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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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wissen.«
    »Na gut«, sagte Johansson.
    »Und dann scheint er in diesem Haus rein und raus gerannt zu sein.«
    Jarnebring schilderte rasch Krassners Hin- und Hergerenne und sein eigenes Gespräch mit Professor Lidman.
    »Lidman sagt, dass das alles gar nicht ungewöhnlich ist. Selbstmörder laufen froh und munter durch die Gegend und lächeln alles an, was ihnen über den Weg läuft, das wird offenbar lächelnde Depression genannt. Und dann peng, jetzt reicht es, jetzt bring ich mich um. Sie können total irrational sein und zugleich absolut normal wirken.«
    »Das kann ich mir denken«, sagte Johansson, dessen Vetter einst in bester Laune das Geburtstagsfest seiner Tochter verlassen hatte, um dann in die Garage zu gehen und sich aufzuhängen.
    »Aber wir haben noch den Schuh«, sagte Jarnebring und teilte seine und Hultmans Theorie mit, ohne Hultmans Namen zu erwähnen.
    »Klingt überzeugend«, sagte Johansson. »Ich bin natürlich ganz deiner Ansicht.«
    Er schaute verstohlen auf die Uhr. Der Schuh ist gegen eine Fensterbank oder einen Balkon oder sogar gegen ein Vogelhäuschen gestoßen, das irgendein Biologiestudent vor seinem kleinen Fenster angebracht hat, dachte Johansson und lächelte zufrieden.
    »Sicher«, sagte Jarnebring. »Bis gestern Nachmittag hab ich das auch so gesehen, dann fing dieser Schuhteufel wieder an herumzuspuken.« Er nickte Johansson zu und schien ernst und ehrlich besorgt zu sein.
    »Von was redest du?«, fragte Johansson.
    »Hast du dieses Schmierblatt schon mal gesehen?«, fragte Jarnebring und reichte ihm die Augustnummer der Zeitschrift »Soldier of Fortune« aus den USA.
    »Soldier of Fortune«, sagte Johansson und schnitt eine Grimasse angesichts der Gestalten in Tarnkleidung, die unter wildem Feuer über den Umschlag stürmten. »Ist das nicht so ein Naziblatt von da drüben?«
    »Yes«, sagte Jarnebring. »Einer von den jüngeren Kollegen hat mich auf die Idee gebracht. Bei denen liegt im Pausenzimmer ein ganzer Haufen von dem Scheiß. Soldier of Fortune, The Minuteman, Guns and Ammo, The Survivalist, das heißt offenbar ›Der Überlebende«^ erklärte er ganz unnötig, da Johansson sehr gut Englisch sprach. »Diese rechtsextreme Presse, die sich an Waffenficker und alte Klanmitglieder und Leute wendet, die einfach nur Krieg spielen wollen, ist nicht gerade ein Soziblatt, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Nein, dachte Johansson, denn wer würde im Pausenzimmer einer schwedischen Wache Soziblätter erwarten?
    »Enthält jede Menge Anzeigen für Waffen und Überlebenskram und was man tun muss, wenn der Russe kommt, wie man Söldner wird und wie man die Polizei verarschen und wie man Steuern hinterziehen kann. Ja, der ganze Scheiß zwischen Himmel und Erde«, fasste Jarnebring zusammen.
    »Was hat der Schuh damit zu tun?«, fragte Johansson freundlich.
    »Wenn du mal die Anzeigen aufschlägst, Seite 89. Da findest du die Werbung einer Firma namens StreetSmart, abgekürzt SS.«
    Johansson hatte bereits die Anzeige gefunden, die alles Notwendige für den anbot, der in dem »Dschungel, in dem wir Menschen leben müssen« überleben wollte, und aus Gründen, die nicht gerade unerfindlich wirkten, waren die beiden S mit denselben Typen gesetzt wie die »Schießscharten«, die die deutsche SS an ihren Uniformen getragen hatte.
    »Ich verstehe das noch immer nicht«, sagte er dann.
    »Der Scheißschuh«, sagte Jarnebring und hielt ihm einen kurzen rechten Stiefel aus braunem Leder hin. Er wirkte fast munter. »Das ist der Scheißschuh, der der Töle auf den Kopf gefallen ist.«
    Jarnebring drückte den Daumen gegen die Sohle und presste mit der rechten Hand den kräftigen Absatz zusammen. Und aus dem Absatz kullerte ein kleiner Schlüssel aus Metall, gefolgt von einem Stück Papier von Visitenkartengröße.
    »Simsalabim«, sagte Jarnebring mit zufriedenem Lächeln. »Ein Modell der bekannten Marke StreetSmart mit dem hohlen Absatz. Der Schlüssel scheint zu einem Banksafe oder Schließ- fach zu gehören, vermutlich drüben in den Staaten«, sagte er dann und hielt den Schlüssel hoch. »Auch darum kümmert sich die Botschaft, ich brauche mir also keine Sorgen zu machen.«
    »Ach«, sagte Johansson. Was hätte er auch sonst sagen sollen? Er hatte schon Schlimmeres gehört und gesehen. »Und was enthielt der andere Schuh?«, fragte er.
    Jarnebring schüttelte den Kopf.
    »Der war leer. Ich nehme an, der Mann war Rechtshänder.«
    Johansson nickte. Das klingt plausibel, dachte er.
    »Du

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