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Zwischen Leidenschaft und Liebe

Titel: Zwischen Leidenschaft und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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umzuziehen. Aber ich bin zuversichtlich, daß ich das noch lernen werde.«
    Er ließ ein kurzes Schnauben hören - ein Schnauben, das seine Zweifel an ihrem Lernvermögen kundtat. »Bis dahin hungern Sie also«, sagte er und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. »Das gehört vermutlich zu dem Lehrgeld, das Sie bezahlen müssen, wenn Sie Herzogin werden wollen.«
    Claire machte ihm eine lange Nase, als er ihr wieder den Rücken zudrehte. Sie wußte, daß sie jetzt eigentlich gehen sollte, aber sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte, wenn sie jetzt ging. Sie mochte diesen Mann zwar nicht und wollte sich auch nicht in seiner Nähe aufhalten, aber der Anblick der Bücher und Papiere war faszinierend. Sie brachte es einfach nicht fertig, zu gehen.
    Langsam und vorsichtig, damit sie ja kein Geräusch verursachte, streckte sie den Arm aus, um ein Papier von einem Tisch zu nehmen. Kaum hatte sie das Papier in der Hand, als er auch schon schnaubte: »Legen Sie das hin!«
    Erschrocken ließ sie das Papier zu Boden flattern. Sie stand einen Moment still und zitterte am ganzen Körper wie ein Kind. Er tat so, als beachtete er sie nicht, merkte aber sofort, wann sie eine Bewegung machte.
    »Was schreiben Sie denn?« fragte sie.
    »Wenn ich wünschte, daß Sie erfahren sollten, was ich schreibe, würde ich Sie zu einer Vorlesung einladen.« Er stand auf, begab sich zu einem anderen Tisch, setzte sich dort nieder und begann sofort wieder zu schreiben.
    Claire wollte ihm sagen, daß er vergessen habe, seine Teetasse mitzunehmen, war aber so verzaubert von ihrem Anblick, daß sie meinte, noch nie eine so schöne Tasse gesehen zu haben wie diese. Sie dampfte noch, und sie ertappte sich dabei, daß sie sich auf den Tisch zubewegte, auf dem sie stand. »Ich hatte nicht die Absicht, Sie zu stören«, sagte sie. »Ich befand mich lediglich auf einem Spaziergang, als ich diese offene Tür in der Mauer sah und hineinging. Harry - Seine Gnaden, wollte ich sagen - gab mir die Erlaubnis, mir das Haus anzusehen.«
    Mit dem Ende ihres Vortrags hatte sie auch den Tisch mit der Teetasse darauf erreicht und hielt sie bereits in der Hand, ehe sie so recht wußte, was sie tat. Sie war sich auch bewußt, daß Trevelyan sich auf seinem Stuhl herumdrehte und sie ansah, als sie die Hand auf die Tasse legte. Plötzlich regte sich der Trotz in ihr, und sie führte die Tasse an ihren Mund. Sie war es leid, jeden Mittag hungern zu müssen, ohne daß sich jemand darum kümmerte. Sie trank die noch halb gefüllte Tasse leer und war danach überzeugt, sterben zu müssen.
    »Das war Whisky«, keuchte sie und preßte eine Hand an ihre Kehle.
    »Schottlands bester«, meinte Trevelyan amüsiert.
    Claire wankte auf ihn zu und versuchte sich an einem Tisch festzuhalten.
    »Wenn Sie beabsichtigen, in Ohnmacht zu fallen, würde ich die Chaiselongue dort drüben empfehlen - der Boden ist ziemlich hart.«
    Obwohl ihr Hals und ihr Magen zu verbrennen schienen, gelang es ihr doch, ihm einen Blick zuzuwerfen, der ihm sagte, was sie darüber dachte, daß er ihr nicht zu Hilfe kommen wollte. Sie bekam endlich die Rückenlehne eines Stuhles zu fassen und sank darauf nieder.
    »Ich ... das Zeug hätte mich umbringen können«, krächzte sie.
    »Es ist zwar ein Verbrechen, einem Mann den Whisky zu stehlen, aber es wird selten mit dem Tode bestraft. Zumindest in den meisten Ländern nicht. Natürlich hat jeder Diebstahl auch seine moralischen Aspekte.«
    »Würden Sie jetzt bitte still sein? Kann jemand an einer solchen Portion Whisky sterben?«
    »Schwerlich.«
    Er sah sie mit seinen ausdrucksvollen Augen unverwandt an, und nach einer Weile entspannte sie sich. »Du meine Güte«, stöhnte sie. »Ich glaube fast, es ist das erste Mal, daß mir warm wird, seit ich in dieses Land gekommen bin. Ich fühle mich ... mich ...« Ihre Stimme verebbte.
    »Besoffen. Was Sie fühlen, ist ein Schwips.« Er klatschte zweimal in die Hände, und fast im gleichen Moment erschien ein Mann unter der Tür.
    Claire riß trotz ihres momentanen Schwindelgefühls ihre Augen auf: Das war der größte Mann, den sie jemals gesehen hatte - sie schätzte ihn auf über einen Meter neunzig -, und er war mit einem eigenartigen weißen Gewand bekleidet. Er trug eine Tunika, die ihm bis zu den Knien reichte, und darunter eine Hose, die eng an den Knöcheln anlag. Sein Gesicht war dunkelbraun, und er hatte schwarze Augen, einen dünnen Mund und eine große Nase mit einem so scharfen Sattel, daß sie meinte,

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