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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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mitten im Geschehen überraschte. Ich wollte schon aufgeben, als ich über ein völlig orientierungsloses Schaf stolperte.
    Das Tier war sehr müde. Es mußte zur Herde des Festtagsumzugs gehören. Dann fiel mir die Schäferin mit den interessanten Augen ein. Ich hatte sie schon mal gesehen. Als Diana in ihrem schicken kleinen Goldkostüm hatte sie zwar anders ausgesehen, aber auch eingehüllt in das Schaffell hätte ich das Mädchen wiedererkennen müssen.
     
    Mit gezogenem Schwert marschierte ich grimmig zurück zur Annaeus-Villa. Niemand griff mich mehr an, was seltsam war. Warum hatte die Tänzerin mich nicht da draußen auf der Straße getötet?
    Mindestens ebenso wütend auf mich selbst wie auf alles andere, brachte ich eine formelle Beschwerde vor. Diesmal wurde ich dank des Blutes, das mir den Hals hinablief, anständiger empfangen. Ich machte soviel Theater, daß Annaeus Maximus widerstrebend eine Suche nach dem Mädchen anordnete. Der Anführer der Hirten, der sich zusammen mit den meisten seiner Begleiter nach wie vor hier befand, wurde herzitiert, um sich gegen meine Vorwürfe zu verteidigen.
    Annaeus schien bestürzt über meine Geschichte. Laut ihm waren die meisten der Gruppe allen wohlbekannte Schauspieler aus dem hiesigen Theater. Mit solchen Auftritten verdienten sie sich gern etwas extra. Echte Hirten wären durch sowas vielleicht auf den Geschmack gekommen, das leuchtete mir ein. Natürlich behauptete Annaeus, daß ihm dieses Mädchen völlig fremd sei.
    Rülpsend tauchten dann der Anführer der Schauspieler auf, noch immer in sein Hirtenkostüm gekleidet. Man hatte ihn wohl vom Essen weggerufen. Er gab zu, daß er für die heutige Prozession ein paar zusätzliche Leute engagiert hatte. Das schloß auch die Schäferin mit den großen braunen Augen ein (an die er sich recht deutlich erinnerte). Sie hatte sich bei ihm um diese Rolle beworben. Er hatte keine Ahnung, woher sie stammte, wußte nur, daß ihr Name angeblich Selia war. Er sagte, sie sei nicht von hier, obwohl er damit nur meinte, sie käme nicht aus Corduba und der näheren Umgebung. Sie konnte also gut aus Hispalis stammen. Ich hatte mir gerade die Mörderin von Valentinus durch die Finger schlüpfen lassen. Und natürlich kamen alle Sklaven, die Annaeus auf die Suche nach ihr geschickt hatte, mit leeren Händen zurück.
    »Es tut mir leid.« Der Schauspieler schien es aufrichtig zu meinen. »Das nächste Mal verlange ich Referenzen.«
    »Wozu?« höhnte ich bitter. »Glauben Sie, sie hätte zugegeben, daß sie nichts Gutes im Schilde führte? Ganz davon abgesehen – bieten Ihnen ständig hüftschwingende Frauen ihre Dienste an?«
    Er machte ein beschämtes Gesicht. »Nein«, murmelte er. »Obwohl das schon die zweite in dieser Woche war.«
    »Und wie sah die erste aus?«
    »Älter, aber sie konnte besser tanzen.«
    »Warum ist sie dann nicht an Stelle von Selia engagiert worden?«
    »Sie stammte nicht aus dieser Gegend.« Typisch! Ortsansässige werden immer bevorzugt. Er sah noch beschämter aus und platzte dann mit seiner großen Entschuldigung heraus: »Außerdem war Selia ein absoluter Profi und brachte sogar ihr eigenes Schaf mit!«
    »Das sie dann einfach zurückließ!« gab ich zurück. Sie war eine professionelle Mörderin – und wenn sie sich ein ganzes Schaf leisten konnte, mußte ihr Auftraggeber ihr einen großzügigen Tagessatz zahlen.

XXVII
    Ich verbrachte die Nacht in der Villa von Annaeus. Die Honoratioren ließen mich an ihrer Tafel speisen (nun ja, an der Tafel ihrer Pächter). Man überließ mir eine leere Zelle in der Sklavenunterkunft. Die lag nahe bei einem Brunnen, so daß ich mir sogar die Wunde am Hals auswaschen konnte – und zu trinken hatte ich nun in Hülle und Fülle. Äußerst zivilisierte Menschen! Am nächsten Morgen überließ mir der Verwalter ein sehr langsames Pferd und sagte, ich könne es behalten, solange ich wolle, da es sowieso nur noch das Gnadenbrot bekam. Ich erwiderte, ich würde dem Kaiser davon berichten, wie großzügig die Annaei mich behandelt hatten. Der Verwalter lächelte mit offener Verachtung.
    Die drei Söhne kamen im Morgengrauen nach Hause. Sie galoppierten mit donnernden Hufen an mir vorbei, als ich wegritt. Aus Prinzip wirbelten sie wieder eine Staubwolke um mich auf, obwohl sie nicht mehr so aufgekratzt waren und reichlich müde aussahen. Soweit ich das mitbekommen hatte, war die Tochter immer noch aushäusig. Frauen haben eben ein größeres Durchhaltevermögen.
    Das

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