Zwillingsblut (German Edition)
Edward. Bei dem Gedanken an Magnus’ makaberen Plan, der allerdings bisher eine gelungene Wirkung zeigte, schauderte ihm.
Sie glaubte sich sicher vor dem Magistraten und spürte nicht, dass er nur wenige Meter entfernt zu ihr hinüber sah. Wieder lief sie am Fenster vorbei und Edward erhaschte einen Blick auf ihre blonde Mähne, die sie nachlässig zu einer Lockenpracht hochgesteckt hatte.
Sie sah in dunkelblauer Jeans –
Hosen für Frauen sollten verboten werden!
– und einer schwarzen Bluse mit Rüschen bezaubernd aus. Die Kombination wirkte verspielt und betonte ihre Jugend.
Sofia ließ sich wieder auf dem Sofa nieder und nippte an dem tröstlich warmen Tee, nachdem sie das Fenster zum Balkon geöffnet hatte. Hinter ihr bauschten sich die langen Vorhänge luftig auf und der kalte Wind begann Geschichten vom nahenden Winter zu erzählen. Trotzdem gelang es ihr nicht zur Ruhe zu kommen und sich heimisch zu fühlen.
Sie hielt sich in der Wohnung einer Fremden auf. Die Räume waren kalt und leer, sie selber einsam. Sie fühlte sich gefangen von ihrem alten Leben, während sie von Raum zu Raum pilgerte. Selbst der Tee schmeckte fade und diente nur dazu, den Durst zu stillen und das Verlangen nach Blut hinauszuzögern.
Sobald Sofia die Augen schloss oder entspannte, kam das Pandämonium zurück: Gerüche nach Sex und Leidenschaft, vor Verlangen verzehrte Gesichter,Schrei und Rufe in Sprachen und Dialekten die sie nicht kannte und die vielleicht bereits seit Jahrhunderten tot waren, ebenso wie die Sprecher. Der Kampf war für sie unerwartet gekommen. In einem Moment machten die Vampire ihr den Hof – im nächsten stürzten sie sich auf sie und versuchten ihrer habhaft zu werden. Auf einmal waren es zu viele, in der Masse zu stark, zu schnell – und überall.
Hätte Joel nicht eingegriffen und der andere, der alte Vampir mit der dunklen Hautfarbe, hätten die Vampire sie in ihrer Gier in Stücke gerissen.
Edward hatte traurigerweise recht behalten: Wenn sie keinen männlichen Vampir zur Seite stehen hatte, war sie Freiwild.
Warum ist er dann nicht mit dir gegangen?
»Verlangen alleine reichte wohl nicht!«, hörte Edward sein Geschöpf leise murmeln und sah, wie sie ein Fotoalbum aus dem Regal nahm, um sich abzulenken.
Als er ihren Gesichtsausdruck sah, verfluchte er sie im Stillen für ihre Melancholie. Sicher sah sie sich gerade Bilder von glücklichen Tagen an.
Eine einzelne Träne in ihrem Augenwinkel blitzte im Licht und – als wolle sie Edward bestrafen – rollte sie sehr langsam hinab. Als der Tropfen an Sofias Mundwinkel hängen blieb, lenkte er Edwards Blick auf die perfekten, sinnlichen Lippen und gequält schloss der Vampir die Augen. Erst als er das entschlossene Zuschlagen des Fotoalbums hörte, öffnete er die Augen. Nur um zu sehen, dass sich die Vampirin zu einem Ball des Kummers zusammengehockt hatte und gegen den Kummer ankämpfte.
Hat sie denn niemanden, der sich um sie kümmert?
Wütend presste er die Lippen zusammen, weil es so offensichtlich war. Sie war allein. Wahrscheinlich hatte sie nur ihre Schwester gehabt – und die hatte sie ja getötet.
So ein unfaires Spiel vom Magnus! Die Lebensüberdrüssige durfte leben, die andere musste sterben, ein Opfer für die Rachsucht!
Der Gedanke beruhigte sein Gewissen nicht im Geringsten.
Entschlossen machte Sofia das Licht aus und zwang sich dazu, bewusst zu atmen und in die Nacht zu lauschen. Sie aktivierte all ihre Sinne und konzentrierte sich auf die Geräusche, die sie hören konnte. Nur um sich abzulenken und sich daran zu erinnern, dass es auch Leben auf dieser Welt gab – und Menschen, die mehr Glück hatten als sie. Als sie die Geräusche in der Wohnung unter ihr einem Geschehen zuordnen konnte, keuchte sie.
»Aber so glücklich muss nun wirklich nicht sein!« Sie versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Doch ihre Sinne schalteten immer wieder automatisch zurück. Nach einigen Minuten ergab sich Sofia ihrem Schicksal und schloss die Augen. Sie konnte nahezu körperlich fühlen, wie ihr Nachbar die Zunge in seineGeliebte senkte, und als sie sich noch mehr konzentrierte, konnte sie sogar die vaginale Feuchtigkeit der Frau riechen. Das genussvolle Stöhnen der Unbekannten prickelte auf Sofias Haut, kitzelte ihre Sinne und weckte ihren Instinkt. Der Nachbar leckte seine Freundin rhythmisch, bohrte seine Zunge zwischen ihre Schamlippen und Sofia konnte spüren, wie sich die junge Frau unter ihm wandte, konnte die Geräusche
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