Zwischen Liebe und Intrige
trinken. Meine Großmutter musste ihre Geschwister ganz
allein aufziehen und sich gleichzeitig um ihren Vater kümmern,
dabei war sie selbst fast noch ein Kind! Sie war zwölf bei ihrer
Ankunft in Australien und vierundzwanzig, als sie meinen Großvater
heiratete."
"Sie
muss ein wunderbarer Mensch gewesen sein", meinte Sadie leise.
"Ja,
das war sie."
Er
bedachte sie mit einem Blick, den sie nicht recht zu deuten wusste.
Aus irgendeinem Grund schienen seine Verbitterung und sein Zorn ihr
zu gelten. Unvermittelt wechselte er das Thema.
"Sie
tragen Ihr Parfüm."
Sadie
nickte und ließ sich nicht anmerken, wie sehr sie sich darüber
freute, dass es ihm aufgefallen war.
"Unterscheidet
es sich sehr von dem ursprünglichen Duft von Myrrh?"
"Kaum",
antwortete sie enttäuscht. Sein Interesse war offenbar rein
beruflicher Natur. "Das Originalparfüm war im Stil der
damaligen Zeit viel schwerer, als man es heute trägt. Und
natürlich sehr teuer."
"Teuer
und exklusiv", ergänzte er. "Ein Luxus, den sich eine
einfache Frau wohl kaum leisten konnte."
Zu
Sadies Verwunderung waren seine Züge und sein Tonfall plötzlich
wieder hart und abweisend.
"Wissen
Sie schon, was Sie essen möchten?" fragte er dann mürrisch.
Sie
war nahe daran, ihn zu fragen, womit sie ihn verärgert habe.
Stattdessen erwiderte sie nur kühl, ja, sie habe gewählt
und sei bereit zu bestellen.
"Wie
alt waren Sie, als Sie merkten, dass Sie eine Nase für Parfüms
haben?"
Der
erste Gang war gerade serviert worden. Sadie sah argwöhnisch zu
Leon hinüber, doch sein grimmiger Gesichtsausdruck war
verschwunden, und er lächelte wieder.
"Ich
weiß nicht. Eigentlich habe ich schon immer gewusst, dass ich
einmal Parfüms kreieren würde. Meine Großmutter hat
mich natürlich darin unterstützt. Sie hätte nur zu
gern selbst die Firma übernommen, aber als Mädchen hatte
sie in der damaligen Zeit ihrem Bruder gegenüber keine Chance."
"Soviel
ich gehört habe, gab es Unstimmigkeiten zwischen den beiden."
"Mein
Großonkel war ein Spieler und hat die Firma mit seinen
Spielschulden in den Ruin getrieben. Meine Großmutter hasste
das, und vermutlich hasste sie auch ihn irgendwann. Der Graben
zwischen den beiden war umso tiefer, als meine Großmutter einen
Engländer geheiratet hatte und weit weg lebte. Doch das Geschäft
lag ihr immer sehr am Herzen …"
"Eine
Leidenschaft, die sie offenbar an Sie weitergegeben hat",
bemerkte Leon.
Sadie
lächelte.
"Meine
Großmutter war ein ziemlich leidenschaftlicher Mensch."
"Genau
wie Sie, nehme ich an. Sehr leidenschaftlich."
Ihre
Blicke trafen sich. Sadies Atem ging flach, ihr Herz raste. Dieser
intime Moment, als sie einander schweigend in die Augen sahen, war
das Aufregendste, das sie je erlebt hatte. Sie vergaß das Essen
auf ihrem Teller – in diesem Moment zählte nur noch Leon.
Wenn er jetzt ihre Hand genommen und sie vom Tisch weggeführt
hätte, wäre sie, ohne zu zögern, mit ihm gegangen.
"Sie
können doch gar nicht wissen, dass ich …", begann
sie flüsternd. Ihre Augen waren groß und dunkel, die
Pupillen geweitet.
"Ich
weiß es." Seine Stimme war angespannt und rau vor
Verlangen. "Ich weiß, wie es sein wird, dich in den Armen
zu halten, Sadie. Ich weiß, wie leidenschaftlich du reagieren
wirst, wenn du in meinem Bett liegst."
Was
ist nur in mich gefahren? fragte sich Leon erschrocken. Es kam ihm
vor, als hätte ein anderer gesprochen, nicht er selbst. Seit er
mit einundzwanzig Jahren die Firma übernommen hatte, war der
geschäftliche Erfolg sein ganzer Lebensinhalt gewesen. Nichts
und niemand hatte sich zwischen ihn und seine Arbeit drängen
können – bis jetzt!
Zum
ersten Mal in seinem Leben war er gefühlsmäßig hin
und hergerissen. War er komplett verrückt geworden? Völlig
aus der Spur geraten? Zugegeben, Sadie war eine ausgesprochen
begehrenswerte Frau, aber das hieß noch lange nicht …
Die
Art, wie sie ihn ansah, brachte ihn völlig aus der Ruhe. Sein
Verlangen nach ihr wurde so stark, dass er es kaum zügeln
konnte.
Dies
war nicht Teil seiner Lebensplanung. Nicht jetzt und auch zu keinem
anderen Zeitpunkt. Nicht mit dieser Frau!
Warum
also unternahm er nichts dagegen? Warum brachte er seine Gefühle
nicht unter Kontrolle? Wollte er nicht, oder konnte er nicht?
Er
sah, wie sie vor Erregung erschauerte, und sofort reagierte sein
Körper darauf. Er konnte nichts dagegen tun. Keine Frau hatte
jemals in der Öffentlichkeit eine solche Wirkung auf ihn gehabt,
jedenfalls nicht,
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