Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwischen den Sternen

Titel: Zwischen den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
Vom Netzwerk:
gegeben, in der Enzo fast dieselben Worte gesagt und es so geklungen hätte, als würde er mir etwas vorwerfen (außer dass ich mich verspätet hatte, verstand sich). Aber jetzt klangen seine Worte sanft und witzig. Ja, er war enttäuscht, aber auf eine Weise, die mir sagte, dass es in meiner Macht stand, es wiedergutzumachen. Was ich vielleicht auch tat, wenn er mich nicht dazu drängte.
    »Du hast Recht. Ich bin völlig zerknirscht von meinen Schuldgefühlen.«

    »Das ist gut«, sagte Enzo. »Denn immerhin haben wir für dich eine ganze zusätzliche Kartoffel in den Eintopf getan.«
    »Eine ganze Kartoffel!«, sagte ich. »Diese Großzügigkeit verschlägt mir die Sprache.«
    »Und ich habe den Zwillingen erlaubt, mit Karotten nach dir zu werfen«, sagte er und spielte auf seine kleinen Schwestern an. »Weil ich weiß, wie sehr du Karotten magst. Vor allem, wenn sie von kleinen Kindern geworfen werden.«
    »Ich wüsste gar nicht, wie man sie auf andere Weise genie ßen könnte.«
    »Und nach dem Essen wollte ich dir ein Gedicht vorlesen, das ich für dich geschrieben habe«, sagte Enzo.
    Ich hielt kurz inne. »Das ist jetzt unfair«, protestierte ich. »Du kannst doch nichts Ernstgemeintes in dieses Gespräch einbringen.«
    »Entschuldigung«, sagte Enzo.
    »Hast du das wirklich getan?«, fragte ich. »Du hast mir schon seit Ewigkeiten kein Gedicht mehr geschrieben.«
    »Ich weiß. Ich dachte mir, dass ich mich anstrengen sollte, damit ich nicht aus der Übung komme. Ich erinnere mich flüchtig, dass du es gar nicht so schlecht gefunden hast.«
    »Du Idiot«, sagte ich. »Jetzt hab ich wirklich Schuldgefühle, weil ich das Abendessen vergessen habe.«
    »Übertreib es nicht mit den Schuldgefühlen. So gut ist das Gedicht gar nicht. Es reimt sich nicht mal.«
    »Das erleichtert mich ein wenig«, sagte ich. Trotzdem war ich ganz aufgeregt. Es gefiel mir sehr, wenn jemand Gedichte für mich schrieb.
    »Ich werde es dir schicken«, sagte Enzo. »Dann kannst du es selber lesen. Und wenn du nett zu mir bist, werde ich
es dir vielleicht doch noch vortragen. Mit dramatischer Inbrunst.«
    »Und wenn ich gemein zu dir bin?«, sagte ich.
    »Dann werde ich es melodramatisch tun. Ich werde mit den Armen herumfuchteln und so.«
    »Vorsicht, du gibst mir gerade einen Grund, gemein zu dir zu sein.«
    »Vergiss nicht, dass du schon das Abendessen verpasst hast«, sagte Enzo. »Das wäre ein Grund, wenigstens ein- oder zweimal mit den Armen herumzufuchteln.«
    »Idiot«, sagte ich und konnte fast hören, wie er dazu grinste.
    »Ich muss jetzt los«, sagte Enzo. »Meine Mutter hat gerufen, dass ich den Tisch decken soll.«
    »Soll ich zusehen, dass ich es vielleicht doch noch schaffe?« Plötzlich hatte ich das intensive Bedürfnis, an diesem Abendessen teilzunehmen. »Ich könnte es wenigstens versuchen.«
    »Du willst in fünf Minuten einmal quer durch die ganze Siedlung rennen?«
    »Vielleicht schaffe ich es.«
    »Babar könnte es schaffen«, sagte Enzo. »Aber er hat auch zwei Beine mehr als du.«
    »Gut, dann schicke ich Babar zum Abendessen zu euch hinüber.«
    Enzo lachte. »Tu das«, sagte er. »Weißt du was, Zoë? Komm in normalem Tempo herüber, dann schaffst du es vielleicht zum Nachtisch. Mutter hat einen Kuchen gebacken.«
    »Kuchen!«, rief ich. »Was für einen Kuchen?«
    »Ich glaube, er heißt ›Ein Kuchen, den Zoë bestimmt mag, weil sie jeden Kuchen mag‹.«
    »Hmm! Diese Art von Kuchen ist mir am liebsten.«

    »Eben«, sagte Enzo. »Das deutet ja schon der Name des Kuchens an.«
    »Also haben wir ein Date«, erklärte ich.
    »Gut«, sagte Enzo. »Aber vergiss es nicht. Ich weiß nämlich, dass du damit ein Problem hast.«
    »Idiot!«
    »Und schau in deine Mailbox. Vielleicht findest du dort ein Gedicht.«
    »Ich warte lieber, bis du mit den Armen herumfuchtelst.«
    »Das wäre wahrscheinlich besser«, sagte Enzo. »Autsch - meine Mutter starrt mich schon mit Laseraugen an. Ich muss an die Arbeit.«
    »Dann nichts wie los. Bis gleich.«
    »Okay«, sagte Enzo. »Liebe dich.« In letzter Zeit hatten wir damit angefangen, uns das zu sagen. Irgendwie passte es.
    »Liebe dich auch«, sagte ich und trennte die Verbindung.
    »Wenn ich euch beide höre, fällt es mir immer schwerer, meinen Brechreiz zu unterdrücken«, sagte Gretchen. Sie hatte meinen Beitrag zum Gespräch mitgehört und die ganze Zeit die Augen verdreht. Wir saßen in ihrem Zimmer auf dem Bett.
    Ich legte den PDA weg und schlug mit einem Kissen nach

Weitere Kostenlose Bücher