Zwischen den Zeilen
unanständiges Mädchen«, sage ich schnell, um ihn an gestern Nacht zu erinnern. Denn irgendwie mochte ich, dass er mich so genannt hat. »Daten unanständige Mädchen dreimal denselben Kerl?«, will er wissen und sieht mich auffordernd an dabei.
»Wenn es ein Kerl mit langem Ringfinger und großem Schwanz ist«, entgegne ich.
Er hält seine Hand nach oben, spannt sie an und irgendwie gelingt es ihm, den Zeigefinger länger erscheinen zu lassen als seinen Ringfinger.
»Sieht schlecht aus«, sagt er dann und beide müssen wir lachen.
»Ich kann eine Ausnahme machen«, sage ich schnell. »Weil, na ja, also… ich… du…« Schüchtern kaue ich auf meiner Unterlippe und versuche, seinem Blick auszuweichen, was angesichts der Tatsache, dass sein Gesicht ungefähr direkt vor meinem ist, nicht grade einfach ist. Außerdem kommt erschwerend hinzu, dass mein Herz bis zum Hals schlägt und ich zu allem Überfluss von unserem Rumgeknutsche gerade eben eine Erektion hab. Und ich kann nicht mal nach unten sehen und checken, ob er wenigstens auch eine hat. Trotzdem senke ich den Blick und weiche seinen Augen aus.
»Josh?« Seine Stimme klingt seltsam ernst. Und mit einem Mal hab ich Angst, dass er mir jetzt sagt, dass er eigentlich einen Freund hat.
»Hm?« Irgendwie traue ich mich nicht, ihn anzusehen.
»Ich würd gern noch mal mit dem unanständigen Mädchen ausgehen.« Spielerisch streicheln seine Finger meinen Nacken.
Ich rücke ein Stück näher, schmiege mich an ihn und suche seine Lippen. Und ein bisschen ist es, als würde er damit dieses warme Kribbeln an meinem Rückgrat entlang in jede Zelle meines Körpers schicken…
Freudloses Eingeständnis
Ben
»Ziehst du die Tür zu, wenn du gehst?« Er lächelt, bevor er noch mal zu mir kommt, und mir einen Kuss hinhaucht.
Ich nicke und drehe meinen Kopf in seine Richtung, bevor ich in mein Shirt schlüpfe.
»Okay, bis morgen dann«, sagt er und klingt dabei ein wenig verlegen.
»Bis morgen.« Ich ziehe ihn noch mal an mich und küsse seinen Mundwinkel. Meine Spekulation, dass ich so die Chance auf einen allerletzten Kuss hab, geht tatsächlich auf. Schneller, als ich denken kann, legt er ein weiteres Mal seine weichen Lippen auf meine. In meinem Bauch wird es warm und ein kleines Kribbeln breitet sich aus, als er mit den Fingerspitzen über meine Haut streicht, während unsere Zungen sich ein letztes Mal scheu berühren. Es ist so neu, ihn zu küssen. Aufregend... und ein verdammt gutes Gefühl. Da ist nichts von der Ernüchterung am Morgen danach.
»Bis dann.« Er rückt den Gurt seiner Tasche auf seiner Schulter zurecht und lächelt. Dann dreht er sich um, verschwindet im Flur und lässt mich in seinem Zimmer zurück.
»Bis morgen!«, rufe ich ihm halblaut nach.
»Ich bin so gegen vier da«, antwortet er, bleibt für eine Sekunde im offenen Türrahmen stehen und schenkt mir ein Lächeln.
»Okay.« Zögerlich hebe ich die Hand und deute eine Verabschiedung an.
»Ach, Ben?«
»Ja?«
»Ich freu mich drauf«, sagt er, klingt dabei so unbeschwert, dass ich ihn beinahe ein wenig beneide, und verschwindet dann ins Treppenhaus.
»Ich mich auch«, murmle ich mehr zu mir selbst und sehe ihm nach. Starre auf die weiße, alte Wohnungstür mit den kleinen Scheiben aus milchigem Glas und bin nicht sicher, ob ich dieses Gefühl in mir drin zulassen soll. Diese verdammte, so fatale Verliebtheit, gegen die ich mich wehren sollte, solange ich es noch kann, weil sie alles kompliziert macht.
Ich kann nicht mit einem Kerl wie ihm zusammen sein. Für den Moment mag es vielleicht funktionieren. So lange wir nur vögeln, verknallt sind und es nicht viel gibt, was außerhalb des Bettes stattfindet. Aber auf lange Sicht bin ich nicht, was er sucht. Ganz sicher nicht.
Ich muss an gestern im Kino denken. Uns beide in der Warteschlange. Seinen Kopf an meiner Schulter. Den Film, von dem ich nicht viel mitbekommen hab. Irgendwann wird es mich einholen. So, wie es das immer tut.
Ich schlucke die Bitterkeit, die dieser Gedanke in mir hinterlässt hinunter. Ziehe den Saum meines Shirts glatt und suche nach meinen Sachen. Schiebe mein Handy und mein Portemonnaie in die Hosentaschen und greife nach meinem Autoschlüssel. Mein Blick fällt auf die Gerbera, die er gestern mit nach oben genommen hat. Sie steht nun in einer leeren Flasche auf seinem Schreibtisch, neben dem Computer und einem wild aufgetürmten Stapel Papier.
Ich gehe rüber und betrachte seine Sachen. Ein
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