Zwischen den Zeilen
soll.
Ich hab ihn verletzt. Ich verletze so oft diejenigen, die mir was bedeuten, und im Nachhinein tut es mir leid. Aber ich war einfach so sauer, weil er mir nicht geholfen hat. Das erste Mal, seitdem wir uns kennen. Und vermutlich hat er recht damit, dass ich es Josh, wenn ich will, dass das mit uns beiden eine Zukunft hat, sagen muss. Aber er stellt sich das alles so einfach vor. Und er weiß nicht, wie es sich anfühlt...
Einen Moment lang hab ich drüber nachgedacht, Josh anzurufen, aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Also kam mir die Idee mit den Rosen. Ich bin runter in den Laden und hab sie fotografiert. Hab eine der Karten aus dem Rundständer genommen und den Text abgeschrieben. Jedenfalls hab ich's versucht...
Ich kenne die Karten. Es sind eigentlich schon seit Ewigkeiten immer die gleichen. Ich weiß, welche für Geburtstage sind, welche für Feiertage, welche für Jubiläen, welche für Hochzeiten und welche für Verliebte. Glückwunschkarten, Dankeskarten, Beileidsbekundungen und eben solche, mit denen man mit einem Strauß roter Rosen um Verzeihung bittet. Es gibt drei davon. Ich weiß, was drauf steht, Daniel hat es mir irgendwann mal gesagt. Ich hab die mit den wenigsten Buchstaben genommen. Es gibt noch eine, auf der Sorry steht, aber die habe ich nicht gefunden. Ist wohl ausverkauft.
Also habe ich ihm, glaube ich, Es tut mir leid geschrieben. Jedenfalls fing es mit einem E an. Ein einfaches Sorry wäre wohl auch zu wenig gewesen. Ich hab eine Ewigkeit gebraucht, es abzuschreiben. Mit zitternden Fingern, jeden einzelnen Buchstaben, in der Hoffnung, alles richtig und keinen Fehler zu machen, der mich verrät. Ich musste zweimal neu anfangen. Irgendwann hab ich dann auf Senden gedrückt. Mir war beinahe ein bisschen übel danach.
Ich hab noch nie jemandem eine SMS geschrieben. Allein, ohne Daniels Hilfe. Nur ihm. Und ich schäme mich so. Bestimmt war sie falsch und blöd und er fragt sich, wieso ich es nicht besser kann.
»Ich…« Unschlüssig stehe ich in seiner Diele. Er steht kaum einen halben Meter vor mir und erwidert meinen Blick. Ich liebe ihn. Und es tut verdammt weh in mir drin. Ich hoffe, er schickt mich nicht weg.
»Du?« Er hebt die Augenbrauen und die Wimpern seiner großen, blauen Mädchenaugen flattern ein bisschen. Seine Lippen beben unmerklich, nur der Ring an ihrer Seite verrät ihn. Vorsichtig strecke ich meine Hände nach ihm aus. Berühre sanft die warme Haut seiner Seiten und ziehe ihn, als er sich nicht wehrt, in meine Arme.
»Blöder Vollidiot«, nuschelt er irgendwo an meinem Hals, als er sich an mich schmiegt und ebenfalls seine Arme um mich schlingt. Ich küsse sein Haar, das meine Nase kitzelt, spüre seinen Atem und rieche ein klein wenig Alkohol. Aber es ist mir egal. Weil da dieses warme, wohlige Gefühl in mir aufsteigt.
»Josh, ich…« Ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll. Also lege ich einfach meine Lippen auf seine und küsse ihn. Zaghaft, beinahe so, als wäre es das erste Mal. Mit der Zunge streiche ich über den Ring, dränge mich dabei gegen ihn und streichle seinen Rücken. Willig gibt er nach und öffnet seinen Mund, berührt meine Zunge beinahe elektrisierend, lockt sie verführerisch, umkreist sie und spielt mit ihr. Zärtlich, fordernd und ein bisschen vorsichtig.
»Bleibst du?«, bittet er zaghaft.
»Ja.« Ich nicke, sehe ihn an und streichle sein Gesicht.
»Ich hab HSV-Bettwäsche drauf, kriegst du trotzdem einen hoch?«, erkundigt er sich, klemmt seine Unterlippe kurz unter seine Schneidezähne und sieht mich herausfordernd an.
»Käme auf einen Versuch an«, sage ich und muss lachen. »Aber es kann ein bisschen dauern, ich hab getrunken.« Dass ich den Kopf nicht frei habe, weil da so viele Dinge sind, behalte ich für mich. Ich will es ihm sagen. Ich weiß, dass ich es muss. Aber nicht jetzt. Selbst, wenn ich mir die Worte auf der Fahrt hierher immer und immer wieder zurechtgelegt hab. Den Versuch, mich zu erklären, und warum es ist, wie es ist. Ich kann's einfach nicht... nicht heute Nacht. Weil ich seine Zehn sein will. Obwohl ich aus Bremen komme. Weil er meine ist. Mein unanständiges Mädchen.
»Macht nichts, ich auch«, feixt er grade und holt mich damit zurück. »Und wenn ich was getrunken hab, bin ich ziemlich versaut…« Seine Finger fummeln ein wenig unkoordiniert an meiner Jeans und finden meinen Reißverschluss. Er öffnet ihn und seine Hand schlüpft hinein. Fährt vorsichtig über den Stoff meines Slips,
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