Zwillingsbrut
wenig wie Noreen und ihre Brut.«
»Seine Frau heißt also Noreen, und mit ›Brut‹ sind seine Kinder gemeint?«
Halbbrüder und -schwestern. Das fehlende Puzzleteil. Als Einzelkind hatte sie immer von einer großen Familie geträumt mit genügend Geschwistern zum Spielen – Basketball, Brettspiele oder Karten, vielleicht auch Videospiele …
»Wie viele hat er denn?«
»Kinder?« Maribelle blickte auf und sah ihrer Tochter in die Augen. »Fünf, soweit ich weiß. Nein, einmal haben sie Zwillinge bekommen, also sechs. Oder waren es sieben? Ich kann mich nicht mehr erinnern.« Ihre Augen schweiften durchs Wohnzimmer und blieben am Sofatisch hängen, auf dem noch immer die Fotos lagen, die Kacey mitgebracht hatte. »Nun, es könnten auch mehr sein.«
Das war die Untertreibung des Jahres. »Vermutlich sogar viel mehr«, murmelte Kacey.
Wer war dieser Kerl? Ein Arzt, der keinen Wert auf Verhütung legte, niemals ein Kondom benutzte und eine ganze Reihe von Liebschaften hatte? Die Frauen auf den Fotos waren alle ungefähr in ihrem Alter, plus/minus ein paar Jahre. Der Casanova von Montana? Nein, da stimmte etwas nicht.
Vielleicht wurden die Frauen deswegen umgebracht?
»Ich muss ihn kennenlernen«, wiederholte sie.
»Nein!« Maribelle glitt das Glas aus den Händen. Es zerschellte auf dem Granittresen, Rotwein spritzte auf ihren goldenen Pullover, Scherben fielen klirrend zu Boden. »O sieh nur, was du angerichtet hast! Der Pullover hat ein Vermögen gekostet!«, jammerte sie und eilte ins Schlafzimmer. Automatisch fing Kacey an, das Chaos zu beseitigen.
Ein Chaos, das weit tiefer reichte als verschütteter Wein und zerbrochenes Kristall.
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Kapitel 23
E r hätte ihre Mutter umbringen sollen.
Das war sein Fehler gewesen.
Genau das wurde ihm klar, während er mit seinem Pick-up vor der Rolling-Hills-Seniorenresidenz stand. Er hatte darauf vertraut, dass Maribelle Collins alles tun würde, um ihr Geheimnis unter Verschluss zu halten, doch als er jetzt Acacia durch die Tore fahren sah, fragte er sich, was sie wusste, welchen Schaden sie anrichten konnte.
Großen Schaden. Zu groß.
Damit hätte er rechnen, einen solchen Fall vorhersehen müssen. War es schon zu spät?
Vielleicht.
Die alte Schachtel musste zum Schweigen gebracht werden.
Das dürfte nicht allzu schwer sein; soweit er wusste, hatte sie Schwierigkeiten mit dem Herzen, weshalb sie Nitroglycerin-Tabletten nahm …
Doch im Augenblick hatte er keine Zeit für sie.
Er musste in Erfahrung bringen, was ihre verfluchte Tochter herausgefunden hatte. Sollte sie die Wahrheit kennen, würde er sie aufhalten müssen, bevor sie irgendwelche Schritte unternahm, die seine Mission gefährden könnten. Er warf einen letzten Blick über die Schulter zu den noch immer offen stehenden Toren zum Gelände der Seniorenresidenz und schwor sich wiederzukommen.
Seine Narbe pulsierte, als er nach seiner Skimaske griff und sie über den Kopf zog. Dann ließ er den Motor an und fuhr aus der Parklücke.
Die Rücklichter von Acacias Ford Edge waren weit vor ihm, doch er hatte keine Sorge, sie aus den Augen zu verlieren. Die magnetische, spritzwassergeschützte GPS -Vorrichtung, die er über ihrem Hinterrad angebracht hatte, würde vor dem nächsten Reifenwechsel nicht entdeckt werden, und vermutlich nicht mal dann.
Und dann wäre es schon zu spät.
Er stellte den kleinen Monitor an und sah, dass sie auf den Highway Richtung Westen bog, nach Grizzly Falls. Genau wie erwartet.
Etwas entspannter begann er, ihr in einem sicheren Abstand hinterherzufahren. Als er in den Rückspiegel schaute, bemerkte er ein Fahrzeug, das plötzlich die Scheinwerfer anstellte und aus einer Zufahrt auf die Straße rollte. Ein ungutes Gefühl überkam ihn.
Das hat nichts zu bedeuten! Nur ein weiterer Wagen, keine große Sache.
Trotzdem warf er immer wieder einen Blick auf die Scheinwerfer hinter ihm; irgendein Sportwagen, nahm er an, der ihm in gleichmäßigem Abstand folgte. Andere Fahrzeuge schoben sich zwischen sie, doch der Sportwagen blieb hinter ihm, ohne direkt aufzuschließen, auch vor der einzigen Ampel nicht.
Jemand fährt in dieselbe Richtung wie du. Mehr nicht.
Trotzdem hatte er ausgerechnet jetzt das Gefühl,
er
würde beobachtet,
er
wäre die Beute und nicht der Jäger.
Selbst wenn der Wagen ebenfalls auf den Highway nach Westen fährt, ist das Zufall. Reiner Zufall. Jemand, der nach Missoula oder in die Gegend dahinter möchte.
Entspann dich!
Doch seine Finger
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