Zwillingsbrut
Mann war, muss er ganz schön rumgekommen sein.«
»Was bedeutet, dass er über Geld und Freizeit verfügt.«
Sie sahen einander an. »Eines von Gerald Johnsons Kindern?«, fragte Pescoli. »Clarissa, Judd, Thane oder die Zwillinge?«
»Die mysteriösen Unfälle häufen sich seit etwa fünfzehn Jahren. Damals waren die Johnson-Zwillinge Cameron und Colt zweiundzwanzig und gerade mit dem College fertig.«
»Um danach auf Daddys Gehaltsliste zu kommen?«, dachte Alvarez laut. »Aber warum? Und woher sollte derjenige – um wen auch immer es sich handeln mag – wissen, wo die Töchter von Samenspender 727 zu finden waren?« Sie schnitt eine Grimasse. »Vielleicht hat der Mörder während seines Studiums in der Klinik gearbeitet und ist auf diese Weise an die nötigen Informationen gekommen.«
»Möglich. Vielleicht hat er sie sogar gekauft, als sich herausstellte, dass der gute alte Dad sein Geld einst als Samenspender verdient hatte – nach dem Motto: ›Alles hat seinen Preis.‹ Oder er ist auf illegale Art und Weise drangekommen.« Pescoli dachte an ihren eigenen Sohn und seine Faszination für das Internet. Sie machte sich Sorgen, dass er zu viele Computerspiele spielte oder sich womöglich sogar Pornos herunterlud, aber was war, wenn er sich in irgendwelche privaten Dateien einhackte? »Was glaubst du? Ob es in Johnsons Familie wohl einen Computerfreak gibt?«
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Kapitel 33
A uf den Straßen ging es chaotisch zu, der Sturm wurde immer unbarmherziger und wehte mehr und mehr Schnee über den Nordwesten von Montana. Trace und Kacey brauchten über eine Stunde, um Bonzi, den Computer und eine Reisetasche mit den nötigsten Sachen für Kacey aus deren Haus zu holen. Zweimal geriet Trace’ Pick-up ins Schleudern, aber schließlich kamen sie bei dem alten Ranchhaus an, das er sein Zuhause nannte.
Sie hatte das große, kastige Haus, das gut zwanzig Meter von der Landstraße entfernt auf einer Anhöhe stand, noch nie zuvor gesehen. Dicker Schnee lag auf dem Dach, Eiszapfen hingen von den Vorsprüngen, ein bitterkalter Wind blies durch die kahlen Bäume eines kleinen Obstgartens. Trace fuhr in eine offene Garage an der Rückseite des Hauses, wo bereits ein Dodge Pick-up mit der Schnauze zur Straße parkte, eine zehn Zentimeter dicke Schneeschicht auf der Motorhaube. Um das Ranchhaus herum entdeckte Kacey mehrere Nebengebäude; die Außenbeleuchtung verbreitete ein bleiches, fast unheimliches Licht hinter der dichten Schneegardine.
Trace griff nach Kaceys Reisetasche, pfiff nach ihrem Hund, öffnete die Fahrertür und stieg aus. Bonzi sprang hinter ihm her durch die mittlerweile fast einen halben Meter hohe Schneedecke. Kacey kletterte vom Beifahrersitz, nahm ihren Laptop und folgte ihnen einen freigeräumten Pfad entlang zu einer großzügigen Veranda hinten am Haus.
Sie stiegen die drei Stufen hoch, klopften sich den Schnee von den Schuhen und traten durch die unverschlossene Hintertür ins Haus. Wärme, der Geruch nach Holzfeuer und Gewürzen traf sie mit Wucht, als sie ihren Mantel und er seine Fleecejacke auszog. Trace hängte die Sachen an die Garderobenhaken gleich neben der Tür. Bonzi ging sofort auf Entdeckungstour.
»He, Kumpel«, ertönte eine tiefe Männerstimme irgendwo aus dem Inneren des Hauses. »Wer zum Teufel bist du?« Ein Hund bellte, und dieselbe Stimme sagte: »Aus, Sarge. Genug! Sieht aus, als käme dich ein Freund besuchen.« Jemand lachte.
Die Küche bot Platz für einen großen Tisch; über der Arbeitsplatte blickte ein breites Fenster auf die hintere Veranda und die rückwärtigen Nebengebäude hinaus.
»Wie geht’s Eli?«, fragte Trace, als er durch einen offenen Türbogen ins Wohnzimmer hinüberschlenderte. Im Kamin brannte ein Feuer, ein Mann und eine Frau saßen vor einem Fernseher, aus dem in ohrenbetäubender Lautstärke die Nachrichten dröhnten. Die Frau strickte, der große Mann hielt ein Ohr dicht ans Gerät.
»Er ist gleich nach dem Abendessen ins Bett gegangen«, sagte die Frau, stopfte ein flauschiges Garnknäuel in ihre Tasche und musterte Kacey. Dann brüllte sie, an ihren Mann gewandt: »Ed, stell das Ding leiser! Ich verstehe ja mein eigenes Wort nicht mehr!«
Der Mann schnaubte und reduzierte die Lautstärke um mehrere Dezibel, doch es war immer noch sehr laut. Mit einem roten Anzug und einem künstlichen Rauschebart hätte Ed Zukov mühelos als Weihnachtsmann durchgehen können.
Rasch stellte Trace sie einander vor.
»Schön, Sie kennenzulernen«,
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