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Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Titel: Zwischen Pflicht und Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deb Marlowe
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Ich weiß nicht, was er getrunken hat.“ Der Diener verzog angeekelt das Gesicht. „Ich bin Kaffee kochen gegangen, und als ich zurückkam, war die Tür verschlossen. Dachte mir, dass ich hier hereinkommen müsste, also habe ich nach Ihnen geschickt, Sir, bevor ich die Tür aufbreche.“
    „Sie haben richtig gehandelt.“
    Crocker rümpfte die Nase. „Ich werde ihm ein heißes Bad bereiten.“
    Charles stöhnte nur und drehte sich auf die andere Seite.
    Jack gönnte ihm keine Ruhe. „Auf, Schlafmütze! Während du auf einer Dreitages-Sauftour warst, bin ich fleißig gewesen. Ich habe dir jemanden mitgebracht.“
    „Geh weg, und lass mich sterben.“
    „Nicht heute, großer Bruder. Los, steh auf!“
    „Fahr … zur … Hölle“, brummte Charles nur.
    Jack lachte nur.
    „Kaffee, Mylord.“ Crocker hielt ihm eine Tasse unter die Nase. Charles versuchte mannhaft, nicht zu würgen, und winkte ab. Ein Heer von Dienern kam herein und machte beim Einlassen seines Bades solchen Lärm, dass er sich die Decke über den Kopf zog. Mit vereinten Kräften brachten Jack und Crocker ihn dazu, in die Wanne zu steigen, und überzeugten ihn, dass er nicht sterben würde. Nach einer halben Kanne Kaffee fühlte er sich fast wieder wie ein Mensch. Fast.
    „Ich werde gar nicht erst fragen, was das ausgelöst hat“, sagte Jack, als Charles, in einen Morgenmantel gehüllt, aufrecht auf einem Stuhl saß.
    „Eine Frau“, stellte Crocker düster fest, während er das Rasierzeug wegräumte. „Nichts anderes lässt einen Mann so tief sinken.“
    „Gott weiß, du hast jedes Recht, dich zu betrinken, aber nun müssen wir uns wieder aufs Geschäft konzentrieren“, sagte Jack. „Glaub mir, du wirst hören wollen, was unser Gast zu sagen hat.“
    Charles seufzte tief. „Schlimm genug, dass du von mir erwartest, zusammenhängend zu sprechen, aber anziehen werde ich mich nicht. Wenn ich ihn nicht hier empfangen kann, wird er warten müssen.“
    „Ich hole ihn herauf.“
    Jack kehrte mit einem Burschen zurück. Charles verzog das Gesicht und hoffte, dass der Anblick solcher Ausschweifungen den Jüngling nicht verderben würde.
    „Charles, das hier ist Mr. Lionel Humbert, Schriftsetzerlehrling. Mr. Humbert, Lord Dayle.“
    Der Bursche nickte und drehte seine Mütze in den Händen. „Guten Morgen, Mylord.“
    „Ein guter Morgen? Darüber lässt sich streiten, aber mir ist nicht nach diskutieren.“ Er deutete auf einen Stuhl. „Möchten Sie sich nicht setzen?“
    Der Junge erbleichte. „Nein danke, Mylord. Ich meine, ich bleibe stehen, Mylord.“
    „Mögen Sie Kaffee?“, versuchte Charles dem Burschen die Verlegenheit zu nehmen.
    „Nein. Ich meine, ja, Sir, aber ich sollte besser jetzt keinen trinken. Ich bin zu aufgeregt, Sir.“
    Wenigstens war er von „Mylord“ zu „Sir“ übergegangen.
    „Das brauchen Sie nicht. Ich mag fürchterlich aussehen, aber ich verspeise keine jungen Männer zum Frühstück. Sagen Sie mir, was kann ich heute Morgen für Sie tun, Mr. Humbert?“
    Der Junge sah Jack an, der ermutigend nickte. „Ich glaube, ich soll etwas für Sie tun, Sir. Sehen Sie, ich bin Lehrling bei Mr. Prescott in der Druckerei.“
    „Eine der Zeitungen von Mr. Prescott ist der ‚Oracle‘“, erklärte Jack.
    „Sie haben mein Mitgefühl, dass Sie mit dem Herausgeber dieses Blatts zu tun haben.“
    „Danke, Sir. Mr. Griggs ist ein bisschen drollig im Kopf, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
    „Mehr als ein bisschen, würde ich sagen“, stimmte Charles ernst zu.
    „Erzählen Sie ihm von dem Mann, über den wir gesprochen haben“, drängte Jack.
    „Also, vor einer Weile habe ich Korrekturfahnen zu Mr. Griggs gebracht, wie immer. Das war etwa zu der Zeit, als sie anfingen, in den Zeitungen gegen Sie zu hetzen, Sir, wenn Sie mir verzeihen, dass ich das sage. Da sah ich zum ersten Mal den Mann, den Sie suchen, wie Mr. Alden sagt.“
    „Einen kleinen, dunkelhaarigen Mann?“ Charles richtete sich voller Interesse auf.
    „Jawohl, Sir. Ein Seltsamer ist das. Bewegt sich schnell und abgehackt wie ein Vogel. Deswegen hab ich seinen Namen nicht vergessen.“
    „Sein Name? Wie lautet der, Junge?“, fragte Charles.
    „Fink, Sir. Fink, wie der Vogel, versteh’n Sie?“
    „In der Tat. Kluger Bursche“, sagte Charles zustimmend. „Wissen Sie, was Fink bei Mr. Griggs wollte?“
    Der Junge spitzte den Mund und dachte nach. „Also, es sah so aus, als wenn er die Zeitung überprüft und freigibt – so wie Mr. Griggs

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