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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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können, nicht mit einem schnöden Wachtmeister.«
    Du sprichst hier nicht über mich, sondern über meinen Großvater oder meinen großen Bruder, wenn wir die Zeit mal außer Acht lassen, dachte Johansson. Außerdem täuschst du dich in mir, aber das sagte er nicht.
    »Meine Herren«, unterbrach der Wirt sie mit einem leichten Räuspern und einer tiefen Verbeugung. »Marinierter Lachs nach Art des Hauses.«
    Er stellte die Teller vor ihnen ab, große, schräg geschnittene Scheiben Lachs, rosa mit zart-weißer Marmorierung, Zitrone daneben, ein Spritzer Olivenöl und einige grüne Zweiglein von frischen Kräutern.
    »Zu trinken, meine Herren.« Einer seiner Gehilfen präsentierte ein Tablett mit zwei großen Biergläsern und zwei beschlagenen Kristallschwenkern, die er mit geübter Hand neben die Teller stellte, zuerst bei Jarnebring, dann bei Johansson. Danach trat er einen Schritt zurück und machte eine leichte Verbeugung.
    »Ich wünsche den Herren einen guten Appetit.«
    Jarnebring nickte Johansson zu und nahm den Schwenker in die rechte Hand. »Prost, Chef.«
    »Völlig in Ordnung«, erklärte Jarnebring, nachdem sie die Vorspeise verzehrt und ausgiebig an Tante Jennys großen Gläsern genippt hatten. Kräuter und Zitronenscheibe hatte er allerdings im Aschenbecher deponiert, ehe er sich über den Lachs hergemacht hatte. Danach hatten sie über alte Zeiten gesprochen, be-. vor sich ihre Wege getrennt hatten. Während Johansson immer weiter aufgestiegen war, war Jarnebring auf der Stelle getreten. Es war viele Jahre her, dass sie zuletzt zusammen vorne im Streifenwagen gehockt und im Pausenzimmer der Ermittlung den gleichen ranzigen Kaffee getrunken hatten, und da sie sich jetzt nur noch in ihrer Freizeit treffen konnten, unterhielten sie sich am liebsten über die Zeit, in der sie zusammengearbeitet hatten.
    Der Tenor war immer derselbe: früher war alles besser, bei der Ermittlung, bei der Kripo, bei der Polizei überhaupt, sogar die Verbrechen waren in der guten alten Zeit irgendwie zu begreifen gewesen.
    »Kannst du dich an Mord-Otto erinnern?«, fragte Jarnebring. »Und an den Sheriff?«
    »Und Dahlgren und Mattson«, fügte Johansson nostalgisch hinzu. »Und Klein-Gösta und Stich und Kanake und Messer. Bongis. Weißt du noch, Bongis, und Äström und Salle? Erinnerst du dich an Salle, den sie sich immer sofort geschnappt haben, sowie sie einen Bruch hatten? Das war der, den wir Kommissar Toivonen genannt haben, weil er aussah wie der typische Suffkopp aus Karelien, der die Fähre nach Hause verpasst hat.«
    Bei den Erwähnten handelte es sich um legendäre Gestalten und um ehemalige Chefs, die entweder den Löffel abgegeben oder mit Hilfe der üblichen Pensionssysteme vom Spielfeld verschwunden waren, wobei keiner der jüngeren Kollegen sie je im Park hinter dem Polizeigebäude beim Taubenfüttern entdeckt hatte.
    »Übellaunige alte Ärsche«, sagte Jarnebring, »aber tüchtige Polizisten!«
    »Die wüssten, was gut ist und was schlecht und was richtig und was falsch, und sie konnten das, was wichtig ist, von purem Blödsinn unterscheiden«, sagte Johansson, der sich von Tante Jennys Schnäpsen mehr als nur leicht beschwipst fühlte und versuchte, das Gespräch auf einem anständigen Niveau zu halten. Ich kann mich doch nicht mitten in der Woche volllaufen lassen, auch wenn hier mein bester Freund sitzt und obwohl bei unserem letzten Treffen alles so ziemlich zum Teufel gegangen ist und …
    »Eva-Lena«, riss Jarnebring ihn aus seinen Erinnerungen. »Erinnerst du dich an Eva-Lena?«
    »Eva-Lena?« Johansson, der die Meinung vertrat, dass das Polizeihandwerk selbstverständlich von Männern ausgeübt werden sollte, da es dabei zu neunundneunzig Prozent um andere Männer ging, der aber natürlich nicht einmal im Traum daran dachte, diese Ansicht laut zu äußern, wühlte fieberhaft in seinen Erinnerungen.
    »Eva-Lena, die zur Chefin der Drogenfahndung ernannt wurde, zur ersten Ermittlungskommissarin in Stockholm, ich glaube sogar, im ganzen Land. Kleine blonde schmale Frau, ein wenig zu dünn vielleicht, aber trotzdem ziemlich toll, fluchte wie ein Müllkutscher. An die musst du dich doch erinnern?«
    Plötzlich fiel es Johansson wieder ein. Er war in einer Krisensituation aus der normalen Ermittlung zur Drogenfahndung geholt worden, und in der ersten Nacht hatte er eine routinemäßige Beschattung verpatzt. Hatte sie ganz einfach in den Sand gesetzt, denn der Beschattete war schlauer gewesen als er. Was

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