Zwischen den Sternen
Roanoke verlassen?«, fragte ich.
»Ja«, sagte Vater.
»Nein«, sagte ich.
»Zoë«, sagte Vater.
» Nein «, wiederholte ich. »Jetzt verstehe ich dich überhaupt nicht mehr. Noch vor zehn Minuten warst du rundum zufrieden, dass ich Hickory und Dickory erklärte, dass ich nicht fortgehen werde, und jetzt willst du, dass ich es doch tue? Warum hast du so plötzlich deine Meinung geändert?«
»Damit wollte ich etwas klarstellen«, sagte Vater. »Und an meiner Meinung hat sich nichts geändert. Ich möchte, dass du gehst, Zoë.«
»Wozu? Damit ich überlebe, während alle anderen Menschen, die mir etwas bedeuten, sterben? Du und Mutter und Gretchen und Magdy? Damit ich in Sicherheit bin, während Roanoke vernichtet wird?«
»Ich möchte, dass du gehst, damit ich Roanoke retten kann«, sagte Vater.
»Das verstehe ich nicht.«
»Das könnte daran liegen, dass du mich nicht ausreden lässt, bevor du unumstößliche Entschlüsse verkündest.«
»Mach dich nicht über mich lustig.«
Vater seufzte. »Ich will mich nicht über dich lustig machen, Zoë. Aber ich möchte dich ernsthaft darum bitten, mir in Ruhe zuzuhören, damit ich dir alles erklären kann. Wärst du dazu bereit? Damit könnten wir alles viel schneller hinter uns bringen. Wenn du anschließend immer noch nein sagst, tust du es wenigstens aus guten Gründen. Einverstanden?«
»Einverstanden.«
»Danke«, sagte Vater. »Es sieht folgendermaßen aus. Im Moment gibt es überall Angriffe auf die Koloniale Union, weil wir die Konklavenflotte vernichtet haben. Sämtliche KU-Welten müssen darunter leiden. Die Koloniale Verteidigungsarmee hat ohnehin schon alle Hände voll zu tun, und es kann nur schlimmer werden. Viel schlimmer. Die KU überlegt bereits, auf welche Kolonien sie im Ernstfall verzichten könnte.«
»Und auf dieser Liste steht auch Roanoke.«
»Ja«, sagte Vater. »Ohne jeden Zweifel. Aber es geht noch um etwas ganz anderes, Zoë. Bisher gab es die Möglichkeit, die Obin zu fragen, ob sie bereit wären, uns hier auf Roanoke zu helfen. Weil du hier lebst. Aber die Koloniale Union hat den Obin untersagt, uns in irgendeiner Weise zu helfen. Sie könnten dich von hier fortbringen, aber sie dürfen dir nicht helfen oder uns bei der Verteidigung von Roanoke unterstützen. Die KU will nicht, dass die Obin uns helfen.«
»Warum?«, fragte ich. »Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
»Es ergibt nur dann keinen Sinn, wenn man davon ausgeht, dass die Koloniale Union Roanoke erhalten möchte. Aber man darf nicht vergessen, dass wir die erste Kolonie sind, die von Planeten der KU und nicht von der Erde besiedelt wurde. Die Kolonisten von Roanoke stammen von den zehn mächtigsten und bevölkerungsreichsten Welten der Kolonialen Union. Wenn Roanoke vernichtet würde, wäre das ein schwerer Schlag für alle diese zehn Welten. Für sie würde Roanoke zu einem Fanal werden. Und für die gesamte Koloniale Union.«
»Damit willst du also sagen, dass wir der KU mehr nützen, wenn wir sterben.«
»Die KU sieht in uns mehr ein Symbol als eine Kolonie«, sagte Vater. »Was natürlich ungünstig für die Menschen ist, die hier leben und gerne weiterleben möchten. Aber du hast Recht. Deshalb will man nicht, dass die Obin uns helfen. Deshalb lohnt es sich nicht, uns im Ernstfall unter die Arme zu greifen.«
»Weißt du das ganz sicher?«, fragte ich. »Hat dir das jemand erzählt, als du in der Phoenix-Station warst?«
»Ja«, sagte Vater. »Ein gewisser General Szilard. Er war früher Janes Vorgesetzter. Es war ein inoffizielles Gespräch, aber es passte zu dem, worauf ich mit ein bisschen Nachdenken von selbst gekommen war.«
»Und du glaubst, was er sagt? Nichts für ungut, aber die Koloniale Union hat in letzter Zeit nicht gerade durch Offenheit und Ehrlichkeit geglänzt.«
»Ich hatte meine Probleme mit Szilard«, sagte Vater. »Genauso wie deine Mutter. Aber was diese Sache betrifft, vertraue ich ihm. Im Augenblick ist er der Einzige in der gesamten Kolonialen Union, dem ich wirklich glaube.«
»Was hat das alles damit zu tun, dass ich von Roanoke verschwinden soll?«
»Während unseres Gesprächs hat General Szilard mir noch etwas anderes gesagt. Ebenfalls inoffiziell, aber aus gut unterrichteter Quelle. Er erzählte mir, dass General Gau, der Leiter der Konklave …«
»Ich weiß, wer er ist, Vater«, sagte ich. »Ich bin jetzt ziemlich gut auf dem Laufenden.«
»Entschuldige«, sagte Vater. »Jedenfalls ist ein Mordanschlag auf
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