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Zwischen Leidenschaft und Liebe

Titel: Zwischen Leidenschaft und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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beigebracht, als sie aus Büchern lernen konnte. Nur widerstrebend trat er von ihr weg, ging zu einer Truhe, die an einer Wand stand, entnahm ihr ein handschriftliches Manuskript und gab es ihr.
    >Der Duftende Garten<, las Claire, >übersetzt von Captain Baker<. Sie sah zu ihm auf und lächelte dankbar, während sie das Manuskript gegen ihren Busen drückte wie einen kostbaren Gegenstand.
    Trevelyan runzelte die Stirn. Sie lächelte so entzückt, wie ein Kind seinen Vater anlächeln würde, und er mußte sich zusammennehmen, daß er nicht die Beherrschung verlor. Sie war mit seinem Bruder verlobt. Sie war keine leichtfertige junge Frau, mit der er sich einen Nachmittag vergnügen konnte. Wenn er sie berührte, würde das schlimme Folgen haben und zu endlosen Komplikationen führen. »Setzen Sie sich wieder dort drüben hin und seien Sie still«, befahl er barsch. »Ich muß mein Pensum schaffen.«
    Sie sagte kein Wort mehr, als sie zur Fensterbank zurückging und Platz nahm. Sie brauchte ein paar Minuten, bis sie Captain Bakers kleine Schrift entziffern konnte, doch sie erkannte schon nach wenigen Zeilen, was für eine Art von Buch Trevelyan ihr gegeben hatte. Es war die Übersetzung einer Abhandlung über die Kunst der Liebe.
    Ein Kapitel handelte von der Schönheit der Frauen, und alle weiblichen Körperteile wurden beschrieben. Das darauffolgende Kapitel war der Beschreibung der Männer gewidmet, und dem schloß sich eines an, das die Stellungen beschrieb, die man beim Geschlechtsverkehr einnehmen konnte. Dies alles wurde durch kleine komische Geschichten abgerundet, die vom Ehebruch und allen möglichen Spielarten der sogenannten freien Liebe handelten.
    Claire las das Manuskript, ohne auch nur einmal aufzublicken. So gegen fünf Uhr kam der große, schwarzäugige Mann im weißen Anzug herein und stellte ein Tablett mit Früchten, einer Art Brot und einen hohen Metallbecher vor sie hin. Sie aß davon, murmelte »Danke« und sah nicht ein einziges Mal von ihrer Lektüre auf.
    An einer Stelle lachte sie laut.
    Trevelyan erschreckte sie mit der Frage, was sie denn so komisch fände.
    »Hier«, antwortete sie, »dieser Satz, daß alle kleinen Frauen es unter allen Umständen besser könnten . . .« Sie sah zu ihm hoch. »Sie wissen schon, besser als große Frauen.
    Hier steht, daß kleine Frauen besser geeignet wären als größere Frauen für . .. nun, Sie wissen schon . .. für die Liebe.«
    Er sah sie an. Sie maß knapp über einsfünfzig und saß mit angezogenen Knien da. Er lächelte sie auf eine einladende Weise an.
    Ihre Blicke kreuzten sich einen Moment, und in dieser Sekunde schossen ihr viele Bilder von sich paarenden Eheleuten durch den Kopf. Sie bewegte den Kopf hin und her, als wollte sie ihn von solchen Bildern befreien, und wandte sich dann wieder ihrer Lektüre zu. Sie las eine Reihe von Geschichten, die vom Verrat der Frauen an ihren Ehemännern handelten. Diese Episoden riefen bei ihr ein Stirnrunzeln hervor. Sie blätterte das Manuskript durch; konnte jedoch kein entsprechendes Kapitel über den Verrat der Männer an ihren Ehefrauen finden.
    An einer Stelle stieß sie ein lautes »Ha!« aus.
    Trevelyan warf ihr einen Blick zu.
    »Hier steht, daß Männer und Frauen niemals Freunde sein können - daß dies ein Ding der Unmöglichkeit wäre. Ich glaube das nicht und meine, daß Captain Baker das auch nicht geglaubt hat. Er ...«
    »Es ist eine Übersetzung und kein Werk, das seine eigene Meinung wiedergibt. Das hätten Sie doch schon an der Tatsache erkennen müssen, daß es keine Größenangaben enthält -keinen Durchmesser von Wagenrädern.«
    Sie ignorierte seine Bemerkung und setzte ihre Lektüre fort. Der große Mann im weißen Anzug reichte ihr ein winziges Glas mit einer Flüssigkeit. Sie trank davon und hustete.
    »Vorsicht«, warnte Trevelyan.
    »Ich glaube nicht, daß ich Whisky trinken sollte.«
    »Und ich glaube nicht, daß Sie lesen sollten, was Sie gerade lesen.«
    Sie lächelte ihn an. Er hatte recht. Dann zuckte sie mit den Achseln, nippte an dem Whiskyglas und vertiefte sich wieder in das Manuskript. Der Whisky wärmte sie.
    Nach einer Weile hatte sie das Manuskript zu Ende gelesen, schlug es zu und sah aus dem Fenster.
    »Nun?« fragte Trevelyan. »Ist es seiner würdig? Captain Baker, meine ich?«
    Langsam drehte sie sich zu ihm um und blickte ihn an. Ihr schwirrte der Kopf von dem, was sie gerade gelesen hatte -von Dingen, die ihr bisher völlig unbekannt gewesen waren. Sie

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