Zwillingsblut (German Edition)
aufgebracht. So aufgebracht, wie Edward sie noch nie gehört hatte. »Woher soll sie überhaupt irgendetwas wissen?«
Edward schwieg, ob der Anklage.
»Und du hast sie ins offene Messer laufen lassen!«
Jeder wusste, dass sich auf dem »Cimetiére de Montmartre« ausschließlich die jungen Vampire trafen. Selbst Edward waren die Exzesse zu Ohren gekommen, doch die Königin duldete die Ausschweifungen und die Sexorgien mit Sterblichen, die ab und zu in einem Blutbad endeten.
Die Beunruhigung in Edwards Körper wurde bohrend, gleißte als helle Schlieren hinter seinen Augenlidern und nagte sich durch seine Gliedmaßen.
Sie kann nicht tot sein, sie kann nicht
…! Trotzdem musste er die Frage laut stellen: »Ist sie …«
»Sie ist entkommen!«, muffelte Joel, obwohl er Edward gerne noch in Ungewissheit versauern lassen wollte. Edwards Erleichterung war greifbar.
»Was ist passiert?«
»Außer, dass du ein verfluchter Idiot bist?!«
»Außer, dass ich ein verfluchter Idiot bin!«, gestand Edward, den seine Sorge um das Mädchen überraschte. Wenn er bloß daran dachte: Ihr blondes Haar blutverklebt, ihre makellose Haut … verdrehte Arme und Beine … Ihn schauderte.
»Na, immerhin ist er einsichtig!« Hasdrubals Stimme direkt hinter ihm erschreckte Edward. Hasdrubal war kein Freund, Hasdrubal war niemandes Freund. Ob er sich an die Gesetze hielt, war ein Geheimnis zwischen ihm und der Königin.
Joel deutete Edwards wütenden Gesichtsausdruck und seine geballten Hände richtig. »Hätte Hasdrubal mir nicht geholfen, hätte sie keine Chance gehabt!«, betonte er und legte seinem Freund die Hand auf die Schulter. »Sie wäre NICHT entkommen!«
Edward entspannte sich langsam, blieb aber wachsam als er sich zu dem anderen Vampir umdrehte.
Leise hörte er Joels Stimme, während er Hasdrubal mit Blicken maß. »Sie habenihr Geld geboten, Sicherheit und Sex. Edward, sie wollten sie weil sie eine Frau ist. – Eine schöne Vampirin. – Sie haben begonnen, um sie zu kämpfen.«
»Ein paar wollten ihre Ketten benutzen«, fügte Hasdrubal betont gleichgültig hinzu und genoss Edwards Gesichtsausdruck.
»Hätte Hasdrubal mir nicht geholfen…!« Joel vollendete den Satz nicht und überließ den Rest Edwards Fantasie.
»Wieso hast du meinem Geschöpf geholfen?«, fragte Edward und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr es ihn störte, dass Hasdrubal in die Angelegenheit involviert war. Auf keinen Fall durfte er wissen, dass Melanie ihm etwas bedeutete!
»Geschöpf?!« Hasdrubal schüttelte den Kopf. »Du benimmst dich wirklich schäbig, mein Magistrat, du benimmst dich schäbig. Ich verstehe dich nicht.«
Edward war überrascht, dass Hasdrubal seine Magistratur über sich anerkannte. »Du kennst den Grund.«
»Ja, beinahe ebenso gut, wie du oder der Magnus.«
»Dann weißt du, wieso ich es tue.«
»Nein, ich sehe nur, dass du zu feige bist, den anderen Weg zu gehen.«
»Den anderen Weg?«
»Erinnere dich an den Fluch!«
Edward erinnerte sich nur zu gut, es gab keine Sekunde, in der ihn Mornas Worte nicht verfolgten. Aber die Alternative zu seinem Tod war zu unsicher. »Wie kann ich diesen Weg auch nur in Betracht ziehen? Sie liebt ja nicht einmal ihr Leben!«
»Wenn du das glaubst, bist du ein größerer Narr, als ich bisher dachte«, meinte Hasdrubal.
»Woher willst du das wissen, oh allmächtiger Hasdrubal?« Edwards Worte trieften vor Hohn, doch Hasdrubal ließ sich nicht provozieren.
»Weil ich bereits geliebt habe, als deine Großmutter Sternenlicht im Auge der Zukunft gewesen ist, mein Freund.«
Edward schwieg.
»Weißt du, dass ich in all den Jahren noch nie in Rom gewesen bin?«, erkundigte sich Hasdrubal und seine Freundlichkeit zitterte nur ein winziges bisschen.
Und ich nie in Karthago
, lag auf Edwards Zunge, doch er wandelte es in ein: »Kann ich mir vorstellen!«, um.
»Aber es ist etwas, was ich ändern werde. Wenn du sie nicht wertschätzt, ich kenne eine Menge Vampire, die es tun würden.«
»Lass Melanie in Ruhe.«
»Melanie?« Hasdrubal grinste süffisant und überraschte Edward mit einem wahren Versprechen: »Ich verspreche dir, ich werde Melanie in Ruhe lassen!«
15
Während Sofia schlief hatte Edward ihr Blut gerufen und war dem Ruf nach Deutschland, ins Ruhrgebiet, gefolgt, wo er seinen Engel kurz nach Anbruch der Dunkelheit wieder gefunden hatte.
Überraschenderweise nicht in ihrer eigenen Wohnung.
Wahrscheinlich die Wohnung ihrer toten Schwester
, dachte
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