Zwischen den Zeilen
dem Boden verteilt. Seine Berührung auf meinem Knie wird kalt und ich schiebe seine Hand weg, weil ich's nicht ertragen kann.
»Also?«
»Was?« Keine Ahnung, was er grade gesagt hat.
»Was wolltest du mir sagen, Ben?« Ich hasse es, wie mein Name klingt, aus seinem Mund.
»Ich…« Hilflos versuche ich mich zusammenzureißen. Aber in meinem Hals ist ein Kloß und ich muss mich beherrschen, mich nicht zu übergeben. Meine Muskeln verspannen sich schmerzhaft und meine Zunge presst sich so hart gegen meinen Gaumen, dass es sich beinahe so anfühlt, als würde sie mein Gehirn zerquetschen. Und ein bisschen wünschte ich mir, sie würde es tatsächlich… und ich wäre nicht mehr hier.
Wie konnte ich auch nur eine Sekunde glauben, dass er vielleicht damit klarkommt? Dass er mich immer noch liebt, wenn er es weiß… das wird er nicht. Niemals. Niemand wird das…
»Du?« Auffordernd hebt er die Augenbrauen. Wieder streichelt seine Hand, die zurückgekehrt ist, mein Knie, bevor sie nach meiner greift und sie festhält. Und ich kann nicht ertragen, wie er mich ansieht. Ich will ihn jetzt nicht berühren. Kann es nicht. Und ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll. Nicht jede Lüge fällt in einer Welt voller Lügen leicht.
Ein letztes Mal denke ich kurz darüber nach, ihm zu sagen, dass es nicht an ihm liegt, dass es niemand anderen gibt oder was er sich sonst noch so alles ausmalt in seinem Kopf, sondern dass ich einfach ein Idiot bin und das beschissene Formular nicht ausfüllen kann. Aber im Grunde ist es schon keine wirkliche Option mehr.
»Ich…« Tausend Gedanken rasen durch meinen Kopf. Ziellos, ohne jede Richtung. Beinahe kann ich den Schmerz spüren, wenn sie von der harten Wand meines Schädels zurückprallen. Mechanisch hebe und senke ich meine Brust. Weil ich weiß, dass ich atmen muss...
»Okay, lass uns das abkürzen«, sagt er leise und seine Miene verändert sich. Ich kann Enttäuschung sehen. Und Unsicherheit.
»Ich kann mir vorstellen, dass das nicht leicht für dich ist, aber ich hätt mir gewünscht, dass du mir sagst, dass du… positiv bist. Das ist es doch, oder?«
»Was?« Entsetzt sehe ich ihn an. Er glaubt doch nicht, dass ich…
»Deswegen willst du den Test nicht machen.«
»Was? Ich, nein, ich…«
»Nenn mir einen anderen Grund. Oder ist es nur, weil du neben mir noch mit anderen Männern schläfst und nicht damit aufhören willst?« Ich kann hören, dass er versucht, seine Stimme ruhig klingen zu lassen, auch wenn es ihm nicht allzu gut gelingt.
»Josh, ich… nein, das… ich schlaf nur mit dir.« Verzweiflung macht sich breit in meiner Brust. Er denkt, ich sei positiv… oder dass ich mit anderen Männern schlafe und das für ihn auch nicht aufgeben will… und ich kann ihm nicht mal sagen, dass es nicht so ist... Weil es keinen Ausweg gibt. Keine Alternative. Nur eine Wahrheit, die ich ihm nicht sagen kann…
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Josh
»Also?«Auffordernd sehe ich ihn an.
Kurz erwidert er meinen Blick mit zusammengekniffenen Lippen, bevor er mir wieder ausweicht und zwischen uns auf das weiße Polster starrt. Mit dem Zeigefinger streicht er darüber, wischt einen imaginären Fussel fort und ich kann nicht dagegen ankommen, mich daran zu erinnern, wie gut seine Fingerspitzen sich angefühlt haben, jedes Mal auf meiner Haut.
»Ich… es gibt niemand anderen, Josh«, sagt er leise, beinahe flüsternd. »Aber diese Sache... du und ich... Du bedeutest mir wirklich viel, aber ich hab gemerkt, dass das nicht funktioniert.«
Seine Worte hallen in meinem Kopf und ich brauch einen Moment, um zu realisieren, was er da grade gesagt hat.
»Dass was nicht funktioniert?«, frage ich nach. Nur zur Sicherheit. Falls ich nicht kapiert hab, dass er grade nicht mit mir Schluss macht. Aber das tut er. Und er soll gefälligst aufhören, mich dabei so anzusehen, als täte es ihm leid. Mein Herz krampft sich zusammen. Es hört für eine Sekunde auf zu schlagen und das Blut, das es nicht auswirft, wird zu Schmerz, der meinen Körper flutet. Der sich in jede meiner Körperzellen presst und Besitz von mir ergreift.
Gott... dieser blöde Test war doch nur so eine spontane Idee. Ich hätte nie gedacht, dass das so ein großes Problem für ihn ist, und ich wollte ihn doch zu nichts drängen. Na klar hätt ich's mir gewünscht und es wäre schön gewesen und natürlich hätte ich ein Problem damit, wenn er wirklich positiv wäre und es mir so lange verheimlicht hätte.
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