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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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dem Forum zurück. Jetzt blieb alles Weitere mir überlassen. Und mit der mir eigenen Pflichtbesessenheit und Energie machte ich mich sofort an die Arbeit und ging nach Hause ins Bett.
    Am nächsten Tag, solange ich noch von einer gewissen Antriebskraft beflügelt war, ging ich zurück zum Forum, hinauf durch den Kryptoportikus, wo die arroganten Prätorianer mich gut genug kannten, um mich nach ein paar Drohungen und Späßen einzulassen, und dann in den alten Palast. Ich brauchte Claudius Laeta nicht, damit er mir sagte, wen ich befragen sollte oder wer mir den Weg ebnen könnte. Ich hatte meine eigenen Kontakte. Die waren vermutlich nicht verläßlicher als der verschlagene Obersekretär, aber aus reiner Sentimentalität hing ich an ihnen. Man traut halt eher Männern, die man schon einige Zeit kennt, selbst wenn man den Verdacht hat, daß sie lügen, betrügen und stehlen.
    Momus war Sklavenaufseher. Er sah so gesund aus wie ein Stück verdorbenes Rindfleisch und so gefährlich wie ein ausgebrochener Gladiator auf der Flucht. Seine roten Augen tränten, sein Körper war zernarbt und sein Gesicht von einem faszinierenden Grau, so als sei er seit einem Jahrzehnt nicht mehr an die Luft gekommen. Seinen Posten als Aufseher nahm er nicht sonderlich ernst und überließ die Rituale des Sklavenmarktes lieber anderen – die Unterbringung, das Auspeitschen und das Einsacken von Bestechungsgeldern.
    Momus hatte jetzt eine etwas nebulöse Stellung im Palast inne. In Wahrheit war er ein weiterer Spion. Er arbeitete nicht für Anacrites, für den er wenig übrig hatte. Aber in einer Bürokratie braucht jeder einen anderen, der über ihn bei seinen Vorgesetzten berichtet. Anacrites war der Prätorianergarde angeschlossen, arbeitete aber direkt für den Kaiser, also wurde er von Vespasian selbst beurteilt, wenn es um Rügen oder Belohnungen ging. Anacrites und ich waren uns beide sicher, daß Momus der Spitzel war, der dem Kaiser mitteilte, was er von der Arbeit des Oberspions zu halten hatte. Das bedeutete, Anacrites verachtete und verabscheute ihn, aber es machte Momus zu meinem Freund.
    Ich erzählte ihm, daß der Oberspion schwer verletzt sei. Es hatte geheimgehalten werden sollen, doch Momus wußte es bereits. Ich nahm an, er hatte auch gehört, daß man Anacrites angeblich im Tempel des Äskulap auf der Tiberinsel versteckt hielt – aber vielleicht hatte er noch nicht herausgefunden, daß das Opfer sich in Wirklichkeit bei Mama auf dem Aventin befand.
    »Irgendwas Eigentümliches geht hier vor, Momus.«
    »Das ist doch nichts Neues, Falco.«
    »Dieser Angriff hat offensichtlich was mit Geheimdienstarbeit zu tun. Doch niemand weiß, in welcher Sache Anacrites ermittelte. Ich versuche, seine Agenten aufzuspüren oder zumindest Aufzeichnungen darüber, an was er gearbeitet hat.«
    »Da haben Sie ja was zu tun.« Momus genoß es, mich zu entmutigen. »Anacrites ist wie eine athenische Wahlmaschine.«
    »Das ist mir zu hoch.«
    »Sie wissen schon, dieses Gerät, um Wahlbetrug zu verhindern. Als sie noch offene Krüge benutzten, verschwanden ganze Hände voll von Stimmzetteln. Jetzt müssen die Wahlberechtigten kleine Bällchen oben in einen geschlossenen Kasten werfen. Die rollen dann innen durch, und unten kommt das Wahlresultat heraus. Kein Betrug – und auch kein Spaß. Typisch für die verdammten Griechen.«
    »Was hat das mit Anacrites zu tun?«
    »Die Leute stopfen Informationen in sein Hirn, und wenn er in der richtigen Stimmung ist, furzt er einen Bericht aus. Dazwischen ist alles fest verschlossen.«
    »Tja, wie es aussieht, wird der Nächste, dem er einen Bericht zufurzen kann, Charon der Fährmann sein.«
    »Ach, der arme alte Charon!« höhnte Momus mit dem erfreuten Gesichtsausdruck eines Mannes, der sich gerade überlegt, daß er sich, sobald Anacrites die altersschwache Barke zum Hades bestiegen hatte, sofort um den freigewordenen Posten bewerben sollte. Manche Staatsangestellte sind geradezu begeistert, wenn sie vom vorzeitigen Ableben eines Kollegen hören.
    »Charon hat momentan eine Menge zu tun«, bemerkte ich. »Schurken schlagen überall auf dem Esquilin die Köpfe von Spionen ein. Auch den eines netten Burschen, der Beschattungen durchführte.«
    »Kenne ich ihn, Falco?«
    »Valentinus.«
    Momus schnaubte angewidert. »O Jupiter! Tot? Das ist ja entsetzlich. Valentinus, der auf dem Esquilin wohnte? O nein! Der Mann war Klasse, Falco. Er war wohl der beste Schnüffler, den Anacrites je hatte.«
    »Tja,

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