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Zwielicht über Westerland

Zwielicht über Westerland

Titel: Zwielicht über Westerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lindwegen
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Hoffnung auf neue Zeiten, neue Anfänge? Wenn wir immer nur Angst haben vor den Taten der Vergangenheit, trampeln wir doch auf der Stelle. Wir Blutsüchtigen werden immer tiefstes Mittelalter sein.“
    Alex Blick verdunkelte sich und er wandt sich an Sophie.
    „Ich glaube, du verseuchst mir meine Schützlinge. Hast du ihr diese Flausen in den Kopf gesetzt?“
    Sophie schüttelte den Kopf. „Du hast doch angefangen. Denk dran, wir bleiben auf ewig pubertär.“
    Eine alte Dame mit Stock und durchsichtiger Regenhaube kam auf sie zu und beendete das Gespräch. Sie grüßte den Gruß und Alex ging auf sie zu, um ihr die Blumen zu tragen. Sie entfernten sich langsam, angeregt miteinander sprechend.
    Jan hatte sie eingeholt. Sophie sah es sofort, er hatte geweint. Einem ersten Impuls folgend, wollte sie zu ihm treten und ihn umarmen, aber Vanessa trat neben ihn und zog ihn und Gregor in das Innere der Kirche.
    Die Nässe zog ihre Hosenbeine empor bis in ihr Gemüt, während sie da stand und wartete.
    Natürlich, sie war traurig um die Menschen, die sie verloren, aber das war sie öfter einmal. Jetzt hier auf Kommando ging es sowieso nicht. Sie war auch nicht traurig darüber, nicht sterben zu können, heute nicht. Vielleicht hatten Jan und Alex Recht damit, dass sie undankbar war. Würde es ihr mit Matt anders gehen? Was war,wenn sich trotz einer Beziehung, trotz Liebe nichts ändern würde? Konnte es sein, dass diese Traurigkeit, die Zerrissenheit Teil ihrer selbst war? So etwas wie ein sporadisch auftretender Wesenszug? Alex kam um die Ecke und steuerte auf sie zu. Schnell versuchte sie, ein unbedarftes Gesicht zu machen. Er nahm ihre Hand und küsste sie.
    „Könntest du dir vorstellen, irgendwann doch noch zu heiraten?“
    „Damit du nach einer Dekade dem Ganzen ein Ende setzt?“, sprudelte es aus ihr heraus. Schnell zog sie ihre Hand weg und setzte versöhnlich nach: „Na ja, das ist immerhin länger als die meisten Ehen heute halten.“
    Er lachte leise. „Du könntest ja einen von uns heiraten, dann dauert es bis zur Unendlichkeit.“
    „Vielen Dank, das ist auch nicht gerade erfrischend.“ Sie seufzte.
    „Du bist auch nie zufrieden, meine Schöne. Du willst unbedingt einen Tod, der dich scheidet, glaube ich.“
    Sie zuckte die Achseln. Sie wusste genau, was und wen sie wollte. Nur hatte sie keine Lust, es Alex zu erzählen.
    „Wie war er eigentlich?“
    Verwundert sah sie ihn an. „Meinst du meinen Seemann?“
    „Nein“, er schüttelte den Kopf. “Ich meine deinen Trauspruch, wie lautete er?“
    Ein ungewohnt bitteres Lachen kam über ihre Lippen, bevor sie antwortete.
    „Behüte dein Herz mit ganzem Fleiß, denn daraus quillt das Leben.“

9. Kapitel
Unendliche Hilfe
    Ein wimmernder Klagelaut erfüllte das Rezeptionszimmer.
    Rolf, der Technikleiter der Klinik, saß auf einem der Stühle und biss sich auf die Unterlippe. Aus einer hässlichen Platzwunde auf seinem kurz geschorenen Schädel sickerte das Blut in Richtung seiner schwarzen Kapuzenjacke. Es suchte sich langsam seinen Weg durch die Haarstoppel. Fasziniert beobachtete Sophie das kleine Rinnsal, während sie beruhigend ihre Hand auf die Schulter des Verletzten legte. Mit Vanessa und einer der Küchendamen wartete sie auf die angepiepte Ärztin.
    „Ich find’ ja alles ekelig, was aus dem Körper kommt, Blut auch.“ Die mollige Küchenhilfe sprach mit vorgehaltener Hand.
    „Dann guck nicht hin und geh wieder in die Küche“, kam es forsch von Vanessa.
    Sophie hatte schon davon gehört, dass in den meisten Küchen ein rauer Ton herrschte, hatte aber immer gedacht, dass Vanessa ihre Leute anders in den Griff bekam. Die junge Frau verließ ohne ein Wort den Raum, immer noch mit vorgehaltener Hand.
    „Aua, Sophie du kneifst mich“, jaulte der Techniker und rieb sich beleidigt die Schulter, nachdem sie diese erschrocken losgelassen hatte.
    „Sollen wir jemanden anrufen, vielleicht deine Mutter?“ Vanessa zog spöttisch die Augenbrauen nach oben. „Stell dich nicht so an.“
    Noch bevor er Luft holen konnte, um zum Gegenzug anzusetzen, flog die Tür auf. Mit wehleidiger Miene blickte er stumm zur Ärztin hinüber.
    „Er hat sich selber den Kofferraumdeckel auf den Schädel geknallt.“ Ein gewisser Unterton in Vanessas Stimme war nicht zu überhören.Wofür sie einen strafenden Blick von Rolf erhielt, der anschließend von der Diensthabenden zum Stationszimmer gebracht wurde. Stöhnend ließ Vanessa sich auf den freien Stuhl fallen.

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