Zwillingsbrut
den grauenhaften Fotos von Karalee Rierson, dem jüngsten »Unfallopfer«, angekommen war, hatte er einen Entschluss gefasst.
Er hielt ihr die Glastür auf, folgte ihr hinaus und sagte mit fester Stimme: »Du kommst mit zu mir.«
»Oh, ja?« Dicke Flocken wirbelten im Wind, der von den Bergen kam. Es war dunkel geworden. Die Straßenlaternen warfen ein bläuliches Licht auf die weiß gepuderte Landschaft.
»Du wirst ganz bestimmt nicht allein nach Hause zurückkehren. Hund hin oder her.«
»Ach?«, fragte sie, doch er merkte, dass sie ihn nur necken wollte. Sie klappte den Mantelkragen hoch, um sich vor dem scharfen Wind zu schützen, und folgte einem Pfad aus plattgetretenem Schnee auf dem Gehsteig. Die Ketten einer Fahnenstange, deren Fahne längst eingeholt war, rasselten im Wind. Trace setzte sich in Bewegung, um zu ihr aufzuschließen, und stellte fest, dass die Schneeflocken wieder einmal wie kleine Diamanten in ihrem kastanienbraunen Haar funkelten.
»Das Ganze gefällt mir nicht«, sagte er ernst.
»Mir auch nicht.«
»Dann also keine Widerworte?«
Sie blieb stehen und sah ihn an. »Nein, aber wir müssen zuerst meinen Hund und ein paar Sachen holen, und morgen früh muss ich irgendwie zur Arbeit kommen.«
»Ich denke, das kann ich organisieren. Meine Nachbarn, Tilly und Ed Zukov, unterstützen mich.«
Bei seinem letzten Telefonat mit Tilly hatte diese ihm versichert, dass Ed bereits die Pferde und Rinder versorgt hatte; sie war damit beschäftigt, ein Hähnchen zu braten. Trace hörte das Fleisch brutzeln und im Hintergrund den laut dröhnenden Fernseher – Ed war ziemlich schwerhörig. Zufrieden, dass sein Sohn wohlbehütet und so weit wiederhergestellt war, dass er Tilly gebeten hatte, ihm Brownies zu backen, hatte sich Trace ein wenig entspannt.
Doch seine Erleichterung war von kurzer Dauer gewesen. Die Vorstellung, dass Kacey im Visier eines eiskalten Killers stehen könnte, jagte ihm eine Höllenangst ein. War es wirklich möglich, dass die Person, die die Abhöranlage installiert hatte, gleichzeitig der Mörder all der anderen Frauen war? Der Frauen, die aussahen wie Kacey?
Darauf kannst du wetten.
Für Trace stand das außer Frage. Er schloss den Pick-up auf, wartete, bis Kacey in die Fahrerkabine geklettert war, dann schlug er die Tür hinter ihr zu.
Sie lächelte ihn durchs Beifahrerfenster an, und er verspürte das mittlerweile vertraute Ziehen in seinem Herzen, das ihn jedes Mal befiel, wenn er mit ihr zusammen war. Zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort hätte er sich in sie verliebt, aber unter diesen Umständen wollte er nicht mal daran denken.
Als er sich ans Steuer setzte, sagte sie: »Ich weiß nicht, ob es tatsächlich die Lösung ist, bei dir zu bleiben.«
»Eli wird es gefallen.«
»Das meine ich nicht«, sagte sie und warf ihm einen Seitenblick zu. »Das weißt du ganz genau.«
Plötzlich wurde ihm bewusst, wie eng es in der Fahrerkabine war. Ihr Atem beschlug die Scheiben. »Ja.« Er ließ den Motor an, stellte die Scheibenheizung an, setzte aus der Parklücke und fuhr vom Parkplatz, dann reihte er sich hinter einem Tieflader voller Weihnachtsbäume in den dichten Verkehrsstrom stadtauswärts ein. Er spürte, wie sie ihn ansah.
»Ich möchte dich bloß in Sicherheit wissen, deshalb will ich, dass du bei mir übernachtest.«
»Du willst mich beschützen.«
»So was in der Art.«
Sie verzog das Gesicht zu einem schiefen Lächeln, so sexy, wie er noch keins zuvor gesehen hatte. »Weißt du was, O’Halleran? Womöglich werde ich noch dich beschützen müssen. Oder so was in der Art.«
»Ich würde Gerald Johnson gern überraschen und herausfinden, was er zu sagen hat«, teilte Pescoli ihrer Partnerin mit, als sie zu ihrem Schreibtisch gingen.
»Okay. Ich habe eben schon ein wenig recherchiert. Lass uns noch etwas mehr zusammentragen und dann zu Grayson gehen, damit er das FBI einschalten kann.«
»Das FBI , du lieber Himmel«, brummte Pescoli.
Alvarez stellte die Informationen zusammen, die sie aus dem Internet ausgedruckt hatte, dann suchte sie zusammen mit Pescoli nach weiteren Frauen, die vor fünfundzwanzig bis vierzig Jahren in Helena geboren und bei Unfällen ums Leben gekommen waren. Sie stießen auf eine ganze Reihe, doch ungefähr ein Dutzend wollten sie sich näher ansehen.
»Das Ganze ist völlig bizarr«, befand Alvarez.
»Mehr als bizarr«, stimmte Pescoli ihr zu. »Und wir müssen uns noch so viele weitere vornehmen. Wenn das unser
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