Zwischen den Sternen
die Koloniale Union völlig den Verstand verloren hatte, wenn sie den Kampf gegen die Konklave suchte. Aber trotz ihrer unvorstellbaren Größe hatte die Organisation den entscheidenden Schwachpunkt, dass sie sehr neu war. Alle vierhundert Mitgliedsvölker waren noch vor kurzer Zeit miteinander verfeindet gewesen. Alle waren mit ihren eigenen Plänen und Interessen der Konklave beigetreten, und wie es schien, waren nicht alle restlos
davon überzeugt, dass sie tatsächlich funktionieren würde. Wenn alles zusammenbrach, wollten sich einige Völker die besten Stücke herauspicken. Die Konklave war immer noch neu genug, um jederzeit zerbrechen zu können, wenn jemand an der richtigen Stelle genügend Druck ausübte. Es sah ganz danach aus, dass die Koloniale Union genau das beabsichtigte, und zwar genau hier über Roanoke.
Nur ein Faktor hielt das Ganze zusammen, und das war der dritte Punkt, der mir klar wurde: Dieser Faktor war General Gau, der auf seine Art eine bemerkenswerte Persönlichkeit war. Er war keiner von diesen mickrigen Diktatoren, die einfach nur Glück hatten, die Macht über ein Land errangen und sich selbst einen Titel wie Großmächtiger Puh-Bah verliehen. Er war ein wirklicher General gewesen und hatte für sein Volk, das sich Vrenn nannte, einige wichtige Schlachten gewonnen, bis er entschieden hatte, dass es eine Verschwendung war, sich um Ressourcen zu streiten, die problemlos von mehreren Völkern produktiv genutzt werden konnten. Als er für seine Idee die Werbetrommel schlug, wurde er ins Gefängnis gesteckt. Unruhestifter waren nirgendwo beliebt.
Irgendwann starb der Herrscher, der ihn weggesperrt hatte. (Gau hatte damit nichts zu tun; es war eine natürliche Todesursache.) Daraufhin wurde dem General angeboten, sein Nachfolger zu werden, aber er lehnte ab und versuchte stattdessen, andere Völker von seiner Idee der Konklave zu überzeugen. Sein großer Nachteil war, dass er die Vrenn zunächst gar nicht dafür begeistern konnte. Er hatte nur seine Vision und einen kleinen Schlachtkreuzer namens Sanfter Stern , den er den Vrenn abgeschwatzt hatte, nachdem das Schiff außer Dienst gestellt worden war. Nach den verfügbaren
Informationen machte es den Eindruck, als hätten die Vrenn gedacht, dass sie ihn damit entlohnt hatten, nach dem Motto: Hier, danke für deine Dienste, aber jetzt verschwinde und schick uns bloß keine Postkarte, tschüss!
Aber er verschwand nicht, und obwohl seine Idee verrückt, unpraktikabel und idiotisch war und niemals funktionieren konnte, weil jedes Volk in unserem Universum jedes andere Volk viel zu sehr hasste, funktionierte sie doch. Denn dieser General Gau brachte sie zum Funktionieren, indem er sein ganzes Geschick und seine Persönlichkeit in die Waagschale warf, um die unterschiedlichsten Völker zur Zusammenarbeit zu bewegen. Je mehr ich über ihn las, desto überzeugter war ich davon, dass er ein bewundernswerter Kerl war.
Doch gleichzeitig war er der Kerl, der den Befehl erteilt hatte, zivile Kolonisten zu töten.
Ja, sicher, er hatte ihnen erlaubt, freiwillig abzuziehen und ihnen sogar die Mitgliedschaft in der Konklave angeboten. Aber wenn es hart auf hart kam, wenn sie nicht abziehen und nicht beitreten wollten, machte er kurzen Prozess mit ihnen. Genauso wie er es mit uns machen würde, wenn wir trotz Vaters Versprechen an Hickory und Dickory nicht kapitulierten - oder falls der Angriff scheiterte, den die Koloniale Union gegen die Konklavenflotte geplant hatte, und der General beschloss, der KU eine Lektion zu erteilen, weil sie sich dem Dekret der Konklave widersetzt hatte, und an uns ein Exempel zu statuieren.
Ich war mir nicht so sicher, wie bewundernswert General Gau wirklich war, wenn er sich letztendlich nicht davon abbringen ließ, mich und jeden Menschen, an dem mir etwas lag, zu töten.
Es war ein großes Rätsel. Er war ein Rätsel. Ich verbrachte die ganzen zwei Wochen damit, ihm auf die Spur zu kommen. Gretchen wurde grantig, dass ich mich eingesperrt hatte, ohne ihr zu sagen, was ich tat. Hickory und Dickory mussten mich daran erinnern, gelegentlich herauszukommen und mein Training fortzusetzen. Selbst Jane fragte mich, ob ich nicht vielleicht etwas mehr Zeit an der frischen Luft verbringen wollte. Der einzige Mensch, der mir keinen Kummer bereitete, war Enzo. Seit wir wieder zusammengekommen waren, nahm er tatsächlich große Rücksicht auf meinen engen Zeitplan. Dafür war ich ihm sehr dankbar. Und ich legte großen Wert
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