Zwischen Leidenschaft und Liebe
»sie hat mein Fuhrwerk überfallen und meine Flaschen zerschlagen lassen.«
Er grinste Claire an. »Ein paar von den alten Sitten sind in Ordnung. Du wirst mich nie dazu bringen, daß ich meinen Kilt ausziehe, aber auf gestohlenes Rindfleisch kann ich gern verzichten. Ich wünschte, ich hätte im Winter auch mal. . .« Sein Kopf ruckte hoch. »Ich möchte im Winter auch mal Orangen essen!«
Er setzte sich auf seinen Schemel und starrte auf den Boden. »Wenn es hier Arbeit gibt, könnte meine Familie vielleicht wieder nach Hause kommen. Ich habe vier Jungs - alles feine, prächtige Kerle. Sie sind in Amerika und zwei von ihnen sind verheiratet.« Angus sah Claire an, und Tränen standen ihm in den Augen. »Einer meiner Söhne hat ein Kind. Ich habe meinen Enkel nie gesehen und glaubte auch nicht, daß ich ihn jemals sehen würde.«
Claire fürchtete, sie würde auch im nächsten Moment zu weinen anfangen. Trevelyan beobachtete sie eindringlich. Und er wandte den Blick nicht von ihr ab, als sie ihn anstarrte. Nach einer Weile stand er auf, hielt Claire wortlos seine Rechte hin und ging mit ihr zur Tür. Angus schien gar nicht zu bemerken, daß sie seine Hütte verließen.
Claire folgte Trevelyan ins Freie. Sie konnten die Klänge von Dudelsackpfeifen hören, die neben der Hütte spielten. Claire wollte in diese Richtung gehen, aber Trevelyan zog sie zum Wald hin. »Was hast du vor?« fragte Claire, aber er gab ihr keine Antwort.
Als sie sich im Schutz der Bäume befanden, wo man sie nicht sehen konnte, drehte Trevelyan sich zu ihr um, nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände und küßte sie, wie er sie noch nie zuvor geküßt hatte. Es war kein Kuß der Leidenschaft; es war ein Kuß der ... Liebe, dachte Claire.
Trevelyan trat einen kleinen Schritt zurück und betrachtete sie, als wollte er sich jeden ihrer Züge ins Gedächtnis einprägen.
»Das war etwas sehr Gutes, was du für ihn getan hast«, sagte er leise.
Aus irgendeinem Grund war Claire dieses Kompliment peinlich. »Ich habe nicht mehr für ihn getan als jeder andere an meiner Stelle auch getan hätte. Ich kenne den Prinzen und dachte, daß er vielleicht eine Kostprobe von MacTarvits Whisky nehmen würde, wenn ich ihm eine Flasche davon schickte.
Ich hatte den Eindruck, daß er mich mochte, als wir uns in London kennenlernten.«
Trevelyan sah sie noch immer auf seine sonderbar eindringliche Weise an. Doch dann lächelte er und sagte: »Ich glaube, Nyssa hat inzwischen ein kleines Fest arrangiert. Sollen wir zu ihnen gehen und sie beim Tanzen beobachten?«
Claire wußte, daß es so einen Tag wie diesen in ihrem Leben nie mehr geben würde. Als sie zu dem Platz vor seiner Hütte kamen, zapfte dort Angus gerade zwei große Fässer seines Whiskys an und verteilte ihn an jeden - ohne einen Penny dafür zu verlangen.
»Das Ende der Welt ist nahe«, raunte Trevelyan Claire ins Ohr.
Als Claire Angus zum ersten Mal besucht hatte, hatte sie sich bemüht, ein paar schottische Tänze zu lernen. Heute waren es Nyssa und Brat, die sich im Schwerttanz übten. Und die beiden hübschen jungen Frauen konnten es so gut, daß Claire sich lieber auf die Rolle der Zuschauerin beschränkte. Sie staunte, wie behende die Füße der beiden über die Klingen der Schwerter auf dem Boden glitten.
Als Brat einmal über den Saum ihres Kleides stolperte, fragte Nyssa, ob sie nicht ein paar schottische Kleider anziehen könnten. Eine von den Frauen bot ihr einen langen, selbstgewebten Rock an, aber Nyssa deutete auf einen jungen Mann und sagte, sie wolle so eine Kleidung haben. Sie wurde von einigen darauf hingewiesen, daß Frauen nicht so einen kurzen Schottenrock tragen würden, bis Trevelyan sich einmischte und erklärte, daß Nyssa das, was sie sich wünschte, auch bekommen müsse. Angus ging mit den beiden jungen Frauen in seine Hütte und lieh ihnen zwei Kilts in der dunklen Farbe des MacTarvit-Clans. Er schien sie seit vielen Jahren sorgsam verwahrt zu haben, und man konnte dem alten Mann anmerken, daß sie ihm viel bedeuteten. Als Nyssa einen der Kilts entgegennahm, küßte sie Angus auf die wettergegerbte Wange. Brat, die sich von Nyssa nicht ausstechen lassen wollte, drückte ihm einen Kuß auf die andere Wange, und Angus strahlte, daß man seine Zahnlücken sah.
Als die hübschen jungen Frauen wieder aus Angus’ Haus kamen, mit den kurzen Kilts bekleidet, so daß man ihre nackten Beine sehen konnte, gab es vorwurfsvolle Blicke von den Frauen und einige lüsterne
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