Zwielicht in Cordoba
aber er steht nicht auf der Liste seiner Angestellten.«
»Der war vernünftiger. Blieb Freiberufler. Selbständig. Ich habe ihn auch manchmal benutzt.«
»Wofür?«
»Oh … um entlaufene Sklaven aufzuspüren«, sagte der angebliche Aufseher vage. Vermutlich würde das, wofür Momus Valentinus benutzt hatte, meinen Magen zum Flattern bringen. Ich wollte es lieber nicht wissen.
»War er gut?«
»Der Beste. Zuverlässig, schnell, angenehm im Umgang und genau.«
Ich seufzte. Der Mann klang mehr und mehr wie jemand, mit dem ich gern einen getrunken hätte. Ich hätte mich gestern abend beim Essen mit Valentinus anfreunden sollen. Wenn wir wie Saufkumpane gemeinsam aus dem Palast getorkelt wären, wäre der Abend vielleicht anders für ihn ausgegangen. Gemeinsam hätten wir die Angreifer bestimmt abgewehrt. Es hätte sein Leben retten können.
Momus musterte mich. Er merkte, daß ich interessiert war. »Werden Sie versuchen, die Sache aufzuklären, Falco?«
»Das sieht mir nach einer sehr trüben Brühe aus. Meinen Sie, ich hätte eine Chance?«
»Nein. Sie sind ein Leichtgewicht.«
»Danke, Momus.«
»Gern geschehen.«
»Seien Sie vorsichtig mit Ihren Beleidigungen. Könnte sein, daß ich Sie vom Gegenteil überzeuge.«
»Und Jungfrauen bleiben keusch!«
Ich seufzte. »Haben Sie von irgendwelchen schmutzigen Angelegenheiten in Baetica gehört?«
»Nein. In Baetica ist alles eitel Sonnenschein und Fischsoße.«
»Wissen Sie dann vielleicht irgendwas über die Gesellschaft der Olivenölhersteller?«
»Dieser Haufen alter Knacker, die sich im Keller des Palastes treffen und Pläne zur Weltverbesserung schmieden?«
»Von Pläneschmieden war gestern abend nicht viel zu merken, nur von Fresserei. Oh, und die meisten gaben sich alle Mühe, eine Gruppe echter Baeticaner zu übersehen.«
»Typisch!« grinste Momus. »Sie geben sich als große Spanienliebhaber, aber ihre Liebe gilt nur dem iberischen Wein und Essen.« Ich schloß daraus, daß die Gesellschaft offiziell als harmlos eingestuft wurde. Wie gewöhnlich wußte Momus mehr darüber, als es ein Sklavenaufseher sollte. »Anacrites hat sich in ihren Club wählen lassen, damit er ein Auge auf sie haben konnte.«
»Wegen möglicher politischer Intrigen?«
»Blödsinn! Der war nur daran interessiert, sich an ihren wohlgefüllten Fleischtöpfen zu delektieren.«
»Na ja, sie wirkten auch nicht gerade wie abenteuerlustige Anarchisten.«
»Natürlich nicht«, meinte Momus höhnisch. »Ich hab noch nicht bemerkt, daß die Welt verbessert worden ist. Sie etwa?«
Viel mehr konnte Momus mir über Anacrites oder Valentinus nicht erzählen – oder wollte es zumindest nicht. Doch dank seines Amts wußte er, wer für die Organisation des gestrigen Essens zuständig gewesen war. Und da ich schon mal im Palast war, suchte ich diesen Mann auf und sprach mit ihm.
Der Gute hieß Helva und gab sich schwermütig. Wie die meisten Palastsklaven sah er orientalisch aus und vermittelte den Eindruck, alles mißzuverstehen, was aber vermutlich Absicht war. Er hatte seinen festen Aufgabenbereich, versuchte aber, sich besser zu stellen, indem er sich bei Höhergestellten einschleimte. Die Mitglieder der Baetischen Gesellschaft betrachteten ihn offenbar als Schwächling, den man anschnauzen und ausnutzen konnte.
»Helva, wer ist für die Organisation dieses exklusiven Clubs zuständig?«
»Ein informelles Komitee.« Nicht sonderlich hilfreich. Mit einem Blick hatte er erkannt, daß mein Status kein Anschleimen wert war.
»Und wer gehört zu diesem Komitee?«
»Wer immer sich herabließ aufzutauchen, wenn ich darauf bestand, daß jemand mir Anweisungen gab.«
»Ein paar Namen würden mir weiterhelfen«, schlug ich freundlich vor.
»Ach, Laeta und seine Stellvertreter, dann Quinctius Attractus.«
»Ist das der übergewichtige Senator, der gerne Hof hält?«
»Ihn verbinden Geschäftsinteressen mit Baetica, und er ist einer der großen Macher in der Gesellschaft.«
»Stammt er aus Spanien?«
»Nicht im geringsten. Aus einer alten Patrizierfamilie.«
»Das hätte ich mir denken können. Sehe ich das richtig, daß die eigentliche Verbindung zwischen der Gesellschaft und Hispanien erloschen ist und die Mitglieder es lieber sehen, wenn Besucher aus der Provinz nicht zu ihren Treffen kommen?«
»Die meisten. Attractus ist da hellsichtiger.«
»Sie meinen, er betrachtet die Gesellschaft als Plattform zu eitler Selbstdarstellung und versucht, Besucher aus Spanien davon
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