand nur für Falco , und daneben das saubere Piktogramm des menschlichen Auges.
Im Stroh unter der Zeichnung lag die Tänzerin namens Selia. Sie trug Reisekleidung, einschließlich eines breitkrempigen Hutes, der über ihr eigenes, locker geflochtenes braunes Haar gebunden war. Sie war tot. Ihre Haut fühlte sich kalt an, obwohl ihre Glieder noch schlaff waren. Man hatte sie rasch und sauber durch Druck auf die Halsschlagader getötet. Der Schlag war eindeutig von hinten ausgeführt worden, bevor sie überhaupt merkte, was da geschah. Sie lag hier bereits seit einigen Stunden. Falls sich Quadratus nicht unbemerkt zurückgeschlichen hatte, war der Mord zweifellos nach seiner Abreise zu den Minen geschehen. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß er es getan hatte. Die Methode war zu professionell.
Wenn jemand Agenten tötete, die für Laeta arbeiteten, konnte das sehr wohl bedeuten, daß derjenige nun versuchen würde, mich umzubringen.
LXI
Noch bevor ich erklären konnte, was gerade auf dem Quinctius-Gut passiert war, hatte Helena Justina die Zärtlichkeit unseres idyllischen Nachmittags abgelegt. Sie war kühl. Ich konnte ihr das nicht verdenken, obwohl mir ihre Besorgnis lieber gewesen wäre. Wir waren wieder im Garten. Ich hatte kaum damit begonnen, ihr mitzuteilen, was ich als nächstes plante, da ging die Streiterei schon los.
»Nicht die Minen, Falco!«
»Betrachte es einfach als Besichtigungstour der örtlichen Gewerbezweige.«
»Das hättest du mir wahrscheinlich weisgemacht, wenn Marius Optatus nicht mit der Wahrheit herausgeplatzt wäre, bevor du ihn aufhalten konntest!«
»Ich belüge dich nie.«
»Du hältst nur Dinge zurück – wenn du glaubst, daß du damit durchkommst!«
»Ich bin ein Mann, Helena. Deshalb rede ich mir natürlich ein, daß ich dir nur etwas verschweige, um dich zu beschützen.«
»Du nervst mich«, fauchte sie.
Ich schwieg. Ihr mit schmeichlerischer Aufrichtigkeit zu kommen, hatte versagt: Zeit, den Mund zu halten.
»Marcus, ich befinde mich jetzt einfach in einer unmöglichen Position! Ich will nicht, daß du gehst – aber ich will auch nicht, daß du nur wegen meines Zustandes bei mir bleibst, wenn du es nicht wirklich willst. Ich will nicht zu einem Hindernis werden. Du würdest es mir später nie verzeihen – und vielleicht würde ich es mir auch selbst nicht verzeihen! Außerdem weiß ich, wie schlimm für dich die Minen sind. Du hast schon einmal alle Qualen des Hades in einer Silbermine erleiden müssen. Es ist einfach zu viel verlangt, daß du dich freiwillig nochmal in eine begibst.«
»Diesmal werde ich ja nicht wieder nach Erz graben. Ich muß nur Quadratus schnappen und ihn zurückbringen, damit er vor Gericht gestellt werden kann. Aber du hast recht. Ich bin nicht unersetzlich. Jemand anderer kann das machen.«
Helena runzelte die Stirn. »Du denkst, alle anderen werden es vermasseln.«
»Das ist mir egal.«
»Natürlich ist es dir nicht egal. Und mir auch nicht!«
Helenas leidenschaftlicher Glaube an die Gerechtigkeit war einer der Gründe, warum ich mich in sie verliebt hatte. Zielstrebige Mädchen sind immer gefährlich. Ein Mann kann sich jahrelang mit Zynismus und Schnodderigkeit durchschlagen, bis eine üble Tyrannin (die zufällig den Vorteil hat, reizend zu sein, entzückend auszusehen und einen Körper zu haben, der danach schreit, von dem seinen umschlungen zu werden) ihn weich kriegt. Als nächstes merkt er, daß er sich, nur um das Mädchen zu beeindrucken, für Dinge einsetzt, um die er einst einen Riesenbogen gemacht hätte.
»Ich werde in Kürze Vater. Das ist meine einzige Priorität.«
»Ach, Didius Falco, du hast so viele Prioritäten, daß du einen Abakus brauchst, um sie zu zählen. Das war schon immer so. Und es wird immer so bleiben.«
»Falsch. Du reist nach Hause, Helena – und ich begleite dich.«
»Selber falsch. Du mußt deine Arbeit zu Ende bringen.« Sie war jetzt zu einem Entschluß gekommen. »Es gefällt mir ganz und gar nicht, aber du hast keine andere
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