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Zwillingsbrut

Zwillingsbrut

Titel: Zwillingsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
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durchdrehenden Reifen davon, Schnee und Eis hinter sich aufwirbelnd.
    »He!«, rief sie.
Was zum Teufel sollte das denn?
    Für den Bruchteil einer Sekunde erwog sie, hinter ihm herzufahren, immerhin war ihr Wagen beschädigt und möglicherweise auch der Pick-up. Solange der Fahrer des Vans, der sie abgedrängt hatte, nicht ausfindig gemacht worden war, trug sie die Schuld an dem Unfall. Sie trat aufs Gas, doch ihre Reifen drehten ebenfalls durch, und der Pick-up war längst in der Nacht verschwunden. Sein Nummernschild stammte aus Idaho, so viel hatte sie erkennen können, doch es war schmutzig und voller Schnee gewesen, nur die Ziffer Acht – oder war es eine Drei? – lesbar.
    Der Fahrer war ihr bekannt vorgekommen, aber wieso? Wegen seiner dunklen Haare? Oder wegen seines durchdringenden Blicks?
    Sie konzentrierte sich so sehr darauf, sich an das Gesicht des Mannes zu erinnern, dass sie die Frau am Straßenrand zunächst gar nicht wahrnahm. Plötzlich bemerkte sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung und stellte fest, dass sie nicht allein war. Eine große, schlanke Frau mit grauen Strähnen in den blonden Haaren, die unter einer weißen Mütze hervorlugten, spazierte einen Pfad entlang, der aus dem umliegenden Nationalpark herausführte. Grace Perchant. Die Einheimische, die behauptete, mit Geistern sprechen und die Zukunft vorhersagen zu können. Neben Grace ging ein riesiger Hund mit hellbraun-grauem, struppigem Fell und den Augen eines erfahrenen Raubtiers. Es ging das Gerücht, dass in ihm zur Hälfte ein Wolf steckte, was Kacey bei diesem Anblick keine Sekunde bezweifelte.
    Grace tauchte am Fahrerfenster auf. Kacey fuhr es herunter und fragte: »Haben Sie das gesehen?« Die Frau nickte. »Ich habe keine Ahnung, warum er weggefahren ist.«
    »Machen Sie sich darum mal keine Gedanken.«
    Der Wolfshund stieß ein tiefes Knurren aus, seine Augen, die so blass waren wie die seiner Besitzerin, richteten sich auf den Wald.
    »Still, Bane!«, befahl Grace, und das riesige Tier verstummte.
    Doch Kacey machte sich sehr wohl Gedanken. »Aber … sein Pick-up ist womöglich beschädigt, und mein Wagen …«
    »Ihr Wagen ist in Ordnung.« Grace schaute in die Dunkelheit, in die Richtung, in die der Pick-up verschwunden war.
    »Ich sollte mit ihm reden.«
    »Nein.« Grace konzentrierte sich wieder auf Kacey. Ihre blassgrünen Augen waren schreckgeweitet und voller Sorge. »Sie sollten auf keinen Fall mit ihm reden.«
    »Warum nicht? Kennen Sie ihn?«
    Grace schüttelte den Kopf, dann schweifte ihr Blick auf die vereiste Straße, die von der Dunkelheit verschluckt wurde. »Ich weiß nur, dass er böse ist«, sagte sie. Ihr Atem bildete kleine Wölkchen in der eisigen Luft. »Er meint es nicht gut mit Ihnen.«
    »Er ist weggefahren! Außerdem glaube ich nicht, dass er mich absichtlich gestreift hat.«
    Grace sah sie durchdringend an. »Seien Sie vorsichtig«, warnte sie Kacey, dann pfiff sie nach dem Hund und marschierte über die Straße zu einer Stelle, an der der Graben nicht allzu tief war. Ein schmaler Weg führte von dort aus in den Wald.
    »Eigenartig«, murmelte Kacey, noch immer aufgewühlt, dann wendete sie mit einiger Mühe und legte vorsichtig die letzten vier Meilen zu dem Haus zurück, das sie seit einiger Zeit ihr Heim nannte. Die Auffahrt war dick verschneit, doch der Edge pflügte mit Leichtigkeit durch die weiße Schicht zur Garage hin.
    Es war schon fast dreiundzwanzig Uhr, als sie, endlich angekommen, tief durchatmete und dem Ticken des abkühlenden Motors lauschte. Sie stieg aus dem Wagen, stellte das Garagenlicht an und begutachtete den Schaden an ihrem Wagen.
    Ein eingedellter Kotflügel hinten, an der Seite, wo sie der Pick-up mit seinem Kühlergrill erwischt hatte, ein paar Kratzer und eine kleine Beule, mehr nicht. Problemlos zu reparieren. Sie hatte Glück gehabt, dass nichts Schlimmeres passiert war. Morgen würde sie sich um alles kümmern, sagte sie sich, schloss die Seitentür der Garage hinter sich und stapfte zur Hintertür. Alles war still, der Schnee fiel sanft vom Himmel; die Fußabdrücke, die sie zuvor hinterlassen hatte und in die sie ihre Stiefel nun wieder setzte, waren teilweise zugeschneit. Auf der Veranda blieb sie stehen und ließ ihren Blick über den Garten schweifen. Warum, wusste sie selbst nicht, doch schon den ganzen Abend über hatte sie ein ungutes Gefühl gehabt. Der Unfall war da nicht gerade dienlich gewesen, genauso wenig wie der überraschende Aufbruch des

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