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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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bringen.«
    Helena schaute besorgt. »Marcus wird vielleicht für die Gerichtsverhandlung gebraucht.«
    »Nein«, sagte ich. »Wenn es eine Gerichtsverhandlung gibt, dann wird sie in Rom stattfinden.«
    Für designierte Senatoren galten bestimmte Vorgehensweisen. Quadratus würde nach Hause gebracht werden müssen. Dieser Fall stellte sich bestimmt als zusätzlich kompliziert heraus, da sich zwei verschiedene Regierungsstellen mit den Verbrechen befaßt hatten. Und es würden bestimmt Mittel bereitstehen, mich zum Schweigen zu bringen.
    »So!« wiederholte Aelia Annaea strahlend. »Was haltet ihr davon?«
    Ich griff nach ihrer Hand und küßte sie. »Wir finden Sie wunderbar.«
    »Vielen Dank«, sagte Helena deutlich erleichtert. »Aelia, würden Sie vielleicht selber gerne Rom besuchen?«
    Aelia Annaeas Blick war ein bißchen rätselhaft. »Nein, ich glaube, im Moment nicht, Helena. Es könnte sein, daß ich hier in Corduba zu tun habe.« Stolz nahm sie die Dankesbezeugungen für die Lösung unserer Probleme an, dann erhob sie sich, offenbar, um uns zu verabschieden. Da sie mit Claudia gekommen war, fragte ich: »Wird Marius Optatus Sie heimfahren?«
    »Ich nehme es an.«
    »Möchten Sie, daß ich mit ihm spreche?«
    »Nein, lassen Sie nur, Marius und ich verstehen uns gut.«
    Sie lächelte. Selbst ohne den Schmuck, mit dem sie sich normalerweise behängte, war sie eine ansehnliche junge Frau, besonders, wenn sie fröhlich und mit sich zufrieden war. Ihr Schleier fiel zurück. Ihr Haar war noch für die Beisetzung gelöst, was sie weicher und noch attraktiver aussehen ließ. Sie drehte sich um und ging zu Marius zurück, eine schlanke Figur mit festem Schritt.
    Ich hatte vor, Marmarides aufzusuchen, um ihm zu sagen, daß sich unsere Wege nun endgültig trennen mußten, ihm zu danken und die Kutschenmiete mit ihm abzurechnen. Zunächst überredete ich Helena jedoch, endlich nach drinnen zu gehen. Sie erhob sich, ein wenig steif vom langen Sitzen und jetzt wirklich sehr unförmig. Ich ging mit ihr, brachte sie langsam zu ihrem Zimmer. Als sie sich dann das Gesicht in einer Waschschüssel wusch, ging ich zum Fenster hinüber und öffnete leise den Fensterladen. Ein sanfter Pfiff entfuhr mir. Helena trat zu mir und sah mit mir hinaus.
    Marius Optatus und Aelia Annaea standen zusammen unter einem Mandelbaum. Ziemlich eng zusammen, während sie sich leise unterhielten. Aelia erklärte wahrscheinlich ihren Plan, Helena zur Küste zu bringen. Sie hatte ihren Schleier abgenommen, ihn sich nachlässig um das Handgelenk gewunden und spielte damit. Marius hielt sich an einem Zweig über ihrem Kopf fest. Er wirkte sogar noch entspannter. Aus seiner Haltung schloß ich, daß Marius auf Eroberung aus war.
    Er sagte etwas. Aelia antwortete, vielleicht ein bißchen aufmüpfig, denn sie reckte das Kinn vor. Dann ließ Marius den Arm um ihre Taille gleiten, zog sie an sich und küßte sie. Aelia schien nichts dagegen zu haben. Und als Marius langsam den Mandelzweig losließ, um sie noch fester zu umarmen, schien es, als spiele sein Faible für die Goldmine dieser Dame tatsächlich eine geringere Rolle als die Liebe, die er für Aelia empfand.

LXII
    Ich redete mir ein, daß es diesmal anders sein würde als beim letzten Mal. Minen sind nichts anderes als Abbaustätten von Erz. In dieser Hinsicht unterscheiden sie sich nicht von Glasbläsereien oder Schweinezuchtbetrieben. Oder sogar Olivenhainen. Es gab keinen Grund für mich, in Angstschweiß auszubrechen, nur weil ich ein oder zwei Minen besuchen mußte. Die Zeit war kurz. Ich würde mich nicht lange aufhalten. Ein paar Fragen, um den Aufenthaltsort von Quadratus zu erfahren – ob er schon dort gewesen war, oder ob der örtliche Vorarbeiter gehört hatte, daß er sich auf dem Weg befände. Dann mußte ich Quadratus nur noch nett guten Tag sagen, ihm die Beweise vorlegen, sein Geständnis aufnehmen und ihn von dort wegbringen. Ganz einfach, wirklich. Ich hätte mich zuversichtlich fühlen sollen.
    Unwillkürlich stiegen in mir die Erinnerungen an das letzte Mal hoch. An das, was damals passiert war. Etwas, worüber ich nur ungern rede. Ein Alptraum solange es dauerte, und der Anlaß für jahrzehntelange Alpträume danach.
    Es war meine erste Mission für den Kaiser gewesen. Britannien. Eine Provinz, in der ich schon früher in der Legion gedient hatte. Ich dachte, ich wisse alles. Ich dachte, ich würde alles unter Kontrolle haben. Ich war stolz, zynisch und gründlich wie ein Adler

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