Zwischen Leidenschaft und Liebe
daß sie sich sofort zu Bett begeben sollte. Sie hoffte, daß Brat keine Mühe gehabt hatte, ihre Abwesenheit zu vertuschen. Aber als Oman ihr aus der Kutsche half, sah sie Nyssa und Trevelyan an, die im Dunklen nahe beieinanderstanden. Sie wollte die beiden nicht alleinlassen und dachte ununterbrochen daran, daß Nyssa neben Trevelyan in Bonnie Prinz Charlies Bett liegen würde.
»Ich sterbe fast vor Hunger«, verkündete Claire. »Ich weiß, wie spät es ist, Oman - aber meinen Sie, wir finden im Turm noch etwas zu essen? Ich muß unbedingt noch einen Happen zu mir nehmen.« Sie spürte Trevelyans Blick, aber sie wich ihm aus.
Als Oman nickte, hob Claire den Kopf und folgte ihm in den Westflügel. Nyssa und Trevelyan schlossen sich ihr an.
Sobald Claire in Trevelyans Schreibzimmer kam, ging sie zum Fenster, setzte sich auf die Bank und blickte nach draußen. Sie wollte noch immer nicht Trevelyan ansehen und ihm von den Augen ablesen, was er wußte. Sie sollte jetzt eigentlich in ihrem eigenen Zimmer sein, aber ihr stand noch immer das Bild vor Augen, wie diese Frau Trevelyan küßte.
Oman servierte ein kaltes Abendbrot im Schlafzimmer. Claire nahm Nyssa gegenüber Platz, war jedoch sehr überrascht, als sich Trevelyan auf dem Stuhl neben ihr niederließ. Damit er sie betrachten kann, wenn sie ißt, dachte Claire und beugte den Kopf tief über ihren Teller.
Nyssa sagte etwas zu Trevelyan.
»Sie möchte wissen, ob du noch Jungfrau bist«, sagte Trevelyan.
Claires Kopf zuckte in die Höhe. »Sag ihr, daß sie das nichts angeht. Sag ihr, daß es in meinem Land eine Unhöflichkeit ist, so etwas zu fragen.«
Nyssa erwiderte etwas darauf.
»Sie sagt, es wäre auch in ihrem Land eine Unhöflichkeit, aber als Perle des Mondes könne sie tun und lassen, was ihr beliebt. Sie fragt, ob ...« Er brach ab und redete mit Nyssa. Die beiden sprachen ein paar Minuten miteinander. Oman, der gerade servierte, machte ein geschocktes Gesicht, als Claire zu ihm aufsah.
»Was redet sie jetzt über mich?« fragte Claire.
»Nichts Wichtiges«, murmelte Trevelyan.
»Ich möchte die Wahrheit wissen. Ich will, daß du mir verrätst, was sie über mich sagt.«
Trevelyan sah erst Nyssa und dann Claire an. »Sie sagt, daß du aussiehst wie eine Jungfrau und daß es eine Schande wäre, weil du noch nicht. . .«
»Weil ich noch nicht was?«
»Nichts«, murmelte Trevelyan wieder und schob sich einen Bissen in den Mund.
»Ich will es aber hören!« Claire war den Tränen nahe. Sie hatte die beiden stundenlang beobachtet und war jede Sekunde dieser Reise wütend gewesen. Sie war müde und konnte nicht mehr klar denken. »Verrate mir, was sie sagt.«
Trevelyan blickte Claire eindringlich an und sagte mit leiser Stimme: »Nyssa meint, es wäre zu schade, daß du glaubst, deine Jungfrauenschaft bewahren zu müssen. Ihrer Meinung nach sei Captain Baker ein großartiger Liebhaber und nur zu empfehlen.«
Claire sah Nyssa an, die ihr in ihrer transparenten Robe gegenübersaß, ein leichtes Lächeln auf ihrem hübschen kleinen Gesicht, und Claire war wütend. Wie kam diese Person dazu, anzunehmen, daß sie, Claire Willoughby, keine Erfahrung in solchen Dingen besaß?
»Sag ihr, ich wäre keine Jungfrau und hätte schon einige Liebhaber gehabt.«
»Ich werde ihr nichts dergleichen sagen.« Trevelyan klang schockiert.
Claire funkelte ihn an. »Du tust so, als hättest du Skrupel? Du mit deinen fünfundzwanzig Frauen in einer Nacht? Du scheust vor einer kleinen Lüge zurück? Sag ihr, ich hätte bis zu einem Dutzend Liebhaber in einer Nacht gehabt.«
Trevelyan zwinkerte belustigt. »Das sind zu viele.«
»Oh, tatsächlich?« Claire runzelte die Stirn. »Wie viele sind eine eindrucksvolle Zahl?«
»Ein Mann, der dich die ganze Nacht wachhielt.«
»Nur einer?«
Trevelyan lachte. »Ein guter.«
»Schön, dann sag ihr das, und daß ich den besten Liebhaber der Welt gehabt hätte.«
»Und wer könnte das sein? Harry?«
»Laß Harry aus dem Spiel!« Claires Entschluß, Nyssa die Meinung zu sagen, geriet ins Wanken, und sie starrte auf ihren Teller.
»Ich werde ihr sagen, daß wir beide ekstatische Nächte verbracht haben«, sagte Trevelyan leise, »und daß du mir von allen Frauen, die ich gehabt habe, die größte Wonne bereitet hast.«
Claire sah zu ihm auf, und ihr lief ein Schauer über den Rücken, als sie seinem Blick begegnete. »Würdest du das für mich tun?«
Er zeigte ihr das sanfteste Lächeln, das man sich vorstellen
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