Zwischen den Sternen
General Gau geplant, und zwar von jemandem aus seinem engsten Beraterkreis. Dieses Attentat soll schon
sehr bald stattfinden, wahrscheinlich innerhalb der nächsten paar Wochen.«
»Warum hat er dir das erzählt?«, fragte ich.
»Damit ich diese Information nutzen kann«, sagte Vater. »Selbst wenn die Koloniale Union ein Interesse daran hätte, General Gau von dem geplanten Attentat in Kenntnis zu setzen - was sie niemals tun würde, weil ihr ein erfolgreicher Mordanschlag lieber wäre -, selbst dann wäre ein solcher Hinweis für General Gau vermutlich unglaubwürdig. Schließlich hat die KU vor kurzem seine Flotte ausradiert. Aber vielleicht würde Gau zuhören, wenn die Information von mir käme, weil er bereits mit mir zu tun hatte.«
»Und weil du es warst, der ihn angefleht hat, seine Flotte nicht nach Roanoke zu holen«, sagte ich.
»Richtig. Das ist auch der Grund, warum wir bisher kaum unter irgendwelchen Angriffen zu leiden hatten. General Gau hat mir versprochen, dass er für das, was mit seiner Flotte geschehen ist, keine Vergeltung an Roanoke üben wird.«
»Trotzdem wurden wir angegriffen.«
»Aber nicht von der Konklave«, sagte Vater. »Sondern von jemand anderem, der unsere Verteidigung testen wollte. Aber wenn Gau bei dem Attentat ums Leben kommt, wird diese Sicherheitsgarantie mit ihm sterben. Und dann ist Roanoke zum Abschuss freigegeben. Und man wird uns sehr schnell abschießen, weil die Konklave hier ihre größte Niederlage erlitten hat. Wir sind auch für die Konklave ein Symbol. Also müssen wir General Gau mitteilen, dass er in Lebensgefahr ist. Zu unserem eigenen Wohl.«
»Wenn du es ihm sagst, gibst du Informationen an einen Feind weiter«, sagte ich. »Das wäre Verrat.«
Vater verzog das Gesicht zu einem ironischen Grinsen. »Glaub mir, Zoë, ich stecke bereits bis zum Hals in Schwierigkeiten.« Dann verschwand sein Lächeln. »Ja, General Gau ist ein Feind der Kolonialen Union. Aber ich glaube, er könnte ein Freund von Roanoke sein. Im Augenblick braucht Roanoke so viele Freunde wie möglich, ganz gleich, woher sie kommen. Denn unsere bisherigen Freunde haben uns den Rücken zugekehrt. Also werden wir diesem neuen Freund die Hand entgegenstrecken.«
»Und mit wir meinst du eigentlich mich «, sagte ich.
»Ja. Du sollst an meiner Stelle diese Nachricht überbringen.«
»Dazu brauchst du mich doch gar nicht«, sagte ich. »Du könntest es selber tun. Oder Mutter. Es wäre sogar besser , wenn es einer von euch beiden tun würde.«
Vater schüttelte den Kopf. »Weder Jane noch ich können Roanoke verlassen, Zoë. Die Koloniale Union beobachtet uns und vertraut uns nicht mehr. Und selbst wenn wir es könnten, dürfen wir nicht gehen, weil unser Platz hier bei den Kolonisten ist. Wir sind die Leiter dieser Kolonie. Wir können diese Menschen nicht im Stich lassen. Ihr Schicksal wird auch unser Schicksal sein. Wir haben ihnen ein Versprechen gegeben, und wir werden bleiben und die Kolonie verteidigen, komme, was wolle. Das sollte dir eigentlich klar sein.«
Ich nickte.
»Wir können also nicht gehen - aber du könntest es«, fuhr Vater fort. »Außerdem wollen die Obin dich schon lange von Roanoke wegbringen. Die Koloniale Union wird es ihnen nicht verweigern, weil du Teil des Waffenstillstandsabkommens bist. Solange Jane und ich hierbleiben, wird niemand die
Stirn runzeln. Die Obin verhalten sich im Konflikt zwischen der Konklave und der Kolonialen Union neutral. Ein Obin-Raumschiff würde man zu General Gaus Hauptquartier durchlassen, aber niemals ein Schiff der KU.«
»Dann sollen es Hickory und Dickory tun«, schlug ich vor. »Oder lass die Obin eine Skip-Drohne zu General Gau schicken.«
»Das würde nicht funktionieren«, sagte Vater. »Die Obin würden ihre guten Beziehungen zur Kolonialen Union nicht aufs Spiel setzen, um eine Nachricht von mir zu überbringen. Der einzige Grund, warum sie bei dieser Sache mitmachen wollen, ist, weil ich unter dieser Bedingung einverstanden bin, dass du von Roanoke weggebracht wirst. Ich benutze das einzige Druckmittel, das ich gegen die Obin besitze. Und zwar dich, Zoë.«
Nach einer kurzen Pause sprach Vater weiter. »Und es gibt noch einen Grund. Ich muss General Gau irgendwie klarmachen, dass ich von der Glaubwürdigkeit der Information, die ich ihm übermittle, überzeugt bin. Dass ich nicht nur eine Schachfigur in einem größeren Spiel der Kolonialen Union bin. Ich muss ihn davon überzeugen, dass er mir vertrauen kann.
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