Zwischen den Zeilen
nicht. Im Gegenteil, ich mache echt viel dort. Aber ich will nach meiner Bachelorarbeit unbedingt ein Volontariat. Oft nehme ich mir sogar noch Sachen zum Drüberlesen mit nach Hause.
»Wir planen in einer der nächsten Ausgaben einen Artikel über neue Restaurants und angesagte Locations in den großen, deutschen Städten«, behaupte ich wichtig. »Ich mache die Vorrecherche für Hamburg.«
»Oh«, ist alles, was ihm anscheinend dazu einfällt.
»Na ja, jedenfalls bin ich offen für Vorschläge und auf der Suche nach Leuten, die sich hier auskennen. Falls dir was dazu einfallen sollte, wäre es cool, wenn wir uns vielleicht mal treffen und uns unterhalten, oder so.«
»Ich gehe eigentlich nicht so oft aus«, sagt er ein wenig verlegen, legt das Wechselgeld auf den Tresen, nimmt den Strauß noch mal hoch und drückt einen Pflanzenstängel, der ein wenig absteht, zwischen die anderen, bevor er ihn mir hinstreckt. Mein Blick fällt auf seine Hände. Sie sind ein bisschen schmutzig an den Fingerkuppen, weil er den ganzen Tag mit Blumen und Blättern hantiert. Aber ich mag sie trotzdem irgendwie.
»Das macht nichts«, sage ich. »Vielleicht hast du ja trotzdem Lust, mir bei einem Kaffee was dazu zu erzählen. Also falls du mal Zeit hast.«
»Vielleicht«, sagt er zögerlich.
»Würd mich freuen«, setze ich nach und schenke ihm das schönste Lächeln, das ich anzubieten hab. Es ist gewinnend, sagt man mir allgemein nach. Ich bin zwar keine Zehn, aber ich hab Charme. Jedenfalls, wenn ich es will. Und grade will ich – und zwar nicht nur Charme haben, sondern ein Date.
Und darüber hinaus noch ein oder zwei andere Sachen, die nicht wirklich jugendfrei sind und über die ich im Moment besser auch nicht nachdenke.
»Am besten gibst du mir deine Nummer, dann ruf ich dich an«, schlage ich großzügig vor und ignoriere mein Herz, das mir bis zum Hals schlägt, während ich betont lässig das Wechselgeld in meiner Hosentasche verschwinden lasse. Ein vielleicht ist schließlich kein nein .
»Okay«, sagt er, aber bevor ich mich dem vollkommenen Enthusiasmus hingeben kann, holt er mich, indem er eine kleine, schwarze Visitenkarte über den Tresen in meine Richtung schiebt, auf den Boden der Tatsachen zurück.
Blattgold. Inhaber Daniel Haug , lese ich. Darunter die Geschäftsadresse und die Laden-Telefonnummer. Entweder ist er völlig bescheuert und rafft nicht, dass es mir eigentlich um eine ziemlich andere Art Recherche geht, oder er hat schlicht und ergreifend keinen Bock auf mich.
»Daniel?«, sage ich und sehe ihn fragend an.
»Ben«, antwortet er, was ich ja eigentlich schon weiß.
»Weißt du was, ich schreib dir zur Sicherheit noch mal meine Nummer auf«, schlage ich vor. Auch wenn ich inzwischen wenig Hoffnung hab, dass er wirklich nur schwer von Begriff ist. Eine Zehn ist wohl doch außerhalb meiner Liga. Aber wenn ich ihm jetzt meine Handynummer aufschreibe, rafft er's vielleicht…
Container-Fischen
Ben
»Was?«
»Nichts…« Daniel unterdrückt ein Grinsen. Jedenfalls bemüht er sich. Aber seine Mundwinkel zucken verräterisch und es gelingt ihm auch nicht, die Augen schnell genug von der Telefonnummer zu nehmen, die der Kerl, der grade den Strauß mit meinen Cool Water -Rosen gekauft hat, mir auf das Papier geschrieben hat.
Es war dieser Typ von neulich. Der aus der Kirche, der immer zu früh kommt. Keine Ahnung, was er hier wollte, aber irgendwie finde ich ihn immer noch ganz süß. Leider hat Daniel sich in einem denkbar schlechten Moment durch die Tür in den Verkaufsraum geschoben und ein klein wenig kam es mir beinahe so vor, als hätte der Typ sich ertappt gefühlt. Denn er hat fast hektisch seine Blumen genommen und ist ziemlich schnell verschwunden.
»Es ist nicht so, wie du denkst«, versuche ich Daniel von irgendwelchen Schlussfolgerungen abzuhalten. Schätze, er hält ihn für den Kerl, den ich letztes Wochenende ausnahmsweise aus dem SixtyNine mitgenommen hab. Aber auch das war nur ein One-Night-Stand, jedenfalls für mich. Und vermutlich hab ich ihn nur deswegen mit zu mir genommen, um Daniel zu demonstrieren, dass er sich keine Sorgen um mich zu machen braucht.
»Sicher.« Jetzt grinst er tatsächlich. Ziemlich wissend.
»Das war nicht der Kerl vom Wochenende. Es war... beruflich«, bemühe ich mich um eine Erklärung. Und die Tatsache, dass wir uns schon mal über den Weg gelaufen sind, behalte ich dabei lieber für mich. »Er ist Journalist und er
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