Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)
Mutter. Webteppiche vertrieben die Kälte von den polierten Fußböden. Die Besitzerin, Grace, war eine Frau ganz nach ihrem Geschmack.
»Wie geht es Ihrer Hand heute morgen?«, fragte Grace, als Rose herunterkam und dem Duft ins Esszimmer folgte.
Rose blickte auf den Verband. Seit ihre Hand in die Länge und in die Breite wuchs, schienen die Proportionen nicht mehr zu stimmen. Zudem hatte sich der gelbliche Farbton ihrer Haut in ein unansehnliches Grün verwandelt.
Wie ärgerlich, dass Grace es erwähnte.
»Gut«, antwortete Rose und näherte sich dem Tisch. Der Spitzenläufer hatte diversem Geschirr Platz gemacht. Bei der köstlichen Mischung aus würzigen und süßen Gerüchen schwindelte ihr. »Das sieht wunderbar aus.«
Rose versuchte, sich nicht über die Gedanken der Frau zu ärgern: Frag sie einfach. Sie muss damit rechnen.
Grace lächelte. »Warten Sie, bis Sie die Blaubeerpfannkuchen probiert haben. Die wärmen Sie für den Rest des Tages. Aber wie wäre es, wenn wir eben abrechnen, bevor wir anfangen? Ich erledige das rasch. Dann haben wir das hinter uns und können unbeschwert das Essen genießen.«
Und dann lobte die Frau sich auch noch selbst: Na, das war doch nicht unfreundlich.
Rose blickte auf die dampfenden Pfannkuchen. Sie besaß kein Geld. Nicht einmal eine Kreditkarte. Sie war seit zwölf Jahren tot, und früher hatte Mickey alles bezahlt.
»Ich hätte das eigentlich gestern Abend erledigt, aber Sie sind so spät gekommen und wirkten so müde«, sagte Grace und dachte bei sich: Lass sie nicht entwischen .
Entwischen ? Roses böse Hand juckte und schmerzte, auf einmal saß der Verband zu straff.
Sie zeigte ihre Grübchen. »Ich habe meine Tasche nicht bei mir. Ich kümmere mich darum, sobald ich wieder herunterkomme.«
Nein. Du machst dich aus dem Staub .
Grace legte eine Hand auf die Lehne von Roses Stuhl, so dass sie ihn nicht unter dem Tisch hervorziehen konnte. »Gestern Abend hatten Sie Ihre Tasche auch nicht bei sich.«
Ein roter Schleier legte sich über Roses Augen. Sie wollte Grace unbedingt etwas antun. Ihre Hand brannte und ihre Ohren pochten. Doch das Tor hatte sie vor weiterem Blutvergießen gewarnt, selbst wenn es berechtigt war. Man konnte und würde sie dafür belangen.
Unangenehm. Das Essen wurde kalt. Ihr Magen knurrte.
»Wie wäre es, wenn Sie rasch nach oben liefen und Ihr Portemonnaie holten?«
»Wie wäre es, wenn Sie sich eine Gabel in Ihr Auge stechen?«, zischte Rose.
Und genau das tat Grace. Rose erlitt einen Schock. Damit hatte sie nicht gerechnet. Dunkle Flüssigkeit, gemischt mit Blut, spritzte aus dem Auge hervor und rann über die Wangen ihrer Gastgeberin. Mit zitternder Hand hielt Grace immer noch die Gabel, mit der anderen Hand bedeckte sie das verletzte Auge. Zähflüssiges Blut sickerte durch ihre Finger.
Gegen das darauffolgende Schreien knüllte Rose eine Leinenserviette zusammen und stopfte sie Grace in den Mund. Leider setzten sich die Schreie in Graces Kopf fort.
Hilfe, bitte, oh Gott, oh, Gott, oh Gott, zieh sie raus! Oh Gott, Krankenhaus, Hilfe, Hilfe … !
Rose drängte Grace in die Küche, schlug die Tür zu, schob einen Stuhl unter die Klinke und nahm sich etwas zum Frühstücken auf die Hand mit. Sie trug einen klassischen königsblauen Wollmantel von Grace und hatte deren Portemonnaie in der Tasche.
Die alte Dame in dem Antiquitätengeschäft war schwerer zu bewegen, doch nach ein paar eindrucksvollen Vorschlägen, reichte sie ihr das Geld aus der Registrierkasse und tanzte nackt wie ein Affe durch den Laden.
Es gab wirklich nichts, was Rose nicht konnte.
9
»Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht?«, zischte Adam Zoe leise zu, während er das Magazin aus der Waffe entfernte. Er bedeutete den anrückenden Soldaten umzudrehen, woraufhin sie sofort den Rückzug antraten.
»Das ist meine Schuld.« Auch Layla sprach im Flüsterton. Niemand wollte Abigail stören. »Und meine Waffe. Ich habe Zoe gezeigt, wie sie funktioniert.«
»Sei still«, fauchte Zoe. Trotzig hob sie das Kinn und wandte sich an Adam. »Es ist meine Sache, ob ich eine Waffe habe.«
»Nicht in Segue. Nein.« Er steckte den Lauf hinten in seinen Hosenbund. »Du hättest Ms. Mathews beinahe umgebracht.«
Layla winkte ab. »Aber ich lebe noch.«
Adam beachtete sie nicht. »Solange die Geister uns belagern, kann ich mich nicht um innere Angelegenheiten kümmern.«
»Gib mir die Waffe, dann musst du dir keine Sorgen mehr um mich machen.« Zoe grinste schief
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