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Zwischen jetzt und immer

Zwischen jetzt und immer

Titel: Zwischen jetzt und immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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Bordstein heran und blieb stehen. Der Motor wurde ausgemacht. Im nächsten Augenblick erschien ein Kopf am Fenster vorn auf der Fahrerseite.
    »Meine Damen«, ertönte eine tiefe, feierliche Stimme. »Darf ich Ihnen das Bertmobil präsentieren?«
    Ein paar Sekunden lang herrschte Schweigen.
    Delia zog scharf die Luft ein.
    »Das gibt’s nicht«, sagte Kristy. »Das ist nicht dein Ernst, oder?«
    Die Fahrertür öffnete sich quietschend, Bert stieg schwungvoll aus. »Was?«
    »Ich dachte, du würdest Onkel Henrys Auto bekommen.« Delia trat näher an Bert heran, während Wes auf der anderen Seite ausstieg. »Hattet ihr das nicht so ausgemacht?«
    »Ich hab’s mir eben anders überlegt.« Bert klimperte mit den Wagenschlüsseln. Er trug ein gestreiftes Hemd, Khakihosen,einen Gürtel und Mokassins, sah also definitiv so aus wie jemand, der sich extra schick gemacht hat.
    »Warum?« Delia legte den Kopf zur Seite und musterte das Bertmobil aufmerksam. Trat plötzlich einen Schritt zurück, stemmte die Hände in die Hüften. »Moment mal«, sagte sie langsam, »ist das etwa   –«
    »Ein Kraftfahrzeug mit Charakter? Das etwas hermacht? Die Antwort lautet Ja«, verkündete Bert.
    »Ist das ein Krankenwagen?«, fragte Delia ungläubig. »Das war mal ein Krankenwagen, nicht wahr?«
    »Ich fasse es nicht.« Kristy lachte. »Bert, ich glaube, du bist so ungefähr der einzige Mensch auf der Welt, der denkt, er könnte mit einer Karre was hermachen, in der Leute
gestorben
sind.«
    »Woher hast du den Wagen?«, erkundigte sich Delia. »Darf man mit so was überhaupt offiziell herumfahren?«
    Wes, der mittlerweile neben der vorderen Stoßstange stand, schüttelte bloß den Kopf. Frag nicht, schien das Kopfschütteln zu sagen. Ich trat dichter ran, um mir das Bertmobil genauer anzuschauen. Auf der Kühlerhaube konnte man gerade so die Umrisse eines As und eines Ms erkennen.
    »Ich habe das Teil bei dem Autoschrotthändler am Flughafen gekauft.« Bert strahlte, als redete er vom allerneuesten Porsche-Modell. »Und der hat’s auf einer Gemeindeauktion ersteigert. Ist doch ultrascharf oder etwa nicht?«
    Delia sah Wes an. »Und was ist mit Onkel Henrys altem Sedan?«
    »Ich habe versucht es ihm auszureden«, meinte Wes. »Aber du kennst ihn ja. Stur bis zum Anschlag. Außerdem ist es sein Geld.«
    »Und ein Sedan hat weder Charakter noch kann man damit was hermachen«, fügte Bert hinzu.
    »
Du
machst nichts her, Bert, egal was für ein Auto du fährst«, sagte Kristy. »Ich meine, schau dich doch mal an. Diese Klamotten! Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst nicht rumlaufen wie der letzte Opa. Echt, ich fasse es nicht. Dieses Hemd . . . ist das etwa aus Nylon?«
    Ihr Kommentar schien Bert nicht weiter zu stören; er blickte an sich runter und strich mit der Hand über die Brusttasche seines Hemdes. »Nylon und noch was. Ein Kunststoff
gemisch
.
Frauen stehen nun mal auf gut gekleidete Männer.«
    Kristy verdrehte die Augen. Wes wischte sich mit der Hand über die Stirn. Monica sagte: »Lass stecken.«
    »Ein Krankenwagen«, sagte Delia so neutral wie möglich. Als könnte sie sich daran gewöhnen, wenn sie es nur oft genug aussprach.
    Bert beeilte sich sie zu korrigieren: »Ein ehemaliger Krankenwagen. Ein Auto mit Geschichte. Mit einer Persönlichkeit, mit   –«
    Wes fiel seinem Bruder ins Wort: »Der Kauf ist nicht rückgängig zu machen. Kein Umtausch möglich. Als er damit vom Parkplatz des Händlers fuhr, waren die Würfel gefallen.«
    Delia schüttelte seufzend den Kopf.
    »Aber ich wollte genau so ein Auto«, bekräftigte Bert.
    Pause. Gegen diese klare Ansage schien niemandem ein Argument einzufallen.
    Schließlich trat Delia auf Bert zu, nahm ihn in den Arm und drückte ihn fest an sich. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, junger Mann.« Sie wuschelte ihm durchs Haar. »Ich kann gar nicht glauben, dass du schon sechzehn bist. Vor allem weil ich mir dadurch uralt vorkomme.«
    »Du bist nicht alt«, sagte er.
    »Alt genug, um mich an den Tag zu erinnern, an dem du geboren wurdest.« Sie trat einen Schritt zurück und strich ihm das Haar aus der Stirn. »Deine Mutter war so glücklich. Du warst ein absolutes Wunschkind.«
    Bert senkte plötzlich den Kopf und drehte verhalten den Schlüsselbund zwischen seinen Fingern. Delia beugte sich vor und flüsterte ihm etwas zu. Er nickte. Als er wieder aufblickte, war sein Gesicht leicht gerötet und für einen flüchtigen Moment entdeckte ich darin etwas Vertrautes,

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