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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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blitzten. „Du trägst die Kette“, stellte er fest. Leslie nickte. Das Lachen wurde zu einem selbstgefälligen Grinsen. Es schien fast, als müsste er sich von ihrem Anblick losreißen, doch dann startete er wieder den Motor und trat aufs Gas. Er fuhr – wie immer – viel zu schnell, aber der heftige Fahrtwind tat Leslies verwirrten und eingerosteten Gedanken nur allzu gut. Sie entspannte sich sogar ein bisschen, während sie der Musik lauschte, die Raffaello wieder eingeschaltet hatte. Eine tiefe Männerstimme sang auf Italienisch.
    „Tiziano Ferro“, erklärte Raffaello. „Kennst du ihn?“ Leslie schüttelte den Kopf.
    „Ist aber schön“, murmelte sie.
    „Ich kann dir ein paar CDs von ihm ausleihen, wenn du willst“, sagte er. Himmel, er tat gerade so, als wäre sie niemals weg gewesen.
    „Drei liegen im Handschuhfach.“ Er wies mit der Hand auf die kleine Klappe vor Leslies Knien. „Die andere bringe ich dir irgendwann mit.“ Sollte sie sie jetzt einfach so nehmen? Sie tat es und umklammerte die CD Hüllen so fest mit beiden Händen, dass sie fürchtete, sie könnten Risse bekommen.
    „Äh … wir sehen uns doch nicht“, sie stockte. „Wir sehen uns doch nicht … wieder …?“, fragte sie schließlich. Nein, dachte sie, bitte, bitte sag Nein. Raffaello sah sie von der Seite her an.
    „Nicht?“, fragte er beinahe erstaunt. „Eigentlich habe ich mir gerade überlegt, dass du mir erzählen musst, wie und warum du wieder auf Sizilien bist. Weißt du, Mario hat sich oft nach dir erkundigt. Ich wette, er freut sich, von dir zu hören.“ Er grinste. Leslie war nicht gleich in der Lage zu antworten. Er brauchte nur ein paar Sätze zu sagen und schon kam es ihr vor, als wäre sie niemals nach Hause gefahren. Als wäre kein ganzes Jahr vorübergegangen, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Seit er sie geküsst hatte. Aber was sie am meisten verunsicherte, war ihr Herz, das auf einmal so grässlich schnell schlug. Sie war der festen Überzeugung gewesen, er sei ihr piepegal. Und das war er doch auch. Es war nur der Schock, versuchte sie sich einzureden, nur der Schock, ihn so plötzlich wieder zu sehen.
    „Ich könnte dich morgen abholen und – wo wohnst du eigentlich? Wohl kaum mehr in unserem Hotel?“, sagte er. Leslie schüttelte den Kopf.
    „Nein“, sagte sie, „Anne und ich haben uns ein kleines Ferienhaus gemietet, ein bisschen außerhalb der Stadt. Am Meer.“
    „Gosetti ist also nicht mehr dabei?“, fragte er.
    „Er ist hierher gezogen“, sagte Leslie. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er das nicht wusste. Er nickte mit zusammengepressten Lippen.
    „Ich weiß“, knurrte er. „Also machst du nur mit deiner Freundin Urlaub?“
    „Ja“, sagte sie und brachte ein Lächeln zustande, „Anne war der Meinung, ich bräuchte jetzt nach dem Schulabschluss eine endlos lange Auszeit.“ Sie lachte.
    „Du bist jetzt achtzehn, nicht?“, fragte Raffaello. „Der 13. Juli, stimmt ja … Alles Gute nachträglich!“ Oh Gott, er hatte sich ihren Geburtstag gemerkt. Und er war neunzehn geworden, dieses Jahr, fiel ihr ein.
    „Gleichfalls“, murmelte sie.
    „ Grazie “, sagte er fröhlich und trommelte zum Takt der Musik auf dem Lenkrad herum. „Hast du Einwände gegen ein Treffen morgen?“, fragte er nach einer Weile. Sie schluckte. Ja, dachte sie, hab’ ich. Aber ihr fiel keiner ein.
    „Vielleicht nicht gerade morgen …“, murmelte sie leise.
    „Hm“, machte er, „dann muss ich die Gelegenheit wohl beim Schopf packen, dich zum Einkaufen begleiten und dich danach auf ein Eis einladen.“ Welche Reaktion hatte sie von ihm auch erwartet? Direkt, spontan und ungeheuer überrumpelnd. Wie vor einem Jahr.
    „Hast du nichts vor heute?“, fragte sie zögernd, beinahe hoffnungsvoll. Doch er schüttelte den Kopf.
    „Nein, ich war gestern mit Mario segeln und heute sind wir zurückgekommen. Ich habe mir erlaubt, zwei Tage freizunehmen.“ Er grinste.
    „Arbeitest du denn?“, fragte sie verblüfft. Wer brauchte denn zu arbeiten, wenn er einen stinkreichen Vater hatte, dessen Geld es ihm ermöglichte, einen Maserati zu fahren? Ganz zu schweigen von seiner protzigen 30 Meter Jacht, die wahrscheinlich irgendwo auf dem Meer herumdümpelte.
    „Nicht direkt …“, sagte er. „Ich denke, das erkläre ich dir nachher. Wir sind gleich da. Wo willst du hin?“ Sie nannte ihm den Namen des Supermarktes, dann legte er auf dem Parkplatz eine Vollbremsung hin, schaltete die

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