Zwillingsbrut
bestimmt interessant.«
»Das denke ich auch«, stimmte Cameron zu.
Kacey stand auf. »Alles, was ich wollte, war eine Bestätigung, denke ich. Ich wollte ein bisschen mehr über mich selbst erfahren und euch über die mysteriösen Todesfälle und die mögliche Verbindung zu eurer Familie in Kenntnis setzen.«
»Was nicht mehr ist als eine Theorie«, versetzte Robert.
Sie wandte sich ihm zu, demjenigen ihrer Halbgeschwister, der ihr am ähnlichsten war – ebenfalls ein Außenseiter, nicht wirklich Teil der Familie. »Ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen. Anders als du mir unterstellst, habe ich tatsächlich ein Leben. Mein eigenes Leben, das mir sehr gut gefällt. Genauso soll es bleiben.«
Sie wollte gerade gehen, als es klopfte und die Tür aufging. Ein großer Mann, vermutlich über eins neunzig, steckte den Kopf herein. Er war attraktiv mit seinen markanten Gesichtszügen und den knallblauen Augen, die er durch das Sitzungszimmer schweifen ließ, bis sie auf Clarissa liegen blieben.
»Ich dachte, wir würden uns heute Nachmittag mit dem Bauleiter treffen«, sagte er, offensichtlich verstimmt.
»Familiennotfall.« Clarissa hatte die Lippen zusammengepresst, doch sie sammelte bereits ihre Sachen zusammen und schloss den Reißverschluss ihrer Laptoptasche.
»Es dauert nur noch eine Minute, Lance«, sagte Gerald.
Lance?
Der Ehemann, den Clarissa »in Stücke schneiden« würde, sollte sie ihn je bei einem Seitensprung erwischen? Vorzugsweise mit einem
Buttermesser?
Das wäre wahrhaftig eine Meisterleistung, dachte Kacey, zumal der Kerl stahlhart aussah. Wie jemand, der Bogenschießen und Felsklettern als Hobby hatte und nur so zum Spaß an Ironman-Wettkämpfen teilnahm. An seinem kräftigen Körper saß nicht ein Gramm Fett, und »lächeln« war offenbar ein Fremdwort für ihn.
Kacey ging zur Garderobe des Sitzungszimmers, wo sie ihren Mantel aufgehängt hatte. »Ich bin fertig«, sagte sie zu niemand Speziellem und fuhr in die Ärmel. »Ihr könnt die Fotos behalten.« Lance, der sie fragend anblickte, gab die Tür frei, und sie marschierte an ihm vorbei und durch das Labyrinth von Gängen, welche die Räume und Gebäude von Gerald Johnsons Imperium miteinander verbanden.
Es war doch bloß eine ganz normale Firma, dachte sie, aber ihre Geschwister hatten sich aufgeführt, als handelte es sich um das Heilige Römische Reich und nicht um die G. Johnson GmbH.
Kacey fühlte sich erschöpft. Sie hatte heute nicht wirklich etwas erreicht, außer dass Gerald und seine Kinder für sie jetzt nicht mehr nur zweidimensionale Fotos im Internet waren, sondern reale Menschen, von denen sie jetzt einen persönlichen Eindruck hatte, auch wenn der nicht unbedingt positiv war.
Doch zumindest kannten sie sie nun und wussten von ihrem Vorhaben. Sie hatte sie gewarnt, auch wenn sie sich nicht sicher war, ob auch sie im Visier des Killers standen. Kurz hatte sie sich gefragt, ob einer von ihnen ihr Haus verwanzt haben oder sogar der Mörder sein könne, aber das erschien ihr doch zu weit hergeholt. Auch wenn Gerald Johnson der Kern des Rätsels war.
»Was hattest du erwartet?«, fragte sie sich, als sie den Fußweg zu ihrem Wagen entlangging. Ihre Stiefel versanken in zentimetertiefem Neuschnee. Hatte sie wirklich geglaubt, sie würde mit offenen Armen empfangen werden? Oder dass sie unter Gerald Johnsons ehelichen Kindern eines herauspicken könnte, das sie für durchgeknallt genug hielt, um es der Morde zu verdächtigen?
Konnte tatsächlich ein Mörder unter ihnen sein? Oder standen die Personen, die sie im Sitzungszimmer zurückgelassen hatte, selbst auf der Liste?
Sie kletterte in ihren SUV und setzte rückwärts aus der Parklücke. Ein paar Minuten später rief sie Detective Alvarez an und hinterließ ihr die Nachricht, dass sie auf dem Heimweg sei. Dann wählte sie Trace’ Nummer, teilte ihm dasselbe mit und erkundigte sich nach Eli. Trace sagte, er würde noch husten und fühle sich ein wenig schwach, aber es gehe definitiv bergauf. Die Nachbarin war gekommen und »leistete dem Jungen Gesellschaft«, während Trace die täglichen Arbeiten auf der Ranch erledigte. Als Kacey sicher war, dass es Eli besserging, berichtete sie ihm, wo sie gewesen war und wen sie getroffen hatte.
Als sie geendet hatte, sagte Trace: »Ich wünschte, du hättest mir erzählt, wo du hinfährst. Klingt wie ein Schlangennest.«
»Vipern«, korrigierte sie ihn, und er kicherte. Sie spürte, wie ihr warm wurde. »Ich musste ihn einfach
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