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Zwischen Rom und Mekka

Titel: Zwischen Rom und Mekka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz-Joachim Fischer
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indischen Subkontinent in Indien und Pakistan (Ost und West) im Zuge der Unabhängigkeit von Großbritannien mit rund einer Million Toten und der Umsiedlung von neun Millionen Menschen demonstrierten Pius XII. das Konfliktpotenzial von Religionen. Sie gaben einen Vorgeschmack vom »Zusammenprall der Kulturen«, wo man doch gerade die verschiedenen Religiösen auseinanderziehen wollte. Denn die »Grenzstreitigkeiten«, wie es offiziell hieß, zwischen Indien und Pakistan waren auch solche zwischen Hindus und Muslimen. Die Grenzen, die dann gezogen wurden, trennten keineswegs fein säuberlich die Völker und Religionen. Legten sie damit den Keim für ein ewiges Zerwürfnis oder den Samen für die notwendige Verständigung über ein friedliches Zusammenleben im Atomzeitalter? Denn seit Jahren stehen sich die hinduistische Atommacht Indien und die muslimische Atommacht Pakistan gegenüber, beide mit Minderheiten der jeweils anderen Religion. Bereit zum Erstschlag? Ängstlich in der Verteidigung? Nicht wenige meinen heute, dass es - wenn schon - an der Grenze zwischen indischen Hindus und muslimischen Indern, in der gefährlichen Nähe der extremistischen Taliban in Afghanistan zu einem »Clash« kommen könnte. Erst langsam öffneten sich die römischen Augen für die neue Wirklichkeit. Pius XII. ernannte 1953 den Erzbischof von Bombay, Valerian Gracias, als ersten Inder zum Kardinal.
    1947 war ein bedeutendes Jahr im Verhältnis zwischen Kirche
und Moschee. Der Heilige Stuhl nahm als international anerkanntes Völkerrechtssubjekt im Oktober ständige diplomatische Beziehungen zum ersten islamischen Staat, Ägypten, auf. Schon ein Jahrhundert zuvor, 1839, hatte Mehmed (Mohammed) Ali, der Erneuerer Ägyptens, eine Delegation nach Rom gesandt; man wusste das internationale Gewicht des Papstes zu schätzen. Pius XII. nutzte den Wunsch der Staaten in der »Dritten Welt« nach internationaler Anerkennung. Die - seit dem Verlust des Kirchenstaats - zunehmende moralische Autorität der Päpste förderte bei den Regierungen in aller Welt das Bestreben, vom Vatikan anerkannt zu sein - so auch bei Hitler 1933 durch das Reichskonkordat - und im Gegenzug den Katholiken in ihrem Bereich bestimmte Rechte einzuräumen und ihnen verbindliche Pflichten aufzuerlegen. Die dahin zielenden Verträge und Konkordate waren und sind internationale Abkommen auf Gegenseitigkeit.
    Für die jungen Staaten, die sich von ihren Kolonialmächten befreiten und in jenen Jahren unabhängig wurden, waren die Anerkennung durch den Heiligen Stuhl und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zum Vatikan oft das Siegel für die internationale Normalität. Wer sich nicht darum bemühte oder, wie die kommunistische Volksrepublik China 1951, die Beziehungen abbrach, galt international bald als Sonderling, der die moralische Autorität der Päpste scheuen wollte oder musste. So folgten Ägypten bald andere islamische Staaten: Indonesien, Syrien, Persien (Iran), die Türkei, Pakistan und Jordanien (damals noch Herrscher über die heiligen Stätten der Christenheit).
    Der erste Generalsekretär der Arabischen Liga - der 1945 gegründeten Vereinigung der (zum Teil erst unabhängig werdenden) arabischen Staaten in Nordafrika und im Nahen Osten -, Abdel Rahman Azzam Pascha, fasste nach einer Audienz bei Pius XII. im Jahr 1951 zusammen: »Das Oberhaupt der katholischen Kirche wird wegen seiner universalen Mission auch von den Arabern als der hervorragendste Verteidiger jenes höchsten und wertvollsten Geistesgutes angesehen, das sowohl dem Islam als auch dem christlichen Glauben zugrunde liegt. […] Eine geistige Gemeinschaft zwischen Christentum und Islam würde
zur Bildung einer gemeinsamen Front führen, die mehr als die Hälfte der Menschheit umfasst.« (zitiert nach »Die Zeit« vom 24. 10. 1958) Gemeinsame Ziele und das einigende Bekenntnis zu einem Gott gegenüber dem wachsenden Atheismus, so im kommunistischen Machtblock, galten mehr als die Schranken der Religionen.
    Zudem schätzten muslimische Staaten die guten Vermittlerdienste der vatikanischen Diplomatie unter Pius XII., sei es im Palästinakonflikt zwischen Israel und den arabischen Nachbarstaaten, sei es im Algerienkrieg zwischen Frankreich und der Nationalen Befreiungsfront (FLN). Das dreifach - für Juden, Christen und Muslime - heilige Land im Nahen Osten mit der ebenfalls dreifach heiligen Stadt Jerusalem spielte dabei immer eine besondere Rolle. Es war den Regierungschefs und Ministern der

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