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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Cole
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vorhin, bevor ich los bin, gesagt, dass ich mich nicht schämen muss. Trotzdem tue ich es. Und ich will das, was in ihrem Kopf vorgeht, lieber gar nicht so genau erfahren. Ich hoffe einfach, sie ist professionell genug, dass ich mir einbilden kann, es wäre normal für sie und sie wäre nicht entsetzt.
    An der Wand rechts neben der Tür, gegenüber vom Schreibtisch, gibt es zwei Stühle. Auf der linken Seite des Raumes einen kleinen, quadratischen Tisch, an dem zwei weitere Stühle sich gegenüber stehen. Auf der Tischplatte steht, auf einer dunkelblauen Serviette, eine volle Flasche Mineralwasser und daneben umgedrehte Gläser. Rechts davon liegen ein paar Bögen Papier und einige Stifte.
    »Nehmen Sie Platz, ich bin gleich bei Ihnen«, sagt Frau Abel und sieht auf die Uhr, bevor sie mit einem Kugelschreiber irgendwas auf den gedruckten Text, der vor ihr in einem Ordner liegt, notiert und ihn dann zuklappt.
    »Ich bin ein bisschen zu früh«, murmle ich entschuldigend.
    Ich hab schon unten im Wagen beinahe zehn Minuten gewartet. Ich hatte Angst, dass ich zu spät komme, und dann war ich zu früh. Aber wenn ich noch länger gewartet hätte, wäre ich vielleicht nicht mehr hineingegangen.
    »Kein Problem, Sie können sich gerne schon rüber an den Tisch setzen«, bietet sie an und macht eine entsprechende Kopfbewegung.
    Mit einem artigen Nicken setze ich mich in Bewegung und wähle den Stuhl, auf dem ich ihr den Rücken zudrehen kann. Ich zucke zusammen, als ich ihn, in meinen Ohren viel zu laut, über den Boden ziehe. Irgendwie bin ich verdammt nervös. Ich hoffe, ich schwitze nicht zu offensichtlich. Aber grade auf der Toilette war nichts unter meinen Achseln zu sehen. Trotzdem spüre ich die Hitze, den Schweiß auf meiner Haut, die Anspannung, die zentnerschwere Last auf meiner Brust. Ich straffe meine Schultern und bemühe mich zu atmen. Es fällt mir schwer. Ich bin wie gelähmt. Am liebsten würde ich wieder gehen. Aber vermutlich könnte ich momentan nicht mal das. Krampfhaft verschränke ich meine Finger ineinander. Sie sind kalt und feucht. Ich hoffe nur, ich muss ihr nicht die Hand geben.
    »Entschuldigung, dass Sie warten mussten.« Ich kann hören, wie sie aufsteht, zur Tür geht und sie geräuschvoll schließt. Dann ist es still im Raum. So still, dass ich glaube, in meinem leeren Kopf das Blut durch meinen Körper rauschen zu hören. Hart schlägt mein Herz gegen meine enge Brust, als wäre sie kurz davor zu zerspringen. Dieses Gefühl habe ich sonst eigentlich nur nach dem Sex. Aber es ist etwas völlig anderes, ausgepumpt und glücklich neben Josh zu liegen.
    Jetzt steigt nur die altbekannte und mir so vertraute Übelkeit in mir hoch. Und die Angst, mich erklären zu müssen.
    Ich rücke ein wenig nach vorne auf die Stuhlkante und beginne auf meinen Händen, die ich, weil ich die klebrige Nässe der Panik nicht ertragen konnte, unter meine Oberschenkel geschoben habe, hin und her zu wippen. Mein Gewicht presst sie unangenehm in die harte Sitzfläche. Manchmal macht der Schmerz, dass das Gefühl weggeht in mir drin und dass ich wieder atmen kann. Aber nicht heute… Also sitze ich einfach nur da und fixiere einen Punkt an der kalkweiß geschlämmten Wand. Jemand hat wohl versucht, einen Nagel dort einzuschlagen.
    Ich war nicht sicher, ob ich überhaupt hineingehen sollte. In dieses Gebäude, das auch nichts anderes als eine Schule ist. Ein Ort, an den ich keine positive Erinnerung hab. Zu diesem Gespräch, das man machen muss, wie man mir am Telefon gesagt hat, bevor ich mit Frau Abel verbunden worden bin.
    »Hallo! Schön, dass Sie anrufen«, hat sie gesagt und klang dabei so, als würden wir uns kennen. Und ich hab einfach nur gehofft, dass sie keine Kundin von uns ist.
    Irgendwie hat sie es geschafft, mich in ein Gespräch zu verwickeln. Und ich hab mich getraut, sie zu fragen, ob ich bei diesem ersten Termin auch etwas lesen oder schreiben muss. Ich weiß nicht genau, was schlimmer für mich ist. Sie hat mir kurz erklärt, wie das Gespräch heute ablaufen wird, und gesagt, dass ich gerne jemanden mitbringen kann, aber ich wollte lieber alleine hingehen. Sie meinte, dass ich keine Angst haben müsste und zunächst einmal würden wir uns nur unterhalten.
    Es gibt verschiedene Kurse, die hier stattfinden. Das Erstgespräch dient der Einteilung und sie hat gesagt, dass es ungefähr eine Stunde dauern wird. Keine Ahnung, was ich eine Stunde lang mit ihr reden soll. Gerade scheint mir die Sache mit dem

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