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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Cole
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dass er mir auf den Hintern sieht. Mein Herz schlägt hart in meiner Brust und ich muss tief durchatmen, um dieses beschissene Gefühl zu verdrängen.
    »Wie viele?«, frage ich, ohne mich zu ihm umzudrehen, während ich den Zinkeimer auf dem Bindetisch hinter dem Kassentresen abstelle und mir die Schere aus der Vorrichtung nehme.
    »Alle«, sagt er leise. »Also, wenn das Geld dafür reicht.«
    »Ohne Grün?«, frage ich nach.
    »So, dass es eben hübsch ist. Vielleicht so rund wie die neulich.«
    »Gut.« Ich nehme die erste Rose aus dem Kübel und entferne die Blätter des Stiels. Dann eine zweite und lege sie über Kreuz. Eigentlich geht das beinahe automatisch. Ich mache es so oft, dass ich nicht mehr drüber nachdenken muss. Aber irgendwie macht's mich nervös, wenn er mir dabei zusieht.
    »So?«, frage ich ein paar Minuten und zweimal neu Ansetzen später. Ich hab zwanzig Rosen zu einer Kuppel gebunden und halte sie ihm hin.
    »Der ist hübsch«, lobt er mich mit einem zauberhaften Lächeln. Dabei finde ich den Strauß nicht mal besonders außergewöhnlich. Es ist einfach eine Kuppel aus schönen Blüten. Jeder Idiot würde das hinbekommen.
    »Das macht dann vierzig Euro«, rechne ich und mein Mund ist ganz trocken dabei.
    »Super.« Er schiebt den Schein ein Stück über den Tresen in meine Richtung.
    »Soll ich ihn einpacken? In Folie oder so?«
    »Nein«, sagt er und deutet ein Kopfschütteln an.
    »Papier, damit er nicht tropft?«
    »Ja, bitte.«
    »Okay.« Selbst ich war schon mal geistreicher. Ich schneide die Stiele auf eine Länge, wickle sie in das schwarze Seidenpapier und reiche ihm den Strauß. Seine Finger berühren meine. Ganz kurz nur und er sieht mich an dabei.
    Ich schlucke, drehe mich zur Kasse, tippe den Betrag ein und drücke die Summe -Taste. Ich glaube, Summe ist eins der Worte, das ich wiedererkennen würde, wenn sie mir begegnen. Genauso wie Betrag . Ich erkenne ein paar Worte, wenn ich sie sehe. Und ein paar einzelne Buchstaben. Ein A und ein B zum Beispiel. Oder den Rest meines Namens. Aber das hilft mir nicht weiter, denn die Buchstaben werden nicht zu Worten in meinem Kopf. Sie bleiben einfach nur ein B , ein E und ein N . Ich weiß nicht genau, was das Problem für mich ist. Vielleicht nicht der richtige Moment, sich darüber Gedanken zu machen. Ich sollte kassieren.
    »Danke!«, sage ich freundlich-mechanisch, greife dabei nach dem Geldschein und klemme ihn unter den Halter in der Kassenlade. Dann ziehe ich einen Zehneuroschein als Wechselgeld heraus und schiebe ihn ihm hin.
    »Danke auch«, erwidert er höflich, während er ihn in der hinteren Hosentasche seiner Jeans verstaut. Sein Shirt spannt sich bei dieser Bewegung über seiner Brust und ich kann seine Piercings sehen. Ich erinnere mich kurz an seine hübschen, kleinen, durchstochenen Nippel und daran, wie er stöhnt, weil er es mag, wenn man mit der Zunge daran spielt, obwohl ich das eigentlich nicht will, und zwinge mich, nicht hinzusehen.
    »Also dann...« Kurz bleibt er ein wenig unentschlossen stehen und zupft an einem der Rosenköpfe, aber dann dreht er sich einfach um und geht.
    »Ciao«, sage ich leise, als er fast an der Tür angekommen ist. Ich sollte ihm folgen. Wenn schon nicht, um ihm zu sagen, dass ich in ihn verliebt bin, dann wenigstens um hinter ihm abzuschließen. Er hat kein Wort zu der Sache am See verloren. Und irgendwie bin ich enttäuscht. Keine Ahnung, was sein beschissener Auftritt hier sollte. Ich sollte wohl dichtmachen. Aber zuerst räum ich eben die Stiele der Rosen noch weg.
    »Tut mir leid, wir haben geschl…!«, sage ich ins Klingeln der Türglocke und drehe mich um. Aber es ist kein Kunde, es ist Josh. Mit dem Blumenstrauß von eben, den er, wie ein kleines Blumenmädchen ein bisschen zu hoch vor seiner Brust hält.
    »Was?«, frage ich, bevor er den Kassentresen wieder erreicht.
    »Ich… wollte mit dir reden«, sagt er leise und macht dabei ein betretenes Gesicht. »Und mich entschuldigen. Für meinen Auftritt gestern. Ich dachte… Rosen wären vermutlich angebracht.«
    Er tritt zu mir hinter den Tresen und hält mir den Strauß entgegen .
    »Der Kerl, der sie gemacht hat, ist der beste Florist in Hamburg«, murmelt er dann. »Eigentlich wollte ich lieber Ranunkeln oder Dahlien und ein bisschen ausgefallenes Grün, aber… na ja… Typen, die was verbockt haben, nehmen rote Rosen, hab ich gehört.« Er lächelt schief. Und ich kann irgendwie nicht anders, als es zu erwidern.
    »So?«

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