Zwischen Leidenschaft und Liebe
gefragt, aber er vermutete, daß seine Mutter vorhatte, einen Teil von Claires Geld für den Kauf von Schafen zu verwenden. Und man konnte keine Schafe dort weiden lassen, wo Menschen wohnten.
Trevelyan starrte ins Feuer. Das alles ging ihn nichts an. Er war nur in dieses Haus zurückgekommen, um seine Gesundheit wiederherzustellen und zu schreiben. Wenn das erledigt war, würde er dieses Haus wieder verlassen, und wenn Harry sein Versprechen, seine Expeditionen zu finanzieren, einlöste, plante Trevelyan bis zum Ende des nächsten Jahres wieder in Afrika zu sein. Es gab noch so viel in Afrika, was er gern sehen wollte.
»Es berührt mich nicht«, sagte er laut. Dann betrachtete er noch einmal die Skizzen und rief im nächsten Moment Oman zu sich.
14. Kapitel
Harry schlief so fest, daß Trevelyan ihn wachrütteln mußte. Harry rollte auf den Bauch, starrte seinen Bruder böse an, drehte sich auf die andere Seite und schloß wieder die Augen.
»Ich will mit dir reden«, sagte Trevelyan. »Schläfst du eigentlich nie?«
»Nicht, solange ich es vermeiden kann.« Als Harry die Augen nicht mehr öffnen und offenbar wieder einschlafen wollte, rüttelte Trevelyan ihn abermals an der Schulter. »Ich gehe nicht weg.«
Harry verzog das Gesicht und setzte sich ächzend auf. »Als Untergetauchter, der sich hier nur verstecken wollte, bist du ziemlich umtriebig. Was hast du jetzt für ein Problem?«
»Was ist zwischen Claire und deiner Mutter heute vorgegangen?«
Harry riß die Augen auf. Er schien ehrlich verwundert zu sein. »Nichts Ungewöhnliches. Claire sagte, sie wollte Mutter kennenlernen, und dieser Wunsch wurde ihr heute erfüllt. Sie haben zusammen Tee getrunken.«
Trevelyan betrachtete seinen Bruder lange. Er war immer erstaunt, wenn Menschen nicht bemerkten, was um sie herum vorging. Harry war zweifellos davon überzeugt, daß seine Mutter und seine Verlobte sich blendend verstanden hatten. Harry hatte vermutlich gar nicht bemerkt, wie Claire, MacTarvits Erzählung nach, im Zustand heillosen Entsetzens das Zimmer verlassen hatte.
»Was hat Claire dir davon erzählt?« fragte Harry.
»Ich habe sie nicht gesprochen.«
Harry lächelte. Er war froh, daß seine kleine amerikanische Erbin ihre Zeit nicht mehr mit seinem älteren Bruder verbrachte. »Woher weißt du dann, daß ihr etwas mißfallen haben könnte?«
»Ich habe davon gehört.«
Harry gähnte. Trevelyans Geheimnistuerei mochte vielleicht für den Rest der Welt faszinierend sein - ihn ödete sie nur an. »Falls das alles ist, was du mir sagen wolltest, würde ich jetzt gern weiterschlafen.«
»Wenn du Claire geheiratet hast, wirst du . .. sie« - Trevelyan sprach dieses Wort in verächtlichem Ton aus - »in das Witwenhaus schicken?«
»Ich weiß nicht, warum du in dem Glauben verharrst, daß unsere Mutter ein Drachen sei. Sie ist eine schlichte, liebenswürdige Frau, und das war sie schon immer. Wenn du dir nur einmal die Mühe machen würdest, sie richtig kennenzulernen, würdest du das auch feststellen. Was nun deine Frage betrifft - nein, Mutter wird nicht in das Witwenhaus ziehen. Ich halte es für besser, wenn sie hierbleibt, wo ich ihr nahe sein kann. Sie ist behindert, wie du wohl weißt.«
»Sie beabsichtigt also, hierzubleiben, wo sie das Haus und Leatrice beherrschen kann.«
Gegen seinen Willen wurde Harry hellwach. Sein Bruder konnte selbst den Teufel zur Weißglut bringen. »Mutter ist kein Monster. Sie liebt ihre Tochter und möchte mit ihr einen Teil ihrer Zeit verbringen. Ist das ein Verbrechen? Lee ist glücklich.«
»Ist das deine oder Lees Meinung? Wann hast du zuletzt mit ihr gesprochen?«
»Jedenfalls später, als du mit ihr zum letztenmal geredet hast«, schoß Harry zurück. »Was denkst du dir eigentlich dabei, mitten in der Nacht hierherzukommen und zu versuchen, alles zu verändern? Du gehst als kleines Kind aus dem Haus, läufst deinem Großvater weg, läßt dich hier jahrelang nicht sehen und kommst zurück und meinst, jedem Befehle erteilen zu können? Wenn du das willst, mußt du auch vor alle hintreten und erklären, wer du bist.«
Trevelyan setzte sich in einen Sessel neben dem Bett und schwieg.
»Das habe ich mir gedacht«, sagte Harry. »Du willst zwar hier herumschleichen und das Kommando führen, aber dich dazu bekennen möchtest du nicht.«
»Deine kleine Amerikanerin will Lee mit James Kincaid verheiraten.«
Harry lachte. »Nun, dann soll sie es doch versuchen«, sagte er und legte sich in die Kissen
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