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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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abgebildet war, ließ ihren Herzschlag rasen. Da war sie. Wie sie mit großen Augen und in Handschellen in die Kamera blickte. Auf dem nächsten Bild war Raffaello zu sehen. Irgendetwas von ‚Razzia‘ stand in der Überschrift, mehr konnte Leslie nicht verstehen.
    „Oh“, machte sie und schob die Schublade wieder zu.
    „Sag ich doch“, knurrte Raffaello. „Es wäre besser gewesen, wenn ich meine Klappe gehalten hätte.“ Sie drehte sich zu ihm um. Er sah tatsächlich verärgert aus.
    „Ich verkrafte das“, meinte sie schulterzuckend.
    „Wirklich?“, fragte er düster. „Dass du im ganzen Land in den Zeitungen warst? Dass vielleicht sogar deine Eltern davon wissen?“ Sie antwortete ihm nicht darauf. Und versuchte, gar nicht erst weiter über das, was er gesagt hatte, nachzudenken.
    „Ist mir egal“, sagte sie dann. Er beäugte sie misstrauisch.
    „Weißt du was? Scheiß auf Gosetti. Du kommst einfach mit zu mir.“, sagte er mit fester Stimme, warf seinen Autoschlüssel in die Luft, fing ihn mit einer Hand wieder auf und ging voraus in den Flur. Die Tür stand noch offen. Zu perplex, um etwas zu erwidern, stand Leslie einen Augenblick da und blickte ihm nach, dann wühlte sie Annes Zettel wieder aus dem Mülleimer hervor, legte ihn auf die Anrichte und schrieb unter Annes Nachricht:
„Bin bei Raffaello.“
    Genauso wortkarg, wie Anne gewesen war. Zufrieden folgte sie Raffaello zu seinem Auto.

31
    Das Haus, das zwanzig Minuten später vor ihnen auftauchte, entlockte Leslie ein entzücktes: „Oh!“ Es war nicht ganz so riesig, aus Feldsteinen gemauert und verwinkelt. Inmitten eines dichten Gartens stand es, der nicht so aussah, als verbrächte Raffaello viel Zeit damit, das Gras zu mähen oder Unkraut zu zupfen. Hinter dem Haus erhob sich eine niedrige Böschung, auf der Olivenbäume, Zitronenbäume und Akazien wuchsen. Orangenbäume und Zypressen ragten vor der Terrasse aus dem Boden, auf der ein alter Mühlstein stand, der offensichtlich als Tisch diente. Zwischen den Bäumen konnte Leslie einen alten, halb zerfallenen Brunnen im dichten Gras erkennen. Der gesamte Garten wirkte recht verwildert. Für Gartenarbeit hatte Raffaello allem Anschein nach nichts übrig. Dafür umso mehr für Autos, wie es schien. In der Einfahrt, die von blühenden Büschen und Zypressen gesäumt war, parkten drei Stück. Ein rotes Cabrio, ein Ferrari, ein schwarzer BMW und ein uralter Oldtimer, den er scheinbar nur zur Verzierung dort stehen hatte. Fahrtüchtig war er schon lange nicht mehr, sagte Raffaello, aber das machte gerade seinen Reiz aus. Leslie musste grinsen. Ein Autofreak. Warum nur war sie bei ihm nicht schon früher auf den Gedanken gekommen?
    Das riesige Grundstück lag am Fuße eines Weinbergs, zwischen dessen Reihen nur schemenhaft der eine oder andere bewaffnete Mann zu sehen war. Leslie blickte sich um. In den Feldern, die das Grundstück umgaben, konnte sie noch mehr Wachen erkennen. Gruselig.
    „Wir sind ja sowieso nicht alleine“, grummelte sie und deutete auf den Weinberg, während sie Raffaello zur aus dickem Eichenholz gefertigten Haustür folgte. Er blickte über die Schulter.
    „Ich weiß“, sagte er und stieß die Tür auf. „Die Kerle hab’ ich Mario zu verdanken. Seit ich hier oben alleine lebe und … nun ja, ‚Chef‘ bin, hat er Angst um mein Leben. Aber die stören nicht wirklich, wenn man nicht auf sie achtet. Manchmal bin ich sogar froh, dass sie da sind.“ Das konnte sich Leslie nicht vorstellen.
    „Er ist leichtsinnig“, hörte sie Gosettis Stimme in ihren Gedanken und musste ihm fast recht geben. Aber nur fast.
    „Hast du keine Angst, dass sie … die Seite wechseln könnten?“, fragte sie und er schien ganz genau zu wissen, was sie meinte.
    „Woher hast du nur solche Ideen?“, entgegnete er grinsend. „Du liest zu viele schlechte Bücher.“
    Sie waren im Wohnzimmer angekommen. Von außen mochte sein Haus beinahe schon bäuerlich aussehen, aber die Einrichtung war eindeutig die eines Millionärs. Und so stilsicher. Leslie fragte sich, ob er die Möbel selbst zusammengestellt hatte. Die gesamte Wohnung war sehr hell, es gab viele Fenster und Lampen – offenbar konnte Raffaello es nicht leiden, im Dunkeln zu hocken. Allerdings wirkte es nicht, als hielte er sich hier oft auf. Wahrscheinlich leitete er seine ‚Geschäfte‘ vom Haus seiner Eltern aus. Hoffte sie jedenfalls.
    „Gefällt es dir?“, fragte er und blickte sie hoffnungsvoll an. Leslie nickte und

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