Zwielicht über Westerland
ebenfalls wie immer.
„Ich wollte dir Auf Wiedersehen sagen“, begann sie vorsichtig ein Gespräch. Sein Clangruß ging in eine einladende Geste Richtung Zimmer über. Da sie keinerlei Lust hatte, längere Zeit zu bleiben, behielt sie ihren Mantel an.
„Es ist nett, dass du zu mir kommst. Ich würde gerne über etwas mit dir sprechen.“
Innerlich seufzend, antwortete sie kurz: “Gut, ich hab aber nur ein paar Minuten, dann werde ich abgeholt.“ Es musste ihm klar sein, von wem.
„Hast du gehört, was ich dir gestern gesagt habe?“ Ansehen konnte er sie dabei nicht, deswegen zog er die Stores beiseite und blickte auf die aufgewühlte See.
Gerade über seine Liebe zu ihr hatte sie nicht sprechen wollen. Sie bereute, Jan diesen Gefallen getan zu haben.
„Bitte, Alex. Wir brauchen nicht darüber reden. Ich habe es immer gewusst, aber du und ich, wir sind so verschieden.“ Sie machte eine kurze Pause, um nach Worten zu suchen, die ihn nicht verletzten. „Es ist ja nicht so, dass ich dich nicht mag, aber du stehst für ganz andere Dinge ein. Du kennst doch meine Gefühle wie kein anderer. Wir haben so oft darüber gesprochen.“ Ratlos kratzte sie sich den Oberarm.
„Hast du bereut, was damals zwischen uns war?“ Er schaute immer noch aus dem Fenster.
Sie ging zu ihm und drehte ihn um.
„Sieh mich wenigstens an. Nein, ich habe nicht und ich werde es nie bereuen, es ist ein Teil meiner Vergangenheit. Aber dabei sollten wir es belassen. Bitte zwing mich nicht, diese fürchterlichen Sachen über Freundschaft und so zu sagen.“
Sie lächelte ihn aufmunternd an. Er lächelte nicht zurück, sondern drehte sich zurück zum Fenster.
Genervt setzte sie sich auf das Bett. Sollte sie jetzt einfach gehen? Würde es nicht besser sein, ein für alle Male einen Strich unter die Sache zu setzten?
Mit einem Schulterblick erkannte er ihre Gedanken und setzte sich neben sie. Auch er schien nicht zu wollen, dass sie so auseinander gingen. Einen Moment lang schwiegen sie und schauten auf die unruhige See mit ihren weißen Schaumkronen. Dann begann Alex langsam zu sprechen:
„Wir könnten etwas Neues aufbauen. Lass uns von hier weg gehen. Nicht nur du hast alles satt. Mir geht es oft genauso. Gerade in letzter Zeit könnte ich alles hinschmeißen. Wir könnten aus Deutschland verschwinden, einfach weg von all den Ansprüchen und dem ganzen wichtigen Getue.“
Er hatte wie unbeabsichtigt ihre Hand genommen.
„Alex, wir wissen beide, dass du das gar nicht willst. Die Gemeinschaft braucht dich und du sie. Vielleicht bist du manchmal müde, aber du kannst ohne Stress und Macht nicht atmen. Dir liegen so viele Frauen zu Füßen, belaste dich nicht mit einer ständig an dir herummeckernden Nachtschwester.“
Es hörte sich alles wie eine Auflistung von Floskeln an. Sie merkte es, noch bevor sie den Satz zu Ende gesprochen hatte, aber es war nun einmal die Wahrheit. Sie entzog ihm die Hand und wollte sich erheben, doch er zog sie zurück aufs Bett.
„Und wenn ich keine andere Wahl habe? Wenn ich nur mit dir fortgehen oder dich verlieren kann?“ Seine dunklen Augen sahen sie eindringlich an und sein Atem streifte ihren Mund.
Sie flüsterte, denn sie hatte Angst laut zu werden. „Alex lass mich los, du tust mir weh.“
Doch er zögerte und kam ein Stückchen näher. Niemals würde sie ihm zeigen, dass sie seit dem Streit am Strand Angst vor ihm hatte. Darum entgegnete sie seinen Blick mit Härte und flüsterte erneut: “Lass mich endlich los. Du siehst doch, wir sind wie Feuer und Wasser.“
Ruckartig ließ er sie los. Sie sprang auf und drehte sich mit dem Rücken zur Wand. Er setzte sich betont gelassen an das Kopfende des Bettes und legte die Beine auf die Decke. Wie zur Erklärung sagte er: „Vielleicht wollte ich es nur noch einmal wissen, bevor ich dich gehen lasse. Hat ja schon einmal geklappt.“
Was da sprach, war seine gekränkte Eitelkeit. Sie wusste es. Ärgern tat es sie trotzdem, denn sie hatte gelogen. Sie hatte die Affäre mit ihm von Anfang an bereut. Spontan fielen ihr ein paar hässliche Sachen über seine Art zu küssen und ähnliches ein, aber sie schwieg, um den Besuch zu beenden. Er schien ihr Schweigen als Sieg zu verbuchen, denn plötzlich lächelte er.
Das einzig Beständige an ihm war seine Unbeständigkeit.
„Was willst du von mir, Alex? Musst du uns das immer wieder antun? Wenn du mir nichts weiter zu sagen hast, dann werde ich jetzt gehen. Mach es gut.“ Sie drehte sich erneut
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