Zwillingsbrut
gleiten. Fotos von Shelly Bonaventure, Jocelyn Wallis und Elle Alexander starrten Maribelle entgegen.
»Was ist das?«
»Fällt dir etwas auf, Mom? Diese Frauen sehen sich alle ähnlich, und zwar so sehr, dass sie Schwestern sein könnten.«
»Aha?«
»Sie sind alle tot. Letzte Woche bei verschiedenen Unfällen ums Leben gekommen.«
Ihre Mutter erblasste und griff nach ihrem Weinglas.
»Sie ähneln auch mir, Mom. Und jetzt behaupte bitte nicht, das könntest du nicht sehen. Außerdem ist da noch diese Frau.« Sie zog eine Broschüre vom Fit Forever aus der Tasche, die bereits auf der entsprechenden Seite aufgeschlagen war, und legte sie neben die Fotos der drei Frauen. »Sie ist Fitnesstrainerin, und noch ist sie quicklebendig.«
»Worauf willst du hinaus?«
Kacey blickte ihre Mutter durchdringend an. »Ich denke, das Ganze ist kein Zufall; zudem habe ich Nachforschungen angestellt. Drei der Frauen wurden im Valley Hospital geboren, hier in Helena. Genau wie ich. Bei Elle bin ich mir nicht sicher. Ihre Herkunft ist ein wenig undurchsichtig, und unglücklicherweise weilt sie nicht mehr unter uns und kann uns daher keine Auskunft geben. Sie hat behauptet, sie habe ihr ganzes Leben in Idaho verbracht, aber trotzdem …«
»Ich verstehe einfach nicht, was du mir sagen willst. Du glaubst also, Frauen, die aussehen wie du, werden umgebracht?«
»Frauen, die aussehen wie ich und in
demselben verfluchten Krankenhaus
auf die Welt gekommen sind.« Ihr Magen spielte verrückt, aber sie musste herausfinden, was dahintersteckte, und Maribelle wirkte definitiv besorgt.
»Viele Leute haben eine gewisse Ähnlichkeit miteinander.«
»Ich weiß. Zunächst war ich auch bereit, das Ganze so abzutun – aber das Krankenhaus, Mom! Was werde ich herausfinden, wenn ich dorthin fahre?«
»Ich habe keine Ahnung. Vermutlich nichts.«
»Was würde ich herausfinden, wenn ich eine DNS -Probe von mir mit DNS -Proben der anderen Frauen vergleichen ließe?«
»Wie bitte?«
Kacey antwortete nicht; das war nicht nötig. Sie sah, wie sich die Augen ihrer Mutter veränderten, als diese merkte, dass ihre Tochter nicht bluffte. Ihre schmalen Schultern fielen herab. Plötzlich sah Maribelle so alt aus, wie sie war.
»Allmächtiger.« Händeringend wandte sie den Blick ab und schaute aus dem Fenster. Draußen brach schon die Nacht herein.
»Ich möchte, dass du mir erzählst, was ich nicht weiß«, drängte Kacey.
Maribelle schüttelte bedächtig den Kopf. »Ich hatte befürchtet, dass dieser Tag kommen würde.«
»Warum?«
Ihre Mutter schloss die Augen und stieß einen zittrigen Seufzer aus, doch Kacey war sich nicht sicher, ob er nur gespielt war oder von Herzen kam.
Nun, wer konnte das bei Maribelle Collins schon sagen?
»Ich hatte gehofft, dieses Geständnis niemals machen zu müssen«, fing sie an.
Kacey biss die Zähne zusammen und wartete. Am liebsten hätte sie ihre Mutter geschüttelt, die jedes einzelne Wort nur zögerlich über die Lippen brachte.
»Stanley ist nicht – war nicht – dein richtiger Vater. Das hättest du bei einer DNS -Analyse herausgefunden.«
»Du meinst, er war nicht mein leiblicher Vater«, stellte Kacey mit pochendem Herzen klar.
»Ja.« Maribelle war aufgestanden. Der Wein in ihrem Glas schwappte gefährlich nah an den Rand. »Niemand wusste das, nicht einmal Stanley, zumindest nicht am Anfang.« Sie sah ihre Tochter vorwurfsvoll an, als wäre das alles Kaceys Schuld.
»Warum hast du mir das nie gesagt?«
»Weil es Stanley umgebracht hätte«, sagte Maribelle. Offenbar schien sie ihre Tochter für begriffsstutzig zu halten. »Als du ungefähr sieben warst und es offensichtlich wurde, dass du niemandem aus seiner Familie ähnlich sahst, begann er misstrauisch zu werden, und wir hatten einen Riesenstreit. Er hat mir mit einem Vaterschaftstest gedroht, deshalb habe ich es ihm erzählt. Von dem Augenblick an war unsere Ehe – oder vielmehr das, was davon übrig geblieben war – eine Farce.«
Es dröhnte in Kaceys Ohren.
»Wir sind deinetwegen zusammengeblieben. Er hat dich geliebt«, sagte Maribelle mit einer Spur von Bedauern in der Stimme. »Es war ihm gleich, dass du nicht sein eigen Fleisch und Blut warst. Du warst sein kleines Mädchen.« Sie räusperte sich und sah wieder zum Fenster. »Wir konnten uns nicht scheiden lassen … das stand außer Frage … Es war nicht mal möglich, dass wir uns trennten.« Sie schüttelte den Kopf. »Damals waren die Dinge anders in einer Stadt
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