Zwillingsblut (German Edition)
Boot entlang des Ufers zu huschen und zu warten, bis die Vampirin das Boot wieder verließ.
»Notre-Dame«
Natürlich! Kein Tourist lässt sich »Notre-Dame« entgehen
. Edward seufzte. Hätte er gewusst, was sie vorhatte, hätte er sich noch einen Städteplan gekauft, um die einzelnen Punkte abzuhaken und zu sehen, wie viele Ausflugsziele noch kamen.
Als sein Geschöpf die drei Portale der Westfassade betrachtete, versuchte er sich zu erinnern wie »Notre-Dame« früher ausgesehen hatte. Einst als Jupiter-tempel, dann als kleine christliche Kirche. Aber es war ihm nicht möglich, zu sehr überlagerten die Portale seine Erinnerung. Er wusste nur noch, dass sie damals farbig gewesen und das »Jüngste Gericht« am Mittelportal noch eindrucksvoller waren.
Er folgte dem Engel unbemerkt, um mit ihr und der nächste Metro nach »Abbesses« zu fahren. Seine kurze Hoffnung, dass sie sich endlich auf ihre Aufgabe besann, wurde zerstört als sie die falsche Richtung einschlug. Oder die richtige,denn der Engel war auf den Weg zum Wahrzeichen Montmartres, »Sacré-Coeur«. Missmutig verschmolz Edward mit den Schatten und folgte ihr. Dieses Mal ärgerte er sich noch mehr über die Fotos, denn das Mädchen bat einige Passanten, sie zusammen mit der weißen Kirche zu fotografieren.
Weiß sie denn nicht, dass Vampire nicht fotografiert werden können?
, dachte Edward, während er zusehen musste, wie sein Engel mit einem Sterblichen flirtete und mit der Kamera kokettierte.
Schließlich ging sie weiter nach oben. Edward blieb stehen. Weit würde sie ohnehin nicht mehr kommen. Bei einem Gebäude in das so viel Glaube gesteckt worden war und noch wurde, konnte kein Vampir der Welt näher als wenige Meter heran.
Sein Geschöpf verschwand kurz aus seinem Blickfeld, kam aber nahezu sofort mit einem verärgerten Gesichtsausdruck zurück.
Hat sie es auch endlich gemerkt?!
Edward, der sich kurz auf die niedrige weiße Mauer gesetzt hatte, stand auf, um ihr zu folgen. – Und verharrte mitten in der Bewegung. Sie hatte die Kirche betreten!
Ungläubig starrte Edward auf die Pforte, hinter der die Vampirin verschwunden war und wartete. Nichts geschah! Langsam setzte er sich in Bewegung und stieg die letzten Treppen nach oben. Nichts geschah. Kein unsichtbarer Widerstand wie er ihn schon so oft gespürt hatte, wenn er sich Gebäuden des Glaubens genähert hatte, hielt ihn auf. Ungehindert betrat er die Kirche und entdeckte sein Geschöpf nahezu zeitgleich. Bei ihrem Anblick – sie schien direkt einem der Engelsgemälde entsprungen zu sein – und ihrer unschuldigen Faszination mit denen sie das religiöse Inventar betrachtete, stieg heißkalte Wut in ihm auf.
Ist das ihre neue Art, Selbstmord zu begehen?!
Fluchtartig verließ er die Kirche, sich nicht sicher, ob er sonst nicht etwas Dummes tun würde. Er war sich sicher, dass kein anderer Vampir ihr in einer Kirche etwas zuleide tun würde.
Geschweige denn, ihr folgen!
Bevor er dazu kam, sich wieder in den Schatten zu setzen, sah er etwas, was ihm für einen Moment die Sprache verschlug und ihn wegsehen ließ.
Als er mit seinem Blick wieder den Ort betrachtete, an dem er Sekunden zuvor das Liebespaar gesehen hatte, war es verschwunden. Verwirrt stand Edward auf und hatte die Treppen hinter sich gebracht, bevor er einen klaren Gedanken fassen konnte. Er bog in die »Rue de Montmartre« ab.
»Magnus!« Seine Stimme hob sich über den Lärm der Touristen und ließ seinen Freund anhalten.
Die Frau an seiner Seite blickte sich ebenfalls suchend um, konnte Edward aber in der Menge nicht als den Rufer ausfindig machen. Erst als ihm Magnus ein Zeichen gab, trat Edward zu dem Paar.
»Edward, mein Junge! Welch faszinierender Zufall!« Magnus reichte ihm die Hand. Edward schüttelte sie, jedoch ohne seinen Blick von der Frau abzuwenden.
Der Magnus und eine Frau!
Eine sterbliche Frau um die fünfzig Jahre, bildhübsch mit munteren braunen Augen, ihr Gesicht strahlend vor Lebensfreude und Liebe, doch ihr Körper war bereits im Verfall begriffen.
»Darf ich dir Elisabeth vorstellen?«, stellte Magnus die Frau vor und Edward begriff, dass sie etwas Besonderes war, noch bevor Magnus hinzufügte: »Meine Frau!«
»Sehr erfreut, Edward!«, Elisabeth reichte ihm ihre schmale Hand. Sie zitterte leicht und Edward begriff wieso, als sie hinzufügte. »Es freut mich, den Magistraten kennen zu lernen, von dem mein Mann bisher nur das Beste erzählt hat.«
Edward warf dem Magnus einen ungläubigen
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