Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
können, wirklich diese … Kräfte … in der Truppe ausfindig machen.« Waltin lächelte.
»Ja?« Berg nickte.
»Dann haben wir, was wir wollen, aber …« Waltin zuckte mit den Schultern. »Du weißt, was ich meine. Du und ich sind ja beide nicht von gestern.« Du hast schließlich auch so einen in der Verwandtschaft, dachte er, aber das sagte er nicht.
»Schlag was vor«, sagte Berg.
»Erstens, Zeit«, sagte Waltin. »Wir müssen die Sache hinauszögern. Unsere Probleme vorbringen, ihnen erklären, warum es so lange dauert, und uns davor hüten, in der Sache etwas zu unternehmen.«
»Zweitens?«, fragte Berg.
»Das herunterspielen, was wir ihnen schon gegeben haben. Sie wissen schon zu viel. Da haben wir einen Fehler gemacht.«
Berg nickte. Was hatte ich denn für eine Wahl? Mich von so einem Polizeipräsidenten aus Stockholm ersetzen zu lassen?
»Das tun wir«, sagte Berg. »Kannst du einen genaueren Plan machen und konkrete Vorschläge bringen?«
Waltin nickte und lächelte auf seine verbindliche Weise.
»Und wann willst du die haben?«, fragte er.
»Am Liebsten sofort«, antwortete Berg, »aber weil du es bist, kannst du dir auch bis morgen früh Zeit lassen.«
Waltin ist clever, dachte er. Der denkt wie ich. Die Frage ist, ob ich mich auf ihn ebenso verlassen kann wie auf mich selber.
»Das hat Zeit«, beschloss Berg. Herrgott, ich habe doch noch zehn Jahre.
»Drohungen gegen politische Schlüsselfiguren«, sagte er dann.
»Darin könnte ich sie ertränken«, meinte Waltin, und aus irgendeinem Grund schien ihn das zu freuen. »Briefe, Telefongespräche, Tipps, Anzeigen, Ermittlungsmaterial, Abhörergebnisse. You name it. Da haben wir jede Menge.«
»Was tun wir? Machen wir ihnen Angst, oder beruhigen wir sie?«
»Ich finde, wir geben ihnen eine sorgsam getroffene Auswahl«, sagte Waltin. »Jagen ihnen ein bisschen Angst ein und erklären ihnen zugleich, dass solche Typen immer nur reden, aber nie handeln.«
Berg nickte. Das tun wir, dachte er.
»Dieser verdammte Sonderbeauftragte, den sie uns an den Hals gehängt haben. Liegt irgendwas gegen den vor?«
Waltin schüttelte den Kopf.
»Rein gar nichts.«
»Er ist eine allgemein geschätzte Person? In gewissen Kreisen populär?«
»Kann ich mir nicht vorstellen«, sagte Waltin. »Der schlichte Grund ist wohl, dass niemand etwas von seiner Existenz weiß und dass die, die es doch tun, kaum Ahnung von seinen wirklichen Aufgaben haben. Mit einigen Ausnahmen ganz hoch oben. Wenn du willst, kann ich mich mal umhören. Vielleicht finden wir ja doch noch was.« Waltin lächelte viel sagend.
»Scheiß drauf«, sagte Berg und schüttelte den Kopf. »Ich habe jedenfalls nicht vor, mir seinetwegen schlaflose Nächte zu machen.«
Jetzt übertreib nicht, dachte er dann. Das Letzte war ja wohl unnötig gewesen.
Nach dem Mittagessen hatte Berg auf Wunsch der beiden eine unplanmäßige Besprechung mit Kudo und Bülling. Sie hatten ihm etwas so Wichtiges zu erzählen, dass sie es nur ihm anvertrauen konnten. Sie waren außerdem pünktlich, denn als Berg mit einer Minute Verspätung eintraf, saßen sie bereits in seinem Besprechungszimmer.
Ein ungleiches Paar, dachte Berg, als er sie begrüßte. Kudo war klein, mager, durchtrainiert, gut angezogen und wollte offenbar einen guten Eindruck machen. Der ganze Mann strahlte nichts als Kontrolliertheit aus, und genau wie alle anderen in der Truppe, die so waren wie er und die Berg in seinen gut dreißig Jahren getroffen hatte, versuchte er, ihm bei der Begrüßung den Mittelhandknochen zu brechen. Bülling war groß, blond und schlaksig, ließ den Kopf hängen und schielte unter seinem Pony hervor, als er seinem Gegenüber die Hand gab. Seine dünne Hand war schweißnass, und als Berg sie losließ, steckte er sie blitzschnell wieder in die Tasche seiner ausgebeulten Cordjacke zurück.
Feuchte Hände, dachte Berg, und zugleich ging seine innere Alarmglocke los. Reichlicher Handschweiß kann auf ausgiebige Einnahme von Psychopharmaka hinweisen, erinnerte er sich,-
*
denn das hatte er während der Ausbildung im Personenschutz gelernt, da man in diesem Kurs auch lernte, wie man sich am Besten vor dem eigenen Personal schützen konnte. Wäre nicht schlecht, sich diskret an den büroeigenen Psychiater zu wenden, beschloss Berg und lächelte seine beiden Besucher besonders freundlich an. Dass einer seiner eigenen Mitarbeiter sein Büro in Misskredit brachte, wünschte er sich nun wirklich nicht.
»Bitte sehr«,
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