Zwielicht
fürchteten die Macht der dunklen Archonten, und die Schrecken, die Ulrezaj über die Protoss gebracht hatte, mussten selbst das kälteste Herz rühren. Darum überraschte es Jake, als Krythkal ehrlich betrübt schien.
„Ich bin froh, dass seinem üblen Tun ein Riegel vorgeschoben wurde, aber ich werde um ihn trauern", sagte der Protoss.
Jake blinzelte. „Wie bitte? Ich weiß ja, dass er früher einmal einer von Eurem Volk war, aber ich finde, niemand sollte um den Tod von etwas derart Schrecklichem trauern."
„Um etwas? Nein. Ein dunkler Archont von so gewaltiger Macht und Bösartigkeit - nein. Darum trauere ich nicht. Aber ich trauere um Ulrezaj."
Er sah Jake festen Blickes an. „Ich werde um meinen Schüler trauern."
Jake starrte ihn an. Sein Schüler? „Ulrezaj... er war ein Hüter der Weisheit?"
Krythkal nickte. „Vor vielen Hundert Jahren erlernte er den Umgang mit diesen Kristallen. Er empfand Leidenschaft für das Ziel unseres Volkes, so wie wir es damals alle taten, als die Wunde noch so frisch war. Er war klug, und er war lernbegierig, und er gab sich nicht damit zufrieden, einfach nur Erinnerungen zu katalogisieren und von einem Kristall in den anderen zu transferieren. Er dürstete nach Wissen, und wir waren närrisch genug, es ihm zu gewähren."
Bei diesen Worten sah der dunkle Templer, wenn das überhaupt möglich war, noch älter aus. „Wir ließen ihn in unseren Reihen aufsteigen, denn er erwies sich als gelehriger Schüler. Doch achteten wir sorgsam darauf, ihm nur begrenzten Zugriff zu gestatten, denn vieles von dem, was in der Wand des Wissens verzeichnet steht, sind verbotene Überlieferungen. Wir begreifen das, und obgleich wir es bewahren, weil alles Wissen kostbar ist, rühren wir es nicht an. Niemand, der im Alys'aril lebt, nicht einmal ich, kennt den größten Teil der Geheimnisse, die diese Wand birgt."
„Ulrezaj beschränkte sich nicht auf die Bereiche, die zu erkunden ihm erlaubt war, habe ich recht?" Zeratuls Frage war rhetorischer Natur er, Jake und Zamara kannten die Antwort darauf bereits.
Krythkal nickte abermals. „Nein, das tat er nicht. Er stand des Nachts heimlich auf und studierte das finsterste verbotenste Wissen, das die dunklen Templer besaßen."
„So ist es ihm gelungen", keuchte Jake. „So kam er dahinter, wie er zu einem dunklen Archonten werden konnte, der mächtiger ist als einfach nur zwei dunkle Templer, die sich miteinander verbinden!"
„Wir erwischten ihn eines Nachts", fuhr Krythkal fort, und seine geistige Stimme war von Schmerz umflort. „Ich stellte ihn zur Rede, bat ihn, uns zu erklären, warum er unser Vertrauen derart missbraucht hatte. Ich dachte, ich könnte ihn zur Vernunft bringen, aber inzwischen war er seinem Fanatismus schon zu sehr verfallen. Alles, was den Zielen der dunklen Templer förderlich war, behauptete er, sei es wert, getan zu werden. Ganz gleich, wer dabei zu Schaden kam, ganz gleich, welcher Preis zu zahlen war selbst von unserem Volk. Wir sollten unsere Rache an den Protoss bekommen, die uns verbannt hatten, und er wollte die Waffe sein, die sie zu Fall bringen würde."
Er hob die Augen und sah Zeratul und Jake an. „Ich erkannte ihn kaum wieder, als er da tobend vor mir stand. Ich sah keine Spur mehr von dem Gelehrten, dem klugen jungen Protoss, auf den ich so stolz gewesen war. Jetzt waren nur noch flammende Wut und Hass übrig und die feste Überzeugung, dass der Zweck Rache an den Protoss von Aiur selbst die grausamsten Mittel heilige. Wir flehten ihn an, uns zu sagen, was er entdeckt hatte, aber er weigerte sich. Wir bedrängten ihn, uns zu erlauben, auszuradieren, was er erfahren hatte, damit er als Alysaar zu uns zurückkehren könne, als jemand, der das Wissen hegt, aber nicht missbraucht. Aber auch darauf ließ er sich nicht ein. Er verließ uns in jener Nacht, kochend vor Zorn und einem Hass, der so finster und rein in einem war, dass man nur darüber staunen konnte. Ich glaubte nicht, dass wir ihn je wiedersehen oder auch nur wieder von ihm hören würden. Herauszufinden, dass er das Alys'aril benutzte... um diese... monströse Wesenheit zu werden..."
Krythkal wurde von seinen Gefühlen überwältigt und schottete seine Gedanken rasch ab. Zeratul streckte eine Hand aus und legte sie dem alten Protoss auf die Schulter. „Deine Reue ist verständlich, aber diese Entwicklung konnte niemand vorhersehen. Quäle dich nicht mit Schuldgefühlen. Was geschehen ist, ist geschehen. Dass Ulrezaj aus solchen
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