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Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)

Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)

Titel: Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kellison
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Schreien geohrfeigt, weil sie dadurch die anderen Kinder aufgeweckt hatte. Und dann musste sie trotzdem im Bett bleiben, wo die dunklen Gestalten sie berührten, an ihr kratzten und zerrten. Sie hatte sich noch nicht einmal, wie üblich, bis zum Morgen im Badezimmer verstecken können. Das war eine furchtbare Nacht gewesen.
    Ruhig.
    Layla erstarrte. Ihr Herz setzte aus. Die dunklen Gestalten nahten.
    Geflüsterte Worte überlagerten einander. Sollte tot sein.Schon tot .
    Wieso sagten sie das?
    Tot, tot, tot.
    Etwas strich über ihre Wange.
    Sie konnte das Licht einschalten, zur Tür laufen, den Schalter umlegen, doch die dunklen Gestalten würden morgen und übermorgen und immer wieder zurückkehren. Bei dem Gedanken schüttelte sie sich. Sie war verrückt vor Angst und müde und ganz allein.
    Heute Nacht würde sie ihnen beweisen, dass sie auch gemein sein konnte. Sogar gemeiner als sie. Wenn sie nach ihr griffen, würde sie zustechen. Dann ließen sie sie in Ruhe.
    Layla wich in das schwache Sternenlicht am Fenster zurück. Die Schatten der Fenster überzogen ihren Körper mit Kreuzen. Hier fühlte sich der Boden noch kälter an.
    Gemeine, schräg stehende Augen funkelten im Kleiderschrank. In den Ecken. Unter dem Bett.
    Layla öffnete den Reißverschluss ihres Rucksacks und griff hinein. Sie tastete nach dem Schaft und zog das Messer heraus. »Geht weg«, sagte sie und richtete das Messer in den Raum.
    Die dunklen Gestalten lächelten und schritten voran, ihre Schattenkörper wogten wie schwarzes Wasser. Näher und näher.
    »Geht weg, habe ich gesagt!« Layla fuchtelte mit dem ausgestreckten Arm, damit sie sahen, was sie mitgebracht hatte.
    Sie lachten nur. Kann uns nichts tun .
    Doch, ganz bestimmt. Sie musste.
    Layla schloss fest die Augen, machte sich bereit und stieß das Messer in die Luft.
    Das Lachen steigerte sich.
    Sie stieß immer wieder aufs Neue zu. »Kommt nie mehr wieder! Nie mehr!«
    Sie stach auf sie ein, damit sie sie endlich in Ruhe ließen.
    Sie stach zu, bis ein Schmerzensschrei das Lachen verstummen ließ.
    Sie öffnete die Augen.
    »Nimm das Messer runter, Liebes«, sagte Mama Joyce mit rotem Gesicht.
    Das Licht brannte. Aus Mamas Arm strömte Blut. Sie kniete und streckte ihre gute Hand aus, als wollte sie Layla wie einen Hund dazu bewegen, Platz zu machen.
    Layla ließ das Messer scheppernd auf den Boden fallen. »Es tut mir leid … Mama.«
    Mama griff nach der Bettdecke und presste sie auf ihren Arm. »Es ist nicht deine Schuld, Liebes.« Tränen liefen über ihr Gesicht, sie musste große Schmerzen haben. »Nicht deine Schuld.«
    Doch, das war es. Aber das sagte Layla nicht.
    »Hast du etwas Gruseliges gesehen?«, fragte Mama.
    Layla nickte. Schlimme Sachen. Auch über ihr Gesicht rannen Tränen.
    »Sind sie jetzt weg?«
    Layla nickte wieder, obwohl sie wusste, dass sie zurückkamen.
    Mama nickte. Ihre Miene wirkte besorgt, ihre Wangen waren rotgefleckt. »Weißt du, wie man neun-eins-eins anruft?«
    Danach hatte Mama Joyce sie zurückgegeben. Sie hatte die Welt retten wollen, ein Kind nach dem anderen. Nur nicht sie.
    Aus den Zwielichtlanden beobachtete Khan, wie sich die Schattenwesen neben ihm in Laylas Kinderschlafzimmer schlichen. Die schrillen, harten Farben des Traums entsprachen ihrer heftigen Angst. Sie war in einem alten Albtraum gefangen, der immer wiederzukehren schien. Hier hatte sich Layla schon oft aufgehalten.
    Er hob eine Hand und führte Laylas Bewusstsein tiefer in den Schlaf, außer Reichweite der Erinnerung.
    Derselbe Geist, derselbe Wille wie bei Kathleen. Und nun auch noch dieselbe Fähigkeit, durch den Schleier ins Schattenreich zu blicken. Zumindest einmal. Und er hatte geglaubt, dass das Schattenreich für sie eine Entdeckung war. Tief in ihrem Inneren hatte sie es die ganze Zeit bereits gekannt. Natürlich. Sie und Kathleen besaßen dieselbe Seele.
    Doch während Kathleen im Schattenreich Märchen gesehen hatte, durchlebte Layla dort Albträume. Seine Schuld. Wer hinter den Schleier blicken konnte, zog häufig die Aufmerksamkeit der Schattenwesen an, die es lustig fanden, die Sterblichen in den Wahnsinn zu treiben. Wäre er in den Zwielichtlanden seiner Pflicht nachgekommen, hätte er sie bestimmt gefunden. Er hätte diesem Kind Einsamkeit und Schmerz ersparen können.
    Stattdessen hatte sie es allein geschafft und ihn gefunden.

8
    »Bis gleich«, sagte Talia.
    Layla legte den Hörer auf. In einer halben Stunde hatte sie eine Verabredung in der Bibliothek im

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