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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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dass Ihr Gehör so gut funktioniert«, sagte Forselius freundlich. »Wie gesagt. Er hat sich nicht sehen lassen.«
    »Und was haben Sie gemacht?«, fragte Waltin. Idiot, dachte er. Der Opa ist doch ein Vollidiot.
    »Ich habe eine Weile gewartet. Dann habe ich ein gutes Buch gelesen, wirklich ein hervorragendes Buch, über Stokes’sche Prozesse und harmonische Funktionen. Ich hab das hier irgendwo liegen, wenn es Sie interessiert.« Forselius wies vage auf die Bücherregale hinter seinem Rücken.
    »Sie haben nicht daran gedacht, mich zu informieren?«, fragte Waltin. Wie wir das abgemacht hatten, du blöder alter Tattergreis, dachte er.
    »Nee«, sagte Forselius und sah aus, als sei ihm dieser Gedanke wirklich nie gekommen. »Aber ich habe Ihren Chef angerufen.«
    Auch das noch, dachte Waltin.
    »Und was hat der gesagt?«
    »Nicht sehr viel«, sagte Forselius. »Entweder war er nicht zu Hause, oder er wollte nicht antworten.«
    »Haben Sie eine Nachricht hinterlassen?«, fragte Waltin.
    »Ich hinterlasse auf Anrufbeantwortern nie Nachrichten«, sagte Forselius hochtrabend. »Das widerspricht der Natur unseres Dienstes.«
    Als Waltin Forselius über Krassners Tod informierte, nickte der Alte zufrieden. Die Auskunft vom mutmaßlichen Selbstmord wurde überaus gelassen hingenommen.
    »Selbstmord, natürlich«, sagte Forselius augenzwinkernd. »Und ich soll jetzt, wenn die Kollegen von der externen Truppe an die Tür klopfen, aussagen, dass er bei unserer Begegnung zutiefst niedergeschlagen wirkte.«
    »In dem Fall wäre es das Beste, Sie blieben einfach bei der Wahrheit«, sagte Waltin mit erzwungener Höflichkeit. »Dass er mit Ihnen sprechen wollte, dass er dann aber nicht gekommen ist.« Und bleib gefälligst nüchtern genug, dass du uns nicht erwähnst, dachte er.
    »Und gestern Abend also«, Forselius grunzte glücklich und zog sich den Zeigefinger über seinen runzligen Hals, »da hat er sich das Leben genommen.«
    Verdammt, dachte Waltin, und fünf Minuten später hatte er sich verabschiedet, korrekt und trotz allem immer noch sehr höflich.
    Nach dem Besuch bei Forselius war Waltin an der Garage der Firma vorbeigegangen. Der weiße Kastenwagen stand an seinem üblichen Platz und war notdürftig gesäubert worden. In der Mülltonne, die nur wenige Meter neben der Garagentür thronte, hatte jedoch irgendwer bedenklich geschludert. Der schwarze Müllsack war fast leer, doch ganz oben lag eine Papiertasche, die eine leere Tüte, einen zerknüllten Becher und allerlei Abfälle enthielt, die allesamt von einer Hamburgermahlzeit für zwei berichteten, außerdem gab es noch den Kassenzettel für die ganze Pracht, ausgestellt im Marktkiosk oben beim Tessinpark in Gärdet.
    Was ist das nur für eine Welt, in der ein Leitender Polizeidirektor sein Wochenende mit dem Durchwühlen von Mülltonnen verbringen muss, dachte Waltin düster, während er angeekelt und mit Hilfe eines Kugelschreibers die Reste herausfischte. Was mache ich jetzt, und wie werde ich diese beiden Scherzkekse los?
    Zuerst ging er in sein Büro und sprach mit einem Bekannten, der im Außenministerium für gewisse Sicherheitsfragen zuständig war. Kein Problem, da Waltin versprach, für die Kosten aufzukommen, und so konnte der gemeinsame Beschluss, eine Sonderübung unter realistischen Bedingungen durchführen zu lassen, sofort in die Tat umgesetzt werden. Eine Stunde darauf hatte er Göransson und Martinsson in seinem Büro empfangen. Beide schienen gut geschlafen zu haben, und eins stand offenbar von Anfang an fest: Keiner von beiden hatte auch nur die geringste Ahnung davon, dass Krassner tot war.
    »Erzählt«, sagte Waltin, nickte und lächelte freundlich, während er sich in seinen tiefen Schreibtischstuhl zurücksinken ließ und seine Finger zu einem Kirchendach im klassischen gotischen Stil formte.
    »)a«, sagte Göransson, räusperte sich und blätterte in seinem kleinen schwarzen Notizbuch. »Ja«, fügte er dann nach einem weiteren Räuspern hinzu. »Das Objekt hat also um achtzehn Uhr zweiunddreißig seine Wohnung im Körsbärsvägen verlassen. Danach ging er in ziemlichem Tempo auf dem linken Bürgersteig durch Körsbärsvägen und Valhallavägen. Er traf um achtzehn Uhr zweiundvierzig am verabredeten Treffpunkt in der Sturegatan sechzig ein und verschwand dann gleich im Haus. Zehn Minuten später also.« Göransson räusperte sich diskret und schaute leicht nervös zu seinem jüngeren Kollegen hinüber.
    »Aha«, sagte Waltin gelassen.

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