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Zwischen Leidenschaft und Liebe

Titel: Zwischen Leidenschaft und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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treppauf gelaufen waren, und schlüpfrig von der Kälte und der Feuchtigkeit, die sich auf den Steinen niedergeschlagen hatte.
    Im Stockwerk darüber erforschte sie mehrere Räume. Einige von ihnen enthielten noch Reste von Möbeln. Sie entdeckte in einem dieser Gemächer ein Langschwert, hob es auf und trug es in das Licht der Fensterluke. Die Butzenscheiben aus altem, schlierigen Glas waren größtenteils zerbrochen, und Fledermäuse hatten sich hier eingenistet. Sie untersuchte das Langschwert und hörte wieder in ihrem Kopf die Dudelsäcke pfeifen. Was sie bisher in Bramley erlebt hatte, war weit von dem entfernt gewesen, was sie sich unter Schottland vorgestellt hatte, aber dieses Schwert, das sie nun in ihren Händen hielt, stimmte sie optimistisch, daß ihre Erwartungen sich vielleicht doch noch erfüllten.
    Sie klemmte das Schwert unter den Arm, stieg in das nächsthöhere Stockwerk und betrat dort ein großes Gemach mit hohen Fenstern, durch die genügend Licht hereinkam, daß sie die Reste der Gobelins betrachten konnte, die hier einst die Wände geschmückt hatten. Sie gaben ihr eine Vorstellung davon, wozu dieses Zimmer gedient hatte - und wozu es wieder dienen könnte.
    Sie schlug die Arme um den Oberkörper, um sich zu wärmen, und wirbelte im Zimmer herum. »Sobald ich verheiratet bin, werde ich diesen Flügel renovieren«, sagte sie laut. »Ich werde die Gemächer hier oben zu unserer Wohnung machen, und sie werden so herrlich aussehen wie vor zwei- oder drei-hundert Jahren. Ich werde die Wände mit karierten Stoffen verkleiden und die Gobelins restaurieren lassen. Ich werde ...«
    Sie sagte nichts mehr, weil sie auf eine morsche Diele getreten war und der Boden unter ihr nachgab. Das Langschwert schlitterte durchs Zimmer. Sie schrie, als sie durch den Fußboden brach; war jedoch geistesgegenwärtig genug, ihre Arme zur Seite zu werfen, so daß sie nicht gänzlich durch das Loch rutschte und einen Stock tiefer auf den Steinen landete. Sie schrie zum zweitenmal - diesmal um Hilfe; verstummte aber sofort wieder. Wer könnte sie wohl durch meterdicke Steinmauern hindurch hören? Wer würde sie hier wohl finden? Niemand schien sie zu vermissen, wenn sie bei den Mahlzeiten fehlte. Würde es Tage dauern, ehe man sie hier entdeckte?
    »Na, na!«
    Sie blickte auf und sah den Mann, dem sie schon einmal begegnet war - den Mann, der sich Trevelyan nannte - unter der Tür stehen. Sogleich wurden in ihr wieder jene Empfindungen wach, die sie ihm entgegengebracht hatte, als sie sich zum erstenmal begegnet waren: Ihr gefiel die Art nicht, wie er dastand, die Schulter auf eine unverschämte Weise an den Türpfosten gelehnt. Ihr mißfiel der Ausdruck auf seinem von Narben gezeichneten Gesicht, das jedoch jünger wirkte, als sie es in Erinnerung hatte.
    »Ich habe hier unten ein Geräusch gehört und hielt es für das Quietschen von Ratten. Doch wie ich sehe, handelt es sich nur um eine, wenn auch besonders große Ratte.«
    »Glauben Sie, daß Sie Ihre häßlichen Bemerkungen vielleicht bis später aufheben und mir erst hier heraushelfen könnten?« Und wenn ich aus diesem Loch heraus bin, dachte sie, werde ich das Schwert gegen dich verwenden!
    »Sie sehen mir aber kräftig genug aus, um sich selbst zu helfen. Haben Sie etwa vergessen, daß ich ein gebrechlicher alter Mann bin? Ich könnte einen Herzanfall erleiden, wenn ich Ihnen helfe. Vielleicht sollte ich lieber Ihren großen starken Herzog holen!«
    Sie versuchte, sich an etwas festzuhalten, um sich selbst aus dem Loch herauszuziehen, aber da war nichts in ihrer Nähe, woran sie sich klammem konnte. »Harry ist unterwegs, um Pferde zu kaufen.«
    »Das tut er ziemlich oft, nicht wahr?«
    »Er will sich einen Rennstall zulegen.« Sie gab den Versuch auf, sich aus den geborstenen Dielen herauszuwinden, und blickte zu ihm hoch. »Allmählich bekomme ich Schmerzen. Könnten Sie mir bitte aus diesem Loch heraushelfen?«
    Trevelyan machte ein paar Schritte auf sie zu, bückte sich, schob die Hände unter ihre Achseln und hob sie mühelos aus dem Loch. Einen Moment lang stand sie nahe, sehr nahe bei ihm. Sie berührte ihn zwar nicht, konnte aber seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren. Als er auf sie heruntersah, begann ihr Herz zu pochen. Meine Wut auf ihn ist daran schuld, daß es so laut klopft, dachte sie, aber es fühlte sich etwas anders an als ein vor Wut hämmerndes Herz. Er schenkte ihr ein kleines Lächeln, als habe er etwas entdeckt, was er schon lange gesucht

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