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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Cole
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spielerisch in die Seite. Er strauchelt, bleibt dann stehen und fixiert einen Punkt irgendwo am Horizont. Ich sehe ihn an, sein hübsches Profil und sein ein bisschen ungemachtes Haar.
    Er sieht auch dann noch gut aus, wenn er müde ist. Und am liebsten würd ich jetzt hinter ihn treten, mich an ihn schmiegen, meine Hände in seine Jackentaschen schmuggeln und mit meinem Kopf auf seiner Schulter einfach hier stehen bleiben. Aber das traue ich mich dann doch nicht. Also gehe ich zum nächsten Poller, steige darauf und lasse meinen Blick schweifen.
    »Bist du oft hier?«, fragt er unvermittelt.
    »Manchmal«, gebe ich zu. »Ich finde, es hat was Romantisches. Jedenfalls wenn die Touristen weg sind.«
    »Hm.« Er nickt.
    »Da drüben hab ich meinen ersten richtigen Kuss bekommen«, sage ich und weise mit dem Kopf vage in die entsprechende Richtung. Und das ist zur Abwechslung mal keine Geschichte, die ich mir spontan ausdenke. Es ist Ewigkeiten her. Ich war siebzehn. Keine Ahnung, wieso ich's ihm erzähle…
    »Echt? Hier?« Amüsiert sieht er sich um.
    »Na ja, da drüben. Ich finde, es ist ein ziemlich spektakulärer Ort dafür.«
    »Verstehe… war's gut?« Er grinst.
    »Eigentlich nicht. Er war von einem Mädchen«, gestehe ich verlegen. »Sie hieß Lena Rönnebeck. Sie war in der neunten und ich in der zehnten. Nach einer Party hat sie mich zu einem Spaziergang überredet und dann sind wir hier gelandet…«
    »Und? Hast du ihr das Herz gebrochen?« Keine Ahnung, wieso er das wissen will.
    »Ich fürchte, ehrlich gesagt, ja.« Ich nicke schuldbewusst. »Ich wollte damals einfach mal ausprobieren, wovon die anderen Jungs immer so begeistert erzählt haben. Und heute, mit dem Wissen, dass ich es damals wohl besser mit einem Kerl versucht hätte, um das Ergebnis nicht zu verfälschen, kann ich sogar nachvollziehen, was sie daran so toll fanden.« Wenn ich dran denke, was schon allein der Gedanke daran, ihn zu küssen, in mir macht…
    »Es ist nie zu mehr gekommen, aber ich glaube, sie war wirklich in mich verliebt.« Ich fummle die Zigarettenschachtel aus meiner Jackentasche.
    »Die Erste in einer langen Reihe gebrochener Herzen«, sagt er und klingt dabei, als sei es eine Feststellung.
    »So viele waren es gar nicht«, widerspreche ich, stecke mir eine Kippe in den Mund und suche in meiner anderen Jackentasche nach dem Feuer.
    »Ach nein?«
    »Nein. Ich bin wählerisch und als ich wusste, was ich wollte, hab ich gewartet.« Gott, wie dämlich. Ich sollte wohl besser den Mund halten. Fahrig versuche ich, mir mit dem Funken des Feuerzeugs meine Zigarette anzuzünden. Aber es misslingt. Nicht mal mein Feuerzeug steht auf Gauloises .
    »Komm runter da«, höre ich seine Stimme und erschrecke beinahe ein wenig. »Da oben wird das nichts.«
    Ich hab gar nicht mitbekommen, dass er neben mich getreten ist und mir seine Hand hinstreckt. Und was bitte schön wird da oben nichts? Das Warten auf seinen Kuss?
    Artig nehme ich seine Hand und springe vom Poller. Eine Sekunde sieht er mich an mit seinem Lächeln, so, als würde er warten, ob ich ihn wieder loslasse, aber das tu ich nicht. »Versuch's noch mal«, sagt er und hält dann seine Handflächen schützend in die Höhe. Mit zittrigen Händen gebe ich mir Feuer und nehme enttäuscht den ersten Zug.
     
    ***
     
    »Danke und bis dann.« Wir stehen vor meiner Haustür. Keine Ahnung, wieso er gedacht hat, er müsse mich nach Hause begleiten. Daran, dass er mich unwiderstehlich findet kann es nicht liegen, denn während des ganzen Wegs zurück hat er nicht mal Anstalten gemacht, mir den Arm um die Schultern zu legen oder meine Hand noch mal zu nehmen. Wobei er dafür wohl nicht der Typ ist, denn er hat sie dann doch ziemlich schnell weggezogen, um mir Feuer zu geben. Er ist eher der Ich leg den Arm um deine Schultern -Typ. Was mich wieder an diese Sache mit seinem Chef denken lässt, die ich bis eben erfolgreich verdrängt hatte.
    »Bis morgen an der Alster«, bemühe ich mich um einen Witz. Wobei ich, wie ich mich kenne, wohl tatsächlich dort aufschlagen werde.
    »Josh?«
    »Hm?«
    »Wartest du eigentlich immer noch?« Er tritt vor mich und streicht sanft mit dem Finger über meine Wange. Seine Augen funkeln in der Dunkelheit und wieder umspielt dieses Lächeln seine Lippen. Oh Gott, ich meine… was macht er da? Er wird doch nicht…? Ich schmecke nach Kippen und Fisch! Mir wird heiß und gleichzeitig kalt und übel und ich bin high und… Zehn… zehn, zehn, zehn…mein Herz

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