Zwillingsbrut
Einverstanden?«
Offensichtlich war er zu müde, um zu widersprechen. Er schloss die Augen, kuschelte sich tiefer unter die Decke, und auch wenn sich seine Stirn ein, zwei Sekunden verwirrt in Falten legte, war er bald wieder tief und fest eingeschlafen. Vermutlich träumte er davon, dass seine Mom bei ihm wäre. Einen Augenblick betrachtete sie den schlafenden Jungen und schwor sich insgeheim, dass sie Leanna den Hals umdrehen würde, sollte sie ihr je über den Weg laufen.
Hör auf damit! Woher willst du wissen, ob sie nicht tot ist? Das könnte erklären, warum Trace nichts von ihr gehört hat, warum sie sich nie mehr bei ihrem Sohn gemeldet hat. Vielleicht ist sie genau wie die anderen Frauen einem Unfall zum Opfer gefallen, und ihr Leichnam ist nur noch nicht gefunden worden?
Sie fröstelte; dennoch war sie voller Unmut darüber, dass diese Frau so einfach ihr Kind im Stich gelassen hatte.
Als Eli tief und fest schlief, ging sie wieder nach unten, wo es wunderbar nach Tillys weltbestem Brathähnchen duftete.
Ihr Magen knurrte laut, als sie die Küche betrat.
Trace, der vorsichtig eine Schüssel aus der Mikrowelle nahm, blickte über die Schulter. »Wie geht’s ihm?«
»Er ist aufgewacht und war ziemlich durcheinander. Hat mich für Leanna gehalten«, sagte Kacey. »Ganz ähnlich wie Tilly.« Sie zwang sich zu einem Lächeln, nahm die Teller, die Trace auf die Anrichte gestellt hatte, und deckte den Tisch. »Bei deinem Sohn verstehe ich das. Er nimmt Medikamente und ist noch ein Kind. Aber Tilly … ich weiß nicht.«
»Sie wird sich schon wieder einkriegen«, sagte er und stellte das Essen auf den Tisch.
Kacey nahm auf einem ramponierten Küchenstuhl Platz, der aussah, als wäre er mindestens fünfzig Jahre alt. Sie musste zugeben, dass Tillys weltbestes Brathähnchen tatsächlich besser schmeckte als alles, was sie seit ihrem Thanksgiving-Dinner mit Maribelle zu sich genommen hatte; wenn sie ehrlich war, stellte es selbst die Kochkünste des Chef de Cuisine in der Seniorenresidenz in den Schatten.
Sie aßen schweigend. Das Hähnchen war saftig, die Bohnen gewürzt mit Sojasoße und Knoblauch. Das Kartoffelpüree, das leicht nach Butter und Sauerrahm schmeckte, zerging auf der Zunge und wäre ohne Bratensoße genauso phantastisch gewesen.
»Ja«, gab Kacey zu, als sie ihren Teller fast geleert hatte. »Sie kann kochen. Und stricken. Und sagtest du nicht, sie könne auch Dame spielen?«
»Sie kann noch viel mehr. Gib ihr eine Chance.«
»Wenn sie mir eine gibt.«
»Das kann ich dir nicht versprechen«, neckte er sie. »Ich gehe jetzt raus und sehe nach den Tieren. Bei dem Wetter möchte ich sichergehen, dass alle Luken dicht sind. Willst du mitkommen?«
Sie sah aus dem Fenster. Gerade in dem Augenblick rüttelte ein Windstoß an den Blendläden. »Ich glaube, da passe ich lieber«, sagte sie. »Ich bleibe bei Eli und räume die Küche auf.«
»Wenn das kein Angebot ist!«
Sie sah ihm zu, wie er seine Jacke anzog. Was um alles auf der Welt fand sie so attraktiv an ihm? Sie, die sie sich immer nur für beruflich erfolgreiche Großstädter interessiert hatte.
Männer wie
JC
? Oder Anzug- und Krawattenträger, versnobt wie die Söhne von Gerald Johnson?
»Nein«, sagte sie laut.
Trace war bereits zur Hintertür hinaus, die beiden Hunde auf den Fersen, um seinen spätabendlichen Rundgang zu den Rindern und Pferden zu machen. Kacey räumte die Küche auf, dann machte sie es sich auf der Couch mit ihrem Laptop gemütlich. Der Fernseher, in dem ein Nachrichtensender lief, war immer noch laut genug gestellt, um einen dauerhaften Hörschaden zu verursachen, also tastete sie unter den Sofakissen und in den Sofaritzen nach der Fernbedienung, doch da war nichts. Ihr Blick fiel auf den Fußboden neben der Armlehne, und endlich entdeckte sie das verflixte Ding und stellte den Ton leiser.
Ein Meteorologe stand vor einem großen Bildschirm, auf dem Teile von Montana, Idaho und Kanada gezeigt wurden. Er machte eine ausladende Geste mit dem Arm und erklärte, wie die arktische Luft von Saskatchewan und Alberta hereinströmte und innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden zwischen einem halben und einem Meter Schnee mit sich bringen würde. »Sieht so aus, als wäre die weiße Weihnacht dieses Jahr ein paar Wochen zu früh angebrochen«, sagte er fröhlich, dann wurde zu einer Reporterin an der Interstate geschaltet, die bibbernd über die Auswirkungen des eisigen Wetters berichtete. Hinter ihr donnerten
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