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Zwischen Macht und Verlangen

Zwischen Macht und Verlangen

Titel: Zwischen Macht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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und sie blätterte lustlos in der Sonntagszeitung. Moische lag lang ausgestreckt auf der Sofalehne, als wolle er über ihre Schulter mitlesen. Der Artikel über französische Kochkunst war nicht dazu angetan, Shelbys Gedanken zu fesseln. Sie ließ das Blatt sinken.
    Es half alles nichts, der gestrige Tag drängte sich immer wieder in den Vordergrund.
    Alles war ihretwegen schief gelaufen. Es hatte keinen Sinn, das zu leugnen. Zwar benahm sie sich höchst selten ungezogen und grob, aber Alan gegenüber hatte sie ihr Meisterstück geliefert. Es war ihr gelungen, ihn nicht nur zurückzuweisen, sondern auch seine Gefühle zu verletzen. Dass sie sich dabei selbst hatte schützen wollen, machte die Sache nicht besser.
    Sie lächelte traurig, als ihr Blick auf die Ballons fiel, die lässig über den Küchentisch rollten. Sie hatten in der Zwischenzeit ihren Aufwärtsdrang eingebüßt und erinnerten an müde Überbleibsel einer fröhlichen Fete. Shelby seufzte.
    Ich hätte ihnen auf der Stelle die Luft herauslassen und sie in den Müll werfen sollen, aber das ist nun zu spät. Ihr Finger glitt zart über weiches, runzeliges Gummi.
    Wenn ich anriefe, jede Konversation ablehnen und mich nur kurz entschuldigen würde, drei Minuten höchstens, wäre meinem Gewissen damit gedient? Shelby überlegte schon, wo die Eieruhr sein mochte, mit der sie die Zeit des geplanten Gesprächs kontrollieren könnte. Ungefährlich wäre das Unternehmen allerdings nicht. Hatte nicht ein ebenso harmloses Telefonat gestern das ganze Elend erst ausgelöst?
    Shelby überlegte noch, als jemand an die Tür klopfte. Erwartungsvolle Freude huschte über Shelbys Gesicht, und im nächsten Moment hatte sie auch schon die Tür aufgerissen.
    „Ich wollte dich gerade … Oh – hallo, Mama!“
    „Tut mir Leid, dass ich nicht die erwartete Person bin.“ Deborah küsste ihre Tochter auf die Wange und trat ein.
    „Wahrscheinlich ist es besser so“, murmelte Shelby und schloss die Tür. „Ich mache frischen Kaffee. Es ist schließlich eine Seltenheit, dass du dich am Sonntagmorgen hier sehen lässt.“
    „Ich bin mit einer halben Tasse zufrieden, wenn du noch jemand erwartest.“
    „Keine Sorge, die Gefahr besteht nicht.“ Shelbys Ton war flach und entschieden.
    Deborah Campbell sah die Tochter forschend an, doch dann schüttelte sie bekümmert den Kopf. Seit über zehn Jahren schon wusste sie nicht mehr, was im Inneren ihres Kindes vorging. „Wenn du für heute keine Pläne hast, könntest du mich begleiten. In der National-Galerie gibt es eine Ausstellung über flämische Kunst.“
    Ein heftiges, nicht salonfähiges Wort entfuhr Shelby, und sie steckte ihren Daumenknöchel in den Mund.
    „Hast du dich verbrannt, Liebes? Zeig mal her!“
    „Nicht der Rede wert, lass nur, Mama.“ Shelby hatte sich wieder in der Gewalt. „Es waren nur ein paar Tropfen heißer Kaffee. Setz dich doch!“ Mit fast heftiger Bewegung fegte sie die Ballons vom Tisch auf den Küchenboden.
    „Verändert hast du dich jedenfalls nicht. Deine Art aufzuräumen ist noch immer sehr genial.“ Deborah lächelte nachsichtig. Dann wartete sie ab, bis Shelby sich ihr gegenüber hingesetzt hatte. „Stimmt etwas nicht?“ fragte sie teilnahmsvoll.
    „Ob etwas nicht stimmt?“ Shelby tat, als ob sie nicht verstünde. „N icht, dass ich wüsste.“
    „Du bist im Allgemeinen nicht so sprunghaft.“ Deborah Campbell rührte ihren Kaffee um und sah Shelby dabei prüfend an. „Ah, die Sonntagszeitung! Hast du sie schon gele sen?“ fragte sie mit undurchsichtiger Miene.
    „Natürlich.“ Shelby zog einen Fuß unter sich. „Um nichts in der Welt möchte ich Grants Expose missen.“
    „Das meinte ich diesmal nicht.“
    Gleichgültig blickte Shelby auf. „Ich habe nur die erste Seite und ein paar Schlagzeilen überflogen, zu mehr bin ich noch nicht gekommen. Sollte ich etwas von Bedeutung übersehen haben?“
    „Offensichtlich.“ Ohne ein weiteres Wort stand Mrs. Campbell auf und ging zum Sofa. Sie suchte zwischen den verstreuten Blättern, bis sie einen bestimmten Teil fand. Lächelnd reichte sie ihrer Tochter die gewisse Seite. Shelby schaute auf das wohlgelungene Foto und schwieg.
    Es handelte sich um einen ziemlich scharfen Schnappschuss von der Schwanenbrücke. Alans Hände lagen auf Shelbys Armen, und sie hielt sich am Geländer fest. Ihr Oberkörper und Kopf lehnten an Alans Brust, der dicht hinter ihr stand. Shelby erinnerte sich genau an diesen Augenblick. Dem Fotografen war

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