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Zwischen Leidenschaft und Liebe

Titel: Zwischen Leidenschaft und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Bruder, ihrem . .. ihrem Seelenvertrauten - wie er sich in der Kutsche umdrehte, die ihn zu seinem schrecklichen Großvater bringen sollte, und zu ihr zurückblickte, war ihrem Geist bis zum Tag ihres Todes unauslöschlich eingeprägt. Ihr Vater hatte gesagt, Vellie würde in ein paar Monaten wieder nach Hause kommen, aber Leatrice hatte in das strenge Gesicht ihrer Mutter geschaut und gewußt, daß ihrem Bruder die Rückkehr nicht mehr erlaubt wurde, jedenfalls nicht, um hier zu wohnen. Er hatte das unverzeihliche Verbrechen begangen, sich dem Willen seiner Mutter zu widersetzen. Er hatte sich gegen sie aufgelehnt und gelacht bei ihren Bestrafungen, Warnungen und Drohungen. Aber am Ende hatte die alte Frau gewonnen, denn Vellie war schließlich nur ein kleiner Junge und sie die Herzogin und seine Mutter gewesen. Ihr Vater hatte seinen Sohn Alex zum zukünftigen Herzog ausbilden müssen, und Leatrice dachte, daß ihr Vater vielleicht ein bißchen froh darüber gewesen war, daß man ihm Vellie abgenommen hatte, denn der zweite Sohn war vom Tag seiner Geburt an ein Problem gewesen.
    »Bist du wirklich da?« flüsterte sie. Ihr Atem kam stoßweise, während sie versuchte, ihr Schluchzen unter Kontrolle zu bekommen.
    »Wahrhaftig und wirklich.«
    Seine Arme umschlangen sie, und ihr Rücken lag an seiner Brust, als er sie an sich drückte. Als er noch ein kleiner Knirps war, hatte ihn ihre Mutter für den kleinsten Verstoß gegen ihre Regeln mit der Peitsche bestraft. Leatrice dachte, daß ihre Mutter vielleicht immer so wütend gewesen war, weil ihr zweiter Sohn nicht weinen wollte. Er pflegte nach den Schlägen, die er von dieser Frau bekommen hatte, mit gestrafften Schultern und dem Hauch eines spöttischen Lächelns auf dem Gesicht davonzugehen, als wollte er sagen, daß sie ihm nicht weh getan habe. Doch nachts schlich sich dann Leatrice durch die Geheimgänge in sein Zimmer, kroch zu ihm ins Bett, und er kuschelte sich an sie und weinte. Er weinte und fragte: »Warum haßt sie mich so sehr?« Leatrice wußte ihm nie eine Antwort darauf zu geben.
    »In den Zeitungen stand, du wärest tot. Du seist an einem Fieber gestorben und hättest Pesha nie erreicht. Du wärest schon zu krank gewesen, um es noch . ..«
    Sein spöttisches Lachen schnitt ihr das Wort ab. »Es braucht mehr als ein Fieber, um mich umzubringen. Ich war eine Weile krank, vielleicht mehr tot als lebendig, aber ich kam wieder zu Kräften. Ich blieb dort, bis ich soweit war, daß ich ein verdammtes Boot besteigen konnte. Und dann fuhr ich nach Hause.«
    Sie hielt eine seiner beiden Hände an ihr Gesicht und rieb ihre Wange daran. Sie wußte, daß es schon Monate zurücklag, daß dieser Mann Jack Powell, Trevelyans Reisebegleiter, nach England zurückgekehrt war und der Welt verkündet hatte, daß er und er allein die geheime Stadt Pesha betreten habe. Powell hatte der Presse erzählt, daß Captain Baker zu krank gewesen sei, um die Stadt zu betreten, und deshalb dort zurückgeblieben sei. Powell behauptete, Captain Baker wäre so krank gewesen, daß man ihn den ganzen Weg bis zur Küste habe tragen müssen und daß er, als sie gerade das Schiff besteigen wollten, das sie nach England zurückbringen sollte, gestorben sei.
    »Wo wohnst du?« fragte Lee.
    Er zögerte, ehe er antwortete: »In Charlies Zimmer.«
    Leatrice schwieg einen Moment. Als sie wieder das Wort ergriff, versuchte sie, einen unbekümmerten Ton anzuschlagen: »Bist du schon länger hier?«
    »Ein paar Wochen.«
    Sie verstand, was er damit sagen wollte. Er hielt sich schon eine Weile im Haus auf, hatte sie aber aus irgendeinem Grund nicht besuchen wollen. Sie fragte sich, ob es das erste Mal war, daß er sich in diesem Haus aufhielt.
    »Was führt dich jetzt in mein Zimmer?« fragte sie, wieder bemüht um einen unbeschwerten, sorglosen Ton, als wären ihre Gefühle nicht verletzt.
    Doch Trevelyan wußte genau, was sie in diesem Moment dachte - er hatte das stets gewußt -, und er lachte sie aus. Lachte auf eine Weise, die sie wütend machte.
    Sie rückte von ihm weg, nahm ein Kissen und schlug damit auf ihn ein. »Wie konntest du mich in dem Glauben lassen, du seist tot? Hast du einen Begriff davon, wie sehr ich gelitten habe? Deine Briefe waren das einzige, was ich je in meinem Leben hatte. Ich habe alle, jede Zeile aufgehoben.«
    Er lag auf dem Bett und grinste sie an. Sie hatte ihn viele Jahre nicht gesehen, aber sie hätte ihn an diesem Grinsen überall wiedererkannt. Es war dasselbe

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