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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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wachsende Kriminalität, die jetzt auch immer häufiger auf Näsäker und die umliegenden Gemeinden übergriff. In der Schule war eingebrochen worden, und irgendwer hatte sich eine der Waldfräsen der Genossenschaft gekrallt.
    »Aber das mit der Schule, das war garantiert dieser kleine Teufel von Marklunds, auch wenn er sich da sonst nie blicken lässt«, sagte Papa Evert.
    Das mit der Waldfräse dagegen war schon schlimmer, und wenn man bedachte, dass so ein Gerät mehrere hunderttausend Kronen kostete – fast neu war es noch dazu gewesen –, dann wäre es schon gut, wenn Lars Martin ein paar gute Burschen von der Landespolizei in Stockholm hochschicken könnte. Am liebsten Norrländer, aber das Beste wäre es natürlich, wenn er persönlich anrücken könnte.
    »Du kannst ja deinen Bruder fragen, ob er dir seine Hündin leiht, und dann kannst du gleich auch noch ein bisschen auf Hasenjagd gehen«, sagte Papa Evert, der gern das Angenehme mit dem Nützlichen verband.
    Er selbst hatte sich zu seinem achtzigsten Geburtstag von seinen Jagdhunden getrennt.
    »Die scheint ja eine gute Jägerin zu sein«, sagte Evert, sozusagen als Argument, und nickte seinem jüngsten Sohn zu.
    Seufz, dachte Johansson, und nicht nur aus Sehnsucht nach einem anderen Leben als dem, das er jetzt führte, aber ehe er sich in eine Diskussion verwickelte, der er lieber aus dem Weg ging, schalteten sich zwei der Kinder seines Bruders ein, und er setzte sich zu seiner Mutter.
    Vom Regen in die Traufe, dachte Johansson fünf Minuten darauf, denn Mama Elna war nicht nur mager, klein, gesund und nicht im Geringsten schwerhörig, sie machte sich außerdem Sorgen.
    »Du siehst nicht gesund aus, Lars«, sagte sie und legte den Kopf schief. »Du kommst mir überarbeitet vor, und ich finde außerdem, dass du seit dem letzten Mal gewaltig abgenommen hast.«
    Immerhin, dachte Johansson und fühlte sich fast ein wenig aufgemuntert, aber dann kam seine Mutter auf ihre persönliche Lieblingssorge zu sprechen, nämlich auf den kleinen Lars Martin.
    »Du hast nicht zufällig jemanden kennen gelernt?«, fragte Mama Elna und bewegte den Kopf von links nach rechts, um zu zeigen, wie besorgt sie war.
    »Du meinst ein Frauenzimmer, Mama«, sagte Johansson und lächelte wie ein braver Sohn.
    »Ja, was sollte ich denn sonst meinen?«, sagte Mama Elna misstrauisch.
    »Irgendeine trifft man ja immer«, sagte Johansson ausweichend, denn er hatte nicht die geringste Lust, seiner Mutter von dem Schwärm aus zweien zu erzählen, in dem er sich in der vergangenen Woche gewälzt hatte wie ein Knorpelhai.
    »Du weißt, was ich meine, Lars«, sagte Mama Elna, die nicht so leicht locker ließ. »Ich meine, etwas Festes, etwas Dauerhaftes, etwas … ja, wie Papa und ich.«
    Nein, dachte Johansson, nicht wie Papa und du, denn so was gibt’s bestimmt nicht mehr.
    Später entschuldigte Johansson sich, wünschte schöne Weihnachten und gute Nacht, nahm seine Weihnachtsgeschenke – vor allem Bücher, von denen einige durchaus lesenswert aussahen – und ging auf sein Zimmer, um vor dem Einschlafen noch ein wenig zu lesen. Aus Gründen, die ihm selbst nicht richtig klar waren, dachte er auch an die Frau, die er vor fast einem Monat im Postamt im Körsbärsvägen gesprochen hatte. Pia, dachte Johansson. Pia Hedin, so hatte sie geheißen. Tut sie vielleicht immer noch, dachte Johansson, dann schlief er ein.
    Das stille Leben auf dem Lande, dachte Johansson einige Tage später. Und aus Gründen, die ihm ebenfalls nicht ganz klar waren, und ohne mehr über dieses Thema zu wissen, wanderten seine Gedanken jetzt zum Leben auf dem russischen Dorf. Zu dem Leben, das zur Zarenzeit geführt wurde, vor der Revolution, und zwar von wenigen Begüterten. Sicher hab ich das irgendwo gelesen, dachte er. Sicher lag es an den Birkenhängen am Wasser, an der Stille, an der Muße, in der er seine Bücher las, lange Spaziergänge machte, aß und schlief und zusah, wie sein Bruder losfuhr und nach Hause kam, nachdem er seine vielen kleinen Geschäfte erledigt hatte, deren genaueren Charakter er lieber gar nicht wissen wollte. Keine Schlittenfahrten mit lodernden Fackeln natürlich, aber auch keine in der Winternacht heulenden Wölfe. Keine Bälle mit Champagner und tief dekolletierten Frauen, die wild hinter ihren geöffneten Fächern flirteten, um die Kälte auf Distanz zu halten. Aber auch keine Angst, dass die Erkältung, die man sich dabei zugezogen hatte, das ohnehin schon kurze Leben noch weiter

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